Deutsche Investoren weniger risikobereit

19.10.2016

©Tomasz Zajda fotolia..com Großanleger riskieren in Deutschland weniger als in anderen europäischen Ländern

In Deutschland setzten Großanleger mehr auf Sicherheit als in anderen europäischen Ländern. Gleichzeitig ist der Blick in die Zukunft wenig optimistisch.

Die Risikomanagementstudie von Union Investment ergab, dass institutionelle Anleger in Deutschland im europäischen Vergleich am meisten daran interessiert sind, Verlustrisiken zu vermeiden. So gaben 82 Prozent der deutschen Befragten an, bei der Kapitalanlage vor allem auf deren Sicherheit zu achten. Am zweithöchsten war die Verlustaversion in der Schweiz mit 75 Prozent, gefolgt von Skandinavien (Dänemark, Norwegen, Schweden und Finnland), wo 69 Prozent der Anleger vor allem auf die Sicherheit der Kapitalanlage achten. In Westeuropa ist dieser Aspekt dagegen deutlich weniger wichtig: so gaben in den Niederlanden 62 Prozent und in Großbritannien 61 Prozent der Befragten an, dass Sicherheit ein für sie entscheidendes Kriterium bei der Kapitalanlage ist.

Im Vergleich zum Vorjahr ist die Risikovermeidung bei den deutschen Anleger allerdings um sieben Prozentpunkte zurückgegangen. Alexander Schindler, Vorstand für das institutionelle Kundengeschäft bei der Union Investment, hat dafür folgende Erklärung: „Viele institutionelle Anleger in Deutschland überdenken offenbar ihre Kapitalanlage und passen sie stärker an die Investmentrealität an. Aufgrund des Ertragsdilemmas steigen zahlreiche Investoren die Risikoleiter weiter hoch.“ Er warnt allerdings auch davor, dies zu kopflos zu tun: „Um Enttäuschungen zu vermeiden, sollte diese Entwicklung von einer Professionalisierung des Risikomanagements begleitet werden,“ so Schindler weiter.

Dass die Rendite für institutionelle Anleger in Deutschland ein immer wichtiger Faktor wird, zeigt sich auch daran, dass dieses Jahr 41 Prozent der Befragten das Ziel angaben, eine gewisse Mindestrendite nicht zu unterschreiten. Dies ist eine Steigerung von vier Prozentpunkten im Vergleich zum Vorjahr, jedoch noch etwas entfernt vom europäischen Durchschnitt von 47 Prozent. Auch bei dieser Frage spiegelt sich die größere Risikofreude der Investoren am westlichen Ende Europas wieder. So bejahten diese Frage in den Niederlanden 62 Prozent und in Großbritannien 65 Prozent der Befragten. In Skandinavien ist die Hälfte der Befragten der Meinung, dass bei einer Geldanlage eine gewisse Mindestrendite nicht zu unterschreiten ist, während es in der Schweiz mit 40 Prozent die wenigsten waren.

Sorgenvoller Blick in die Zukunft

Europas Anleger sind wenig zuversichtlich was die nähere Zukunft angeht: Durchschnittlich 60 Prozent gaben an, dass sie in den kommenden drei Jahren ihre selbst gesteckten Anlageziele nicht erreichen werden. Auch in dieser Statistik ist Deutschland mit 64 Prozent Spitzenreiter. Dies hängt vor allem damit zusammen, dass in Deutschland die aktuell niedrigen Zinsen als Haupthindernis für erfolgreiches Investment angesehen werden. Während in Deutschland 49 Prozent dieser Meinung sind, wird in Großbritannien nur von 13 Prozent das Niedrigzinsumfeld als Haupthindernis angesehen. Noch weniger problematisch wird das aktuelle Zinsniveau in den Niederlanden (10 Prozent) und Skandinavien (6 Prozent) bewertet. Im europäischen Durchschnitt sind für 16 Prozent der Anleger die niedrigen Zinsen das Haupthindernis für erfolgreiches Investment. Für Alexander Schindler ist der deutsche Pessimismus bezüglich der Zinsen zu erwarten gewesen. „Dieser Befund ist nicht verwunderlich, da Zinsanlagen in den Portfolios deutscher Investoren nach wie vor dominieren“, stellt Schindler fest. „Bei vielen europäischen Investoren haben dagegen chancenreichere Anlagen wie Aktieninvestments seit jeher ein höheres Gewicht.“

Zukünftige Blasen drohen

Die aktuelle Kapitalmarktsituation verunsichert die Anleger. So sehen 65 Prozent aller Befragten eine Tendenz zum Herdenverhalten und sehen darin eine gesteigerte Gefahr für Blasenbildungen und Börsencrashs. Besonders in Deutschland ist diese Sorge groß, denn auch in dieser Kategorie liegt die Bundesrepublik mit 74 Prozent über dem europäischen Durchschnitt. Sehr durchschnittlich verhält sich dagegen die deutsche Erwartung an verstärkte Volatilität an den Märkten. Während in Europa 63 Prozent dieser Meinung sind, wird diese Entwicklung von 64 Prozent der Befragten in Deutschland erwartet. Die Prognose des Verhaltens anderer Markteilnehmer empfinden in Deutschland 54 Prozent der Befragten als schwierig, während der europäische Durchschnitt bei 47 Prozent liegt. „Auch dieses Meinungsbild untermauert die steigende Bedeutung des Risikomanagements bei der Kapitalanlage“, so Schindler. (ah) www.union-investment.de