„Der Mensch ist das Maß aller Dinge“

25.04.2022

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Der griechische Philosoph Platon verhalf mit diesem Satz seinem Kollegen Protagoras zu Unsterblichkeit. Heute, fast 3.000 Jahre später, trifft er angesichts fortschreitender Personalisierung und Individualisierung mehr zu denn je. Das digitale Zeitalter befeuert diese Entwicklung in allen Bereichen. Auch in der Immobilienbranche verbreitet sich der Trend „Human Centric“ oder „Human Centered Real Estate“. Dabei werden Immobilien vom Menschen her gedacht und auf Nutzerbedürfnisse zugeschnitten.

„Die Digitalisierung und die demografische Entwicklung, verstärkt durch die pandemische Situation haben ganz neue, individuelle Lebensentwürfe etabliert und veränderte Erwartungshaltungen der Menschen ausgelöst. Das erfordert nicht nur neue Denkweisen, sondern gleichzeitig auch veränderte Raumstrukturen, die ein Arbeiten losgelöst von Zeit und Raum ermöglichen. Daher wird es immer wichtiger, dass die Gebäude vom Menschen her gedacht werden, so dass sich die Immobilie dem Menschen anpasst, und nicht wie in der Vergangenheit andersherum. Diesem neuen, humanzentrierten Denken hat sich MATRIX verschrieben“, erklärt Martin E. Schaer, geschäftsführender Gesellschafter von MATRIX Immobilien. Sein Unternehmen war bis 2015 im Retail-Segment tätig, habe aber laut Schaer dann festgestellt, dass sich die Handelswelt durch verändertes Konsumverhalten stark transformierte. Deshalb habe man sich neu orientiert und den Ansatz „Cross Asset Thinking“ etabliert, bei dem Synergien und Chancen der Stadtentwicklung durch die Verschmelzung unterschiedlicher Assetklassen genutzt werden. „Entscheidend dabei ist, sich von klassischen Lebensraum- Clustern zu lösen. Die Metropole mit kurzen Wegen und hoher Lebensqualität, die alle Teilbereiche des Lebens smart integriert, ist das Ziel künftiger Stadtentwicklung“, so Schaer. Für ihn heiße das auch, soziale und ökologische Verantwortung zu übernehmen. Für Projektentwickler, die aktuelle Faktoren wie den Klimawandel oder Smart City etc., nicht mit einbeziehen, sieht der Immobilienexperte schlechte Zukunfts- Chancen.

Wunschkonzert oder Zukunftsvision

Damit ist er nicht alleine. Nutzerzentrierte Gebäudekonzepte, in denen sich auch Aspekte zum Thema Nachhaltigkeit wiederfinden, etablieren sich weithin. Auch klassische Projektentwickler haben den Trend besonders bei Wohnimmobilien erkannt. So meint beispielsweise auch Michael Weniger, Vorstandsvorsitzender PROJECT Real Estate AG: „Meiner Ansicht nach muss eine Wohnung oder eine Immobilie auf die späteren Nutzerinnen und Nutzer ausgerichtet sein.“ Bei PROJECT Immobilien würden viele Kunden für die eigene Nutzung kaufen, wenigen gehe es dabei um Kapitalanlagen. Denn die eigenen vier Wände kauften die meisten nur einmal im Leben. Dementsprechend sollten diese auf aktuelle und zukünftige individuelle Bedürfnisse ausgerichtet sein, so Weniger. Davon profitieren aber auch Investoren. Denn laut Schaer geht es um Gebäude, in denen Menschen mit Begeisterung wohnen, leben und arbeiten, weil Maßstäbe und funktionale Struktur auf sie ausgerichtet seien. Langfristige Mieterzufriedenheit, soziale Interaktion und Akzeptanz seien nachhaltige Werte, die echte Win-Win-Situationen für alle Beteiligten schaffen. Die Herausforderungen bei der Umsetzung von „Human Centric“ sieht Schaer darin, überhaupt vom Menschen her zu denken. Standardisierte Planungen mit möglichst hoher ökonomischer Effizienz seien nicht „human centered“, auch wenn das Konzept kein Dogma für ihn darstelle. Wichtig sei, den Menschen nicht mehr nur auf seine Rolle, wie u. a. Büroarbeiter, zu reduzieren, sondern ihn in seiner Gesamtheit mit allen Bedürfnissen zu betrachten. Während der Experte von MATRIX also von weniger Standardisierung spricht, sieht Michael Weniger einen Modul-Baukasten aus verschiedenen Standard-Planungen als anspruchsvolle Lösung für Projektentwickler: „Standards sind in der Immobilienentwicklung wichtig, um Kosten und auch Hindernisse in der Entstehung so gering wie möglich zu halten. Die richtige Mischung aus Vielfalt, individuellen Konzepten und dem Einhalten eines günstigen Standards ist eine Herausforderung.“

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