„Ein Provisionsdeckel bringt nur Verlierer“

05.07.2018

Martin Gräfer, Vorstand Versicherungsgruppe die Bayerische / Foto: © Versicherungsgruppe die Bayerische

Ein Provisionsdeckel führt in die falsche Richtung. Er hilft weder Verbrauchern noch Versicherungsvermittlern - aber auch nicht den Versicherungsunternehmen. Eine politische Regulierung ist schlicht nicht notwendig, der Vorschlag führt zu einem unnötigen weiteren staatlichen Eingriff in die private Wirtschaft und in die verfassungsrechtlich garantierte Gewerbefreiheit. Und das ohne Not.

Es geht auch anders: Die Bayerische etwa bietet seit Umsetzung des LVRG für Vermittler verschiedene Vergütungsmodelle an. Je nach Antrag kann sich der Berater neu entscheiden und hat damit konkreten Einfluss auf Höhe und Zufluss seiner Vergütung. Für den Kunden sind diese Modelle neutral. Im Ergebnis führt das in der Produktgruppe Altersvorsorge zu einem Rückgang der Belastung durch Abschlussprovisionen in Höhe von rund 20 Prozent.

Eine qualifizierte Beratung hat einen wesentlichen Wert und kostet daher auch Geld.  Provisionen sind dabei eine wichtige Einnahmequelle für Versicherungsvermittler. Das wird von den Verbrauchern auch anerkannt, wie Studien zeigen. Allein in den letzten drei Jahren wurde die Höhe des Provisionswertes durch Reduktion der möglichen Zillmerung und der Verlängerung von Provisionshaftzeiten erheblich vermindert. In unserem Hause beispielsweise betrug die Reduktion bei Abschlussprovisionen für Altersvorsorgeprodukte rund 20 Prozent. Gleichzeitig aber ist der Aufwand für qualifizierte Beratung deutlich gestiegen.

Private Rentenversicherungen sind attraktiv, denn der Wert dieser Art von Vorsorge besteht eben nicht nur in der Rendite während der Ansparphase, sondern auch und gerade durch die damit verbundene, lebenslange Rente. Allerdings ist die Vermittlung dieser Produkte äußerst beratungsintensiv. Wird nun der zwischen Versicherer und Kunden freiwillig vereinbarte Preis von staatlicher Seite nach unten reguliert, führt das zwangsläufig zur einer Verschlechterung der Beratungsqualität. Das schadet den Verbrauchern.

Die Behauptung läuft ins Leere, eine mögliche Fehlsteuerung durch angeblich zu hohe Abschlussprovisionen sei zu vermeiden. Aber vielleicht behindert mich bei der Bewertung dieser Frage, dass ich seit nun 33 Jahren in der Branche den von außen immer wieder behaupteten Widerspruch ‚Provisionsorientierung vor Kundeninteresse‘ tatsächlich nie persönlich erlebt habe. Das klingt vielleicht für manche erstaunlich, ist aber so. Die überragende Mehrheit der Marktteilnehmer - und damit meine ich Versicherer wie auch Versicherungsvermittler - geht sehr verantwortungsbewusst mit ihrem Auftrag und Ihrem Beruf um.

Was die Höhe der Provisionen betrifft: Umgelegt auf den Aufwand ist die Vergütung der Versicherungsvermittler niedriger als die Vergütung anderer beratender Berufe. Nach Untersuchungen verdienen viele Versicherungsvermittler weniger als 50.000 Euro im Jahr -wobei sie überdies über lange Zeiträume für die einmal ausgezahlte Vergütung haften. Zum Vergleich: Steuerberater und Rechtsanwälte verdienen im Schnitt fast 80.000 Euro.

Und abschließend: Ein gesetzlicher Provisionsdeckel, der alle Sparten der Lebensversicherung trifft - also neben den Produkten der Altersvorsorge auch die biometrischen Produkte - wird dazu führen, dass sich die Anzahl der qualifizierten Berater weiter reduzieren wird und breite Bevölkerungsschichten so keinen Zugang zu einer Vorsorgeberatung erhalten. Und ob es vorteilhaft ist, Produkte online und ohne Beratung selbst einzukaufen können, wage ich zu bezweifeln.

Stattdessen wird wohl das Angebot alternativer Anlagen zur Altersvorsorge zunehmen, die bisher über keine Beschränkung der Vergütung reguliert werden oder bei denen auch die Beratung insgesamt im Prinzip nicht reguliert ist. Und dieser Punkt macht mir dann eher Sorge. Denn beispielsweise Goldsparpläne oder Immobilien für jedermann (mit überaus attraktiven Provisionen für den Vermittler) sind für die Mehrheit der Bundesbürger keine echten Alternativen.

Letztlich ist es eine Scheindebatte: Schon heute hat der Verbraucher die Wahl zwischen Provisionstarifen und Honorartarifen. Wir sollten es den Kunden überlassen, selbst zu entscheiden.

Stellungnahme von Martin Gräfer, Vorstand Versicherungsgruppe die Bayerische