„Die Märkte bleiben zerrissen“

18.02.2016

Die OECD hat heute die Sorgen vor einem weltweiten Abschwung noch einmal bekräftigt. Seit November hat sich laut Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung die Stimmung noch einmal deutlich eingetrübt.

Schon wieder müssen die Konjunkturexperten ihre Prognose für das Weltwirtschaftswachstum 2016 von 3,3 auf 3 Prozent nach unten korrigieren - und laufen der Entwicklung im Prinzip nur hinterher. Kein Wunder, dass sich auch die Finanzmärkte zerrissen zeigen. Die Lage ist durchaus schwer zu interpretieren.

Beispiel USA: Die Stimmung in der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt ist zwiegespalten – die Arbeitsmarktdaten überzeugen, das Konsumklima zieht an. Dennoch sind Produktion, Auftragseingänge und auch das Klima im verarbeitenden Gewerbe sehr gedämpft. Dass dafür ausschließlich der niedrige Ölpreis verantwortlich sein soll, scheint fraglich.

Ähnlich Unplausibles zeigt sich in China: Die westlichen Ökonomen gehen aufgrund der aktuellen Datenlage von einem Wachstum von rund 6,5 Prozent aus, was ungefähr auch den Vorgaben der chinesischen Zentralregierung entspricht. Doch das kann bezweifelt werden, denn die offiziellen chinesischen Wirtschaftsstatistiken gelten in der Regel als nicht ganz „stimmig“. Betrachtet man stattdessen die sogenannten „verlässlichen“ Zeitreihen zum Schienenfrachtverkehr, zur Stromversorgung und zur Kreditentwicklung und vergleicht diese mit der Entwicklung des chinesischen Bruttoinlandsprodukts, kommt man schnell zu einem anderen Schluss: Statt der prognostizierten 6,5 Prozent sind dann allenfalls 3 Prozent Wachstum realistisch – ein Paukenschlag für die Entwicklung der globalen Weltkonjunktur und damit auch für alle Finanzplätze dieser Welt. Eine Faustregel besagt, dass ein Wachstumsrückgang von 1 Prozent in China das deutsche um 0,2 Prozent drückt.

Kontrovers auch die Diskussion über die Auswirkungen eines fallenden Ölpreises. Er soll eine bevorstehende Weltrezession andeuten. Es ist keine fünf Jahre her, da wurden fallende Rohstoffpreise für die westliche Welt noch genau anders herum interpretiert. Uns würde es auch nicht wundern, wenn bei einem anziehenden Ölpreis die Rezessionsbefürchtungen trotzdem wieder aufkommen.

Aufgrund dieser unklaren Gesamtsituation gehen wir davon aus, dass die Aktienmarktturbulenzen noch nicht ausgestanden sind. Dass die aktuelle Erholung schon als nachhaltige Trendwende interpretiert werden kann, erscheint uns unwahrscheinlich. Realistischer ist unseres Erachtens derzeit eine Seitwärtsbewegung mit anhaltender Volatilität.

_Autor: Dr. Otmar Lang, Chefvolkswirt der TARGOBANK

_