Die Fed als Getriebene

17.06.2019

Stefan Kreuzkamp, Chief Investment Officer der Deutschen Asset Management / Foto: © Deutsche Asset Management

Die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) wird die Zinsen unseres Erachtens am Mittwoch unverändert lassen. Sie könnte allerdings den Weg für eine baldige Zinssenkung ebnen. Die Gründe hierfür würden weniger im aktuellen wirtschaftlichen Umfeld liegen, als vielmehr im äußeren und inneren Druck, der auf die Fed wirkt.

Schaut man auf das duale Mandat der Fed, nämlich Vollbeschäftigung und Preisstabilität sicherzustellen, geht zumindest vom ersten Ziel derzeit kein Handlungsbedarf aus. Die Arbeitslosenquote liegt mit 3,6 Prozent auf Rekordtief. Die Firmen haben nach wie vor Probleme, offene Stellen zu besetzen. Und auch von den vorlaufenden Zeitarbeitsstellen wurden jüngst wieder mehr geschaffen. Die Einkaufsmanagerindizes fielen zuletzt zwar schwächer aus, doch blieb auch hier die jeweilige Beschäftigungskomponente im expansiven Bereich.

Bei der Preisstabilität gibt es eine Diskrepanz zwischen aktuellen Zahlen und Erwartungen. Zwar tendierten die US-Inflationszahlen dieses Jahr etwas schwächer, doch pendelt die Kerninflationsrate bereits seit rund drei Jahren zwischen 1,7 und 2,3 Prozent. Allerdings sind die Inflationserwartungen innerhalb der vergangenen zwei Monate um fast einen halben Prozentpunkt zurückgegangen. Sie hängen meist eng an der Entwicklung des Ölpreises, der in dieser Zeit um rund ein Fünftel nachgegeben hat. Für die Fed gewinnt die Ölpreisentwicklung erst an Bedeutung, wenn sie sich in Zweitrunden-Preiseffekten niederschlägt.

Ein anderer Zweitrundeneffekt könnte für die Fed wichtiger sein: Die Reaktion der Anleihemärkte. Diese haben in den vergangenen Wochen klare Signale gesendet, am deutlichsten beim Handel von Terminkontrakten auf kurzfristige US-Zinsen. Sie preisen mittlerweile bis Jahresende zwischen zwei und drei Zinssenkungen ein.

Genau hier könnte das größte Druckpotenzial für die Fed liegen. Sie hat in den vergangenen Wochen wenig getan, diesen Markterwartungen zu widersprechen. Im Gegenteil, einige Kommentare ihrer Mitglieder haben diese Erwartungen sogar angeheizt. Damit ist das Enttäuschungspotenzial groß, sollte die Fed in dieser oder der nächsten Sitzung kein Senkungspotenzial signalisieren. Dies würde sich wahrscheinlich kurzfristig an den Aktien- und Anleihemärkten bemerkbar machen. Und über diese Kanäle würden sich wiederum die Finanzierungskonditionen der Unternehmen verschlechtern, ein auch für die Fed wichtiger Indikator.

Damit hat sich die Fed vom Markttreiber zum Marktgetriebenen gewandelt. Erschwerend kommen derzeit die expliziten Fed-Kritiken des US-Präsidenten hinzu. Egal, ob die Währungshüter dem Drängen Trumps nach niedrigeren Zinsen folgen oder nicht, ihr Handeln wird nicht frei vom Verdacht sein, politisch motiviert zu sein.

Die Fed muss sich damit in den kommenden zwei Tagen weniger mit ökonomischen als mit politischen und markttechnischen Überlegungen befassen. Wir denken, sie wird dem Druck zumindest durch eine Umformulierung Tribut zollen: Statt wie bisher "geduldig bleiben" zu wollen, könnte sie nun ankündigen, "angemessen zu reagieren". Viel mehr erwarten die Märkte vorerst auch nicht. Höchstens, dass die EZB dies vielleicht noch auf ihrer Tagung in Sintra mit ähnlich akkommodierenden Worten flankiert.

Kolumne von Stefan Kreuzkmap, CIO von DWS