"Die Finanzbranche nimmt die Cloud an"

27.07.2020

Andreas Wodtke, IBM Vice President Banking & Financial Markets DACH (li.). und Frank Theisen, IBM Vice President Cloud & Cognitive DACH (re.) / Fotos: © IBM

Am Himmel kann man gerne auf Wolken verzichten, im digitalen Bereich ist die Datenwolke aber vielleicht bald nicht mehr wegzudenken. Dieser Meinung sind Frank Theisen, und Andreas Wodkte. Im Interview mit finanzwelt sprachen der IBM Vice President Cloud Cognitive DACH und der IBM Vice President Banking & Financial Markets DACH über die Vorteile der Cloud für Finanzdienstleister, warum Corona die Digitalisierung beschleunigt und wie sich die Finanzbranche von anderen Wirtschaftszweigen im Bezug auf die Digitalisierung unterscheidet.

Viele Finanzdienstleister tun sich schwer mit der Herausforderung, ihre bestehenden Geschäftsmodelle in digitale Lösungen zu transferieren. Warum nehmen die Unternehmen diese Mühen auf sich?

Frank Theisen: Zunächst möchte ich dem Eindruck entgegentreten, dass sich die Finanzbranche schwer tut mit Cloud-Lösungen – im Gegenteil: Wie von uns erst kürzlich veröffentlicht wurde, haben sich  zahlreiche international agierende Banken - darunter BNP Paribas und Bank of America - entschieden, die IBM Cloud for Financial Services zu nutzen. Dazu zählt nicht allein der Einsatz der Cloud-Infrastruktur, sondern auch die Zusammenarbeit bei der laufenden Weiterentwicklung des IBM Cloud Policy Framework für Finanzdienstleistungen in einem Financial Services Cloud Advisory Council. Das zeigt ganz klar, dass selbst weltweit agierende Finanzunternehmen die Cloud als unverzichtbaren Teil ihrer IT-Infrastruktur sehen.

Was sind die wichtigsten Treiber für Finanzinstitute, Teile ihres Datenschatzes oder sogar ganze Geschäftsprozesse in die Cloud zu verlagern?

Andreas Wodtke: Meiner Erfahrung nach unterscheidet sich die Motivation, auf Cloud-Lösungen umzusteigen, von Unternehmen zu Unternehmen. Das eine Unternehmen hat möglicherweise bereits Erfahrungen gesammelt, das andere steht noch ganz am Anfang. Einige beschäftigen sich mit ihren Plänen bereits seit Jahren, andere haben sich erst kürzlich für einen Weg entschieden. Und dann gibt es natürlich auch ganz individuelle Ziele. Kürzlich haben wir von IBM beispielsweise Eri Bancaire bei der Transformation unterstützt. Hier lag das Augenmerk darauf, das OLYMPIC Banking System als Software-as-a-Service-Lösung weiterzuentwickeln und dabei mit Hilfe der Cloud Flexibilität, Workload-Management und Kostenvorteile zu erschließen. Ein anderes Beispiel ist der IT-Dienstleister der Sparkassen-Finanzgruppe, die Finanzinformatik (FI). Deren System OSPlus muss einerseits digitale Strukturen für die Abbildung bestehender Geschäftsmodelle zur Verfügung stellen. Andererseits sind wir in der Sparkassenwelt – es gilt also, digitale Kanäle mit dem Service einer klassischen Filiale zu verbinden, dabei die Produktionsarchitektur weiterzuentwickeln und auf zukünftige Anforderungen ausrichten. Eine wichtige Rolle spielt hier der Einsatz von Data-/AI-Komponenten, Cloud-Technologien und Red Hat/Open Shift. Neben diesen individuellen Anforderungen gibt es auch einige allgemeine Wünsche: Die gewählte Lösung soll plattformunabhängig und zukunftssicher sein.

Wie Corona die Digitalisierung der Finanzbranche beschleunigt und in weit sich diese von anderen Wirtschaftszweigen unterscheidet, lesen Sie auf Seite 2