Edelmetalle: Unterschätzte Anlageklasse?

12.06.2016

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Gold erwirtschaftet keine Zinsen, es bezahlt keine Dividenden und eine Wertsteigerung ist nicht garantiert. Gold kann an Wert verlieren – zumindest kurzfristig. Gold hat nur einen Wert, da andere Marktteilnehmer bereit sind, einen bestimmten Geldbetrag pro Unze zu bezahlen – manchmal mehr, manchmal weniger.

Der Goldpreis hat sich seit 2002 fast verfünffacht und trotzdem kämpft das gelbe Metall immer noch um die Anerkennung als ernstzunehmendes Asset. Dessen ungeachtet sollten Gold und andere Edelmetalle als Investition und Absicherung integraler Bestandteil eines gut diversifizierten Portfolios sein. Warren Buffett, dem gelben Metall eher abgeneigt, hat Gold mit folgenden Worten beschrieben: „Gold wird aus dem Boden heraus gegraben, in Afrika oder sonst wo in der Welt. Danach wird es eingeschmolzen und jemand gräbt einen weiteren Stollen und da wird es eingelagert. Es werden Leute bezahlt, die den Stollen rund um die Uhr bewachen. Gold hat keinen Nutzen. Ein Marsmännchen würde sich ob diesem Gehabe am Kopf kratzen.“ Dem ist wenig beizufügen, objektiv betrachtet hat Buffett Recht. Und trotzdem wird Gold seit über 6.000 Jahren als Anlagewert genutzt, um Vermögen zu erwirtschaften und zu erhalten. Warum?

Liquiditätsbeschaffer in der Not

In seinen Funktionen als Vermögenswert und als einzig wirklich unabhängige Währung ist das Metall überaus krisenresistent. Allerdings anders, wie dies in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird. Auf dem Gipfelpunkt der Finanzkrise 2008 stieg der Goldpreis nicht auf neue Höchststände. Im Gegenteil, er sank binnen eines Monats um satte 200 US-Dollar. In dieser Preiskorrektur offenbart sich die eigentliche Stärke von Gold in Extremsituationen. In einem Umfeld, in dem der reguläre Markt zusammenbricht und nur eingeschränkt funktioniert, ist es während 24 Std. am Tag und über 7 Tage die Woche liquidierbar. Der Goldpreis kann sich nach Stresssituationen innerhalb kürzester Zeit wieder erholen. Bis zum Jahresende 2008 legte er innerhalb von 6 ½ Wochen wieder um 24 % zu und konnte die Verluste recht schnell mehr als ausgleichen. Und hier zeigt sich die besondere Eigenschaft von Gold. Es ist eine Versicherung gegenüber allem, was wir noch nicht wissen. Es ist ein Liquiditätspuffer, der es dem Anleger erleichtert, für das Unerwartete gewappnet zu sein. Wer Gold primär in der Erwartung einer Rendite kauft, sollte indes die Finger davon lassen.

Edelmetalle werden bedeutsamer

Die Finanzkrise ist bei weitem noch nicht ausgestanden und Gold sowie die anderen Edelmetalle werden in einem verstärkten Ausmaß in den kommenden Jahren eine wesentlich wichtigere Rolle spielen, als dies in der jüngeren Vergangenheit noch der Fall war. Im Vergleich zu allen anderen Anlageklassen spielt Gold eine nach wie vor untergeordnete Rolle in unserem heutigen Weltfinanzsystem. Höchst besorgniserregend ist hingegen das Ausmaß der weltweiten Schuldenspirale, das in den letzten Jahren an Dynamik zugenommen hat. Die Geldmenge stieg seit 1971 um satte 7,2 % pro Jahr. Alarmierend ist die weitgehende Gleichgültigkeit gegenüber dieser Entwicklung. Gemäß den Berechnungen des renommierten kanadischen Ökonomen David Rosenberg liegt die Summe aller weltweit bestehenden Verpflichtungen bei 200 TRILLIONEN US-Dollar. Diese gigantische Zahl allein entzieht sich aller Vorstellungskraft. Dabei haben Schulden unangenehme Charakterzüge, die niemals vergessen werden dürfen. Der Kreditempfänger verpflichtet sich zu einer regelmäßigen Zinszahlung und der Anstand sowie die Vertragsverbindlichkeiten sehen generell eine Rückzahlung des geliehenen Betrages vor. Die Einhaltung dieser Verpflichtungen muss jedoch aufgrund des derzeitigen wie auch zukünftigen finanziellen und wirtschaftlichen Umfeldes mit großen Fragezeichen verbunden werden. Werden die Menschen, Unternehmen und der Staat in Zukunft in der Lage sein, ihre Verpflichtungen gegenüber den Geldgebern zu erfüllen?

Bewahrt Währung wirklich?

Schulden schränken zukünftige Entwicklungsmöglichkeiten ein und sind im Grunde genommen eine Wette in die Zukunft. Dazu ist es vonnöten, dass wir diese grundsätzlich besser bewerten als die Gegenwart. Gerade diese Erwartungshaltung an die Zukunft lässt sich anhand des Goldpreises gut ablesen. Ein hoher Goldpreis ist dabei weniger das Ergebnis spekulativer Käufe profitgetriebener Anleger, sondern mehr ein Ausdruck zunehmender geopolitischer Fehlentwicklungen und einer pessimistischen Zukunftserwartung. Es zeichnen sich daher einschneidende Konsequenzen für private und öffentliche Haushalte aus jahrelang fehlgeleitetem Handeln ab. Unsere heutigen Währungen haben ihr Verfallsdatum bereits überschritten. Der Begriff „Währung“ leitet sich aus dem Wort „bewahren“ ab. Und was soll hier bewahrt werden? Die Kaufkraft! Gold wird für sich in diesem Umfeld eine neue Rolle definieren müssen, und es ist zu vermuten, dass die Schwäche der Anderen es weiter stärken wird.