Der digitale Euro als Weiterentwicklung des Europäischen Währungssystems

11.01.2021

Dr. Andreas Schyra, Vorstandsmitglied PVV AG und Dozent an der FOM Hochschule / Foto: © PVV AG

Digitale Zahlungen und Zahlungsmittel sind auf dem Vormarsch und damit sind nicht nur Kryptowährungen wie Bitcoin und Co. gemeint, sondern auch digitale Zahlungseinheiten öffentlich-rechtlicher Institutionen. Die Chinesische Zentralbank befindet sich bereits in der Testphase ihrer Digitalwährung und auch die Europäische Zentralbank (EZB) konkretisierte ihr Vorhaben mittlerweile.

Nicht zuletzt durch die Corona-Pandemie werden Verbraucher aufgefordert möglichst kontaktlos zu bezahlen. Möglichkeiten bieten sich über digitale Zahlungsabwickler, Kreditkartenanbieter oder Mobilfunkgeräte. Das bestehende Währungssystem ist damit jedoch bei weitem nicht digitalisiert. Die Anforderungen an eine vollständig digitale Währung und deren Vorteile für Verbraucher gehen weit über die kontaktlose Zahlung im Supermarkt oder im Internet hinaus.

Digitalisierung des bestehenden Geldsystems

Digitale Zahlungsmittel haben den Vorzug, schnellstmöglicher Übertragbarkeit. Ein Geldtransfer kann somit innerhalb von Sekunden und unter minimalen Transaktionskosten erfolgen. Derzeit nehmen insbesondere grenzüberschreitende Überweisungen teilweise einige Tage in Anspruch und verlangsamen damit Prozesse im weltweiten Geschäftsbetrieb. Ein weiterer Vorteil ist die Integration sogenannter Smart Contracts, welche über die Blockchain, auf der die digitale Währung beruht, vollautomatisiert und ohne menschliches Eigreifen abgewickelt werden können.

Umfangreicher Erweiterungsbedarf des traditionellen Zentralbanksystems

Das Ziel der EZB ist es, die Vorteile des traditionellen Euros in Form von Buch- und Bargeld in die digitale Welt zu übertragen und mit deren Vorzügen zu kombinieren. Die EZB würde somit weiterhin als Hüterin des Geldes in der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion fungieren, ihre aktuelle Tätigkeit jedoch in die Digitalisierung von Geschäfts- und Finanzvorgängen überführen.

Zeitlich ist beabsichtigt das weitere Vorgehen im Jahr 2021 zu konkretisieren. Zuvor laufen bereits erste Pilotprojekte in Zusammenarbeit mit Interessengruppen und internationalen Partnern hinsichtlich der Ausgestaltung der Digitalwährung. Mit einer konkreten Umsetzung und Nutzbarkeit des digitalen programmierbaren Euros ist wahrscheinlich nicht vor dem Jahr 2024 zu rechnen. Schließlich sind zahlreiche juristische Rahmenbedingungen anzupassen und auch die EZB selbst muss interne Prozesse an die neuen Anforderungen heranführen, um einem digitalen programmierbaren Euro das gleiche Maß an Vertrauen zu verleihen, welches die traditionelle Währung aufweist. Dies ist auch nötig, damit die Schwankungsintensität bisheriger kryptografischer Währungen vermieden wird.

Forderung einer Roadmap zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten Interessengruppen

Der Bundesverband deutscher Banken forderte daher bereits Mitte 2020 in einem Positionspapier von der Bundesregierung und der Europäischen Kommission die Unterstützung der EZB sowie der Bankenbranche um alle Parteien an einen Tisch zu bekommen und ein konkretes Entwicklungsprogramm zu erarbeiten (https://bankenverband.de/themen/europas-antwort-libra/).

In einer Stellungnahme verdeutlichte die EZB, dass die digitale Währung das Bargeld nicht ersetzen, sondern ergänzen solle (https://www.ecb.europa.eu/euro/html/digitaleuro.de.html). Diese Aussage ist zum aktuellen Zeitpunkt und für die nähere Zukunft sicher richtig und unausweichlich. Langfristig ist jedoch zu erwarten, dass digitale Zahlungsmittel das Bargeld ablösen, sobald sämtliche Geldfunktionen auch in der digitalen Welt sichergestellt sind und Verbraucher sich daran gewöhnt haben.

Kolumne von Dr. Andreas Schyra, Vorstandsmitglied der PVV AG und Dozent an der FOM Hochschule

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