Erst Einbruch, dann Rallye – Wie sollte ein Anleger jetzt agieren?

29.04.2019

Uwe Wiesner, Portfoliomanager Hansen & Heinrich AG / Foto: © Hansen & Heinrich AG

Das 1. Quartal 2019 war eines der Besten in der langen Börsengeschichte. Es folgte dem schlechtesten Dezember seit 1931. Für den Anleger sind diese heftigen Marktbewegungen herausfordernd. Daher wollen wir untersuchen, welche Perspektiven die Märkte in den nächsten Monaten für den Anleger bieten:

Auf der positiven Seite bleibt festzuhalten: die weltweite Konjunktur hat sich stabilisiert nachdem China die heimische Wirtschaft durch geldpolitische Lockerungsmaßnahmen aktiv unterstützt und die US-Notenbank ihre verbale Kommunikation zur Zinsentwicklung abgemildert hat. Zinserhöhungen erwarten aktuell nur noch sehr wenige Marktteilnehmer. Eine weltweite Rezession ist jetzt unwahrscheinlicher geworden. Die Stimmung der Investoren hat deutlich gedreht und die Risikoneigung nimmt aktuell kontinuierlich zu.

Flankiert wird dieses wirtschaftlichen Umfeld durch überzeugende Gewinnausweise der Unternehmen für das erste Quartal. Aktienanlagen erscheinen in diesem Umfeld weitgehend alternativlos und diese Erkenntnis treibt aktuell die Kurse. Dabei sollte ein Anleger jedoch nicht übersehen, dass die Aktienbewertungen mittlerweile wieder recht teuer geworden sind. Die gilt insbesondere für die USA (Kurs-Gewinn-Verhältnis S&P 500 ca. 17, Nasdaq ca. 21), aber auch zunehmend für Europa (KGV ca. 15) und die Emerging Markets. Gleichzeitig interpretieren die Märkte das weltwirtschaftliche Szenario sehr positiv und blenden weiter vorhandene Risiken, wie die Verschuldung und zunehmende Inflationsgefahren aktuell aus.

Kommen wir nun zu den negativen Aspekten der jetzigen Marktsituation. Die seit Monaten schwelenden Handelskonflikte zwischen China und den USA spielen in den letzten Wochen für Marktteilnehmer keine Rolle bzw. es wird unterstellt, dass die Probleme zufriedenstellend gelöst werden. Gleiches Verhalten gilt für die Brexit-Verhandlungen, die politischen Unsicherheiten in Nahost (Iran/USA) oder auch für die sehr schwache Entwicklung der italienischen Wirtschaft, gepaart mit der dortigen exorbitanten Verschuldung. All diese Faktoren werden von den Marktteilnehmern aktuell ausgeblendet. Negative Überraschungen sind nicht mehr in den Kursen eskomptiert und würden starke Reaktionen hervorrufen. Gleichzeitig kann man die Stimmung als sorglos bezeichnen, ablesbar an der niedrigen Volatilität als Risikomaßstab. Hinzu kommt das nach ca. 14 Wochen steigender Kurse eine massiv überkaufte Marktsituation vorliegt, die förmlich nach einer Konsolidierung ruft.

Somit ist es für den Anleger Zeit das Risiko seiner Aktienanlagen vorübergehend zu reduzieren. Gewinnmitnahmen und die Erhöhung der Liquidität ist die richtige Strategie über den die nächsten Monate. Ein nachhaltiger Markteinbruch erscheint unwahrscheinlich, eine Konsolidierung umso wahrscheinlicher. Diese Phase von der Seitenlinie zu betrachten und auf einen neuen, besseren Einstiegszeitpunkt zu warten ist aussichtsreicher, als jetzt noch die letzten Prozente ausreizen zu wollen. Anleger, die unbedingt jetzt investieren wollen, sollten eher auf defensive Branchen wie Versorger und Gesundheit setzen. Zyklische und auch Hightech-Titel sind mittlerweile heiß gelaufen und teuer. Alternativen sind in strukturierten Produkten zu suchen, die von Seitwärtsmärkten profitieren wie zum Beispiel Diskontzertifikate und/oder Reverse-Bonuszertifikate. Gold und Goldminenaktien sind aktuell eher günstig bewertet und bieten für unliebsame politische Überraschungen einen guten Schutz. Gleiches gilt, sollten die Inflationsdaten negativ überraschen.

Kolumne von Uwe Wiesner, Portfoliomanager bei der Hansen & Heinrich AG in Berlin