Die Krise geht, die Notenpresse läuft weiter

14.07.2020

Gottfried Urban, Urban & Kollegen Vermögensmanagement, Altötting / Foto: © Urban & Kollegen Vermögensmanagement

Gewöhnungsbedürftig sind die seit März nahezu unbegrenzten Kreditzusagen, Garantien und nicht rückzahlbaren Zuschüsse, die für eine drastische Ausweitung der Staatsverschuldung sorgen. Der Welt wird versichert: Sollte es nicht ausreichen, sind weitere Geldzusagen kein Problem.

Warum können die Staaten so locker mit der Neuverschuldung umgehen? Weil das Zusammenspiel von Notenbanken und Politik gerade bestens funktioniert. Die neuen Schulden müssen in frühestens zehn Jahren zurückgezahlt oder verlängert werden. Und während der Laufzeit fallen keine Zinsen an, die den Staatshaushalt belasten. Idealbedingungen für ein Leben auf Pump!

Gemeinsam mit den Notenbanken wollen die Nullzinsländer in Europa, Japan und die USA 15 bis 30 Prozent des Bruttoinlandsproduktes in ihre jeweiligen Volkswirtschaften pumpen. In Ländern mit höheren Zinsen ist man zurückhaltender. In Russland, Indien und China liegt der Leitzins um vier Prozent. Diese Länder haben bisher weit weniger umfangreiche Maßnahmen zur Krisenbewältigung verabschiedet.

Vor mehr als zehn Jahren veröffentlichte ein ehemaliger Chefvolkswirt der Weltbank eine Studie über die Wirkung von Staatsschulden. Übersteige die Staatsverschuldung 90 Prozent der Wirtschaftsleistung, stelle sich eine wachstumsdämpfende Wirkung ein. Der Grund liege in den steigenden Zinszahlungen, die den Spielraum des Staates für eine stimulierende Fiskal- und Wirtschaftspolitik schmälerten.

Tilgung rückt in weite Ferne

Soweit die Theorie. Doch in Ländern ohne Zinslast greift diese nicht mehr. Die Rückzahlung der Krisenschulden werden ohnehin nicht mehr die jetzigen Entscheidungsträger organisieren müssen. Bisher und auch in Zukunft werden alte Schulden mit neuen Krediten verlängert. Der Dank der Staaten muss den Notenbanken gelten. So sicherte die EZB-Chefin die Schuldenaufnahme zum Nullzins mit den Worten ab: „Die EZB wird alles tun, um die Auswirkungen der Pandemie meistern zu können. Es gibt für unseren Einsatz keine Grenzen.“ Solche Äußerungen verfehlen die Wirkung an den Kapitalmärkten nicht. Es reicht der Blick zurück: Im Sommer 2012 formulierte der damalige EZB-Chef Mario Draghi den legendären Satz: „Wir werden alles tun, um den Euro zu retten“. Der DAX legte in den drei Folgejahren fast 100 Prozent zu.

Es ist durchaus möglich, dass sich Geschichte wiederholt: Die Krise geht, der Geldüberhang wird bleiben und zu steigenden Preisen bei den Vermögenswerten und/oder bei den Konsumgütern führen.

Kolumne von Gottfried Urban, Urban & Kollegen Vermögensmanagement, Altötting

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