„Deutschlands Premium-Bank 2010“

07.02.2013

Die Beratungsqualität vieler Finanzinstitute lässt zu wünschen übrig. Aktuelle Umfragen belegen diese These zum wiederholten Male. Finanzwelt wollte es genauer wissen und spach mit Marcus Schad vom Sozialwissenschaftlichen Institut Schad GmbH & Co. KG, Geschäftsbereich S.W.I. FINANCE, aus Hamburg.

finanzwelt: Herr Schad, im Auftrag des Handelsblatts haben Sie die Beratungsqualität von sechs überregionalen Filialbanken überprüft. Wie lautet Ihr Fazit?

Marcus Schad: Wir haben über einen Zeitraum von sechs Monaten die Beratungsqualität in den Bereichen Altersvorsorge, Baufinanzierung, Geldanlage und Ratenkredit analysiert. Hierbei wurden qualitative Beratungsunterschiede sowohl zwischen den Instituten als auch zwischen den Produkten festgestellt.

Generell ist festzustellen, dass die individuelle Situation der Kunden häufig schlecht analysiert wird. Wo die Bedürfnisanalyse unvollständig ist, kann auch das Produktangebot nicht optimal sein. Besonders fiel das im Bereich Geldanlage auf. Zudem war bei jeder zweiten Beratung mangelnde Transparenz und Verständlichkeit hinsichtlich anfallender Nebenkosten festzustellen. Kurzum: Das durch die Bankenkrise verlorengegangene Vertrauen kann so nicht wieder gewonnen werden. Wir vermissen die Wertschätzung gegenüber dem Kunden. Eine Imageverbesserung kann nur durch entsprechendes Handeln geschehen. Gemäß dem Grundsatz: an den Taten sollt ihr sie messen.

finanzwelt: Die HypoVereinsbank konnte den ersten Platz erzielen. Was zeichnet dieses Institut im besonderen Maße gegenüber den Wettbewerbern aus?

Marcus Schad: Die Berater nahmen sich Zeit für eine individuelle Beratung. Das Institut bot über die vier analysierten Themengebiete hinweg die insgesamt beste Lösungskompetenz. Die Bedürfnisse wurden gut analysiert. Beratungsprotokolle wurden sicher eingesetzt und verständlich erklärt. In keinem der Beratungsgespräche haben die Berater Falschaussagen getätigt.

finanzwelt: Es fällt auf, dass der Abstand zwischen dem Bestplatzierten und dem Sechsten deutlich ist. Ist die Beratungsleistung teilweise so unbefriedigend oder wie erklären Sie sich diese signifikanten Unterscheide in der Leistungsbetrachtung?

Marcus Schad: Ja, die Beratungsleistung war teilweise schlecht. Besonders bei der Analyse der Kundensituation waren große Leistungsunterschiede festzustellen. Der häufig von den Banken genannte Vorteil - der individuellen Filialberatung - war nicht einheitlich zu erkennen. Um nur einige Beispiele zu nennen: Finanzielle Rahmendaten des Kunden wie Ausgaben, bestehende Verpflichtungen oder verfügbare Anlagen wurden bei Finanzierungsgesprächen teilweise nicht analysiert. Auch die Risikobereitschaft der Kunden wurde nicht detailliert abgefragt. Dies sind alles relevante Aspekte, die eine seriöse und kompetente Beratung ausmachen.

finanzwelt: Werden Beratungsgespräche protokolliert oder umgehen viele diese Vorschrift?

Marcus Schad: Bei unserer Analyse haben wir festgestellt, dass nicht einmal jeder zweite Kundenberater dem Kunden den Zweck eines Beratungsprotokolls verständlich darlegen kann. Ein Schelm wer Böses dabei denkt. Knapp zwei Drittel der zu protokollierenden Gespräche wurden entsprechend dokumentiert. Diese Quote ist im Sinne des Verbrauchers eindeutig zu niedrig.

finanzwelt: In welchen Bereichen besteht nach Ihrer Analyse unbedingter Handlungsbedarf für die Institute und was ist positiv hervorzuheben?

Marcus Schad: Drei Handlungsfelder haben wir festgestellt: Glaubwürdige Kommunikation, Bedürfnisanalyse und fachliche Inhalte. Die Kommunikation von eventuellen Kosten ist transparent zu gestalten. Zudem ist eine individuelle Analyse der Kundensituation vorzunehmen. Beratungsprotokolle sind im Sinne des Verbrauchers einzusetzen. Der Umgang mit den genannten Aspekten ist eine Ausprägung der jeweiligen Unternehmens-kultur. Die Unternehmen tun gut daran sich von dem allgemeingültigen Branchenimage abzugrenzen.

Fachlich haben wir Defizite in den Bereichen Altersvorsorge und Kredit festgestellt. So wurden beispielsweise monatliche Sparraten bei der Riesterförderung falsch berechnet und die veränderten Rückzahlungsmöglichkeiten aufgrund der EU-Verbraucherkreditlinie fehlerhaft beauskunftet. Positiv hervorzuheben ist, dass im Vergleich zu unseren Studien aus den Vorjahren grundsätzlich eine positive Entwicklung hinsichtlich der Beratungsqualität festzustellen ist. Die Veränderungen erfolgen jedoch langsam. Die Realität zeigt, dass der Unterschied zwischen Schein und Sein noch immer groß ist. Immerhin schloss jeder zweite Testkunde nach dem Beratungsgespräch definitiv aus, Kunde bei dem jeweiligen Institut zu werden.