Eigenkapital für Bankfinanzierung durch Wertpapieremission sicherstellen

24.01.2022

Prof. Dr. Patrick Peters, Experte für Kommunikation und Wirtschaftsethik, ist neues Mitglied im Beirat von StiftungsMentor / Foto: © StructuredStrategy

Die Verschärfung der Eigenkapital- und Liquiditätsregeln führt zu einer stärkeren Zurückhaltung der Kreditinstitute bei der Kreditvergabe. Das betrifft vor allem die Finanzierung junger und technologiegetriebener Unternehmen. Durch die digitale Wertpapieremission und die anschließende Vermarktung über die Crowd können Unternehmen das für eine Bankfinanzierung notwendige Eigenkapital sicherstellen.

Trotz der Niedrigzinsphase ist es für Unternehmen nicht leicht, im Wege der klassischen Bankfinanzierung Kapital für Wachstumsprozesse, Akquisitionen etc. zu erhalten. Das hat vor allem mit der fortschreitenden Bankenregulierung zu tun, die unter dem Stichwort „Basel“ bekannt geworden ist. So verpflichtet das Regelwerk „Basel II“ Finanzinstitute beispielsweise zu einer differenzierten Unterteilung der Unternehmen hinsichtlich des Risikos eines Zahlungsausfalles. Die Eigenkapitalanforderungen, die zwischen 1,6 % und 12 % liegen, und die Zinsgestaltung werden durch ein Rating bestimmt.

Das macht es für den Mittelstand, aber vor allem für junge und technologiegetriebene Unternehmen schwieriger, das notwendige Kapital für ihr Geschäftsmodell zu erhalten. Und die Zukunft verheißt nicht unbedingt Besserung. Zwar wird die Einführung von „Basel III“ auf das Jahr 2025 verschoben, und es stehen im Vergleich zu den ursprünglichen Plänen Erleichterungen im Raum. Nichtsdestotrotz werden die Regeln für Banken bei der Eigenkapitalbasis und die Liquiditätsvorschriften damit nochmals verschärft. Dies kann zu einer stärkeren Zurückhaltung der Kreditinstitute bei der Kreditvergabe führen. Eine weitere Verschlechterung der Kreditkonditionen für Unternehmen und Start-ups ist deswegen nicht auszuschließen.

Start-ups müssen sich die Bank zum Freund machen

„Ziel ist es, das Bankensystem mit Basel III zu stabilisieren. Voraussichtlich werden Unternehmer von zahlreichen Auswirkungen, die Basel III mit sich bringt, betroffen. Die neuen Eigenkapitalforderungen führen bei den Banken zur Einschränkung der Risikopolitik. Das hat zur Folge, dass Unternehmer mit einer nicht so guten Bonität nur teurere Kredite erhalten oder gar keine Kredite mehr ausgereicht bekommen“, heißt es bei der Industrie- und Handelskammer Krefeld.

Das betrifft mittelständischer Unternehmen erheblich. An sie werden größere Anforderungen bei Bonität und Eigenkapitalausstattung gestellt werden. Gerade für Start-ups ist das oftmals schwierig, sodass junge und kapitalschwache Unternehmen gefragt sind, sich mit Alternativen zu befassen, um die Bank zum Freund zu machen und notwendige Finanzierungen zu sichern.

Digitale Wertpapieremission bringt Eigenkapital

Eine Möglichkeit ist die digitale (tokenisierte) Wertpapieremission. Bei der Tokenisierung handelt es sich um die digitalisierte Abbildung eines (Vermögens-)Wertes inklusive der in diesem Wert enthaltenen Rechte und Pflichten sowie dessen hierdurch ermöglichte Übertragbarkeit, schreibt die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) können Anleihen auf Basis digitaler Wertpapiere bis zu einem Emissionsvolumen von 8 Mio. Euro pro Jahr mit einer beschränkten Prospektpflicht emittieren. Der Emittent muss hierfür lediglich ein Wertpapierinformationsblatt (WIB) veröffentlichen, was den zeitlichen und finanziellen Aufwand erheblich reduziert.

Durch die digitale Wertpapieremission und die anschließende Vermarktung über die Crowd können Unternehmen und Start-ups das für eine Bankfinanzierung notwendige Eigenkapital sicherstellen. Damit wird eine hybride Finanzierung zu interessanten Konditionen möglich, und je nach Umfang der Wertpapieremission kann die Bankfinanzierung dadurch sogar kleiner ausfallen als ursprünglich geplant.

Tokenisierte Assets sehr interessant für den breiten Markt

Dass die Möglichkeiten für Unternehmen, ob Start-Up oder KMU, vorhanden sind, Wertpapieremissionen umfassend zu platzieren zeigen die aktuellen Zahlen. Im Jahr 2020 wurden mehr als 400 Mio. Euro über Crowdinvesting-Plattformen von Investoren und Investorinnen aus Deutschland investiert. Erste Schätzungen der Quartalszahlungen für 2021 zeigen, dass in diesem Jahr diese Summe deutlich übertroffen wird. Allein das erste Quartal des Jahres 2021 sah ein Finanzierungsvolumen von mehr als 100 Mio. Euro. Das meldet der Bundesverband Crowdfunding eV.

Der Vorteil: Anleger erhalten über die Tokenisierung die Möglichkeit, sich an einem unternehmerischen Projekt zu beteiligen, das sie interessiert, aber zu dem sie sonst nie einen Zugang erhalten hätten. Das macht tokenisierte Assets sehr interessant für den breiten Markt. Durch die Tokenisierung ist die Teilhabe je nach Angebot schon mit wenigen 100 oder 1000 Euro möglich. Das bedeutet, dass Anleger sehr gut sehr breit streuen können – leichter kann Diversifikation kaum funktionieren. Das wiederum führt dazu, dass interessante Start-ups und Unternehmen sich über diesen Weg leichter finanzieren können, um das Eigenkapital für die Banken zur Verfügung zu stellen.

Vorteile für Finanzberater

Davon können Finanzberater profitieren, die ihre Unternehmenskunden bei Finanzierungs- und Wachstumsfragen beraten. Durch die Möglichkeit der digitalen Wertpapieremission lösen sie die Anforderung der Eigenkapitalausstattung und erleichtern die Fremdkapitalbeschaffung. Das stärkt nicht nur die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens, sondern auch die Position des Beraters als „trusted advisor“. Sofern die Marketingunterlagen und Business-Kalkulationen vorhanden sind, bedarf es von der Entscheidung, eine Emission zu begeben, bis hin zum Emissionsstart etwa sechs bis acht Wochen. Die BaFin-Prüfung umfasst dabei ca. vier Wochen.“

Gastbeitrag von Prof. Dr. Patrick Peters, Kommunikationsexperte, Unternehmensberater und Gesellschafter-Geschäftsführer der StructuredStrategy GmbH