Depotbanken auf Vorstellungstour

02.04.2013

Ab Juli müssen geschlossene Fonds über eine Verwahrstelle verfügen. Wie gut sind die Emissionshäuser darauf vorbereitet?

„Das neue Kapitalanlagegesetzbuch bedeutet nicht die Modellierung bestehender Konzepte, sondern schafft neue Instrumente. Das bedeutet Veränderungen auf allen Ebenen!“ So kommentierte Wolfgang Kubatzki, Mitglied der Geschäftsführung Feri Euro Rating Services AG, die Zeitenwende, vor der geschlossene Fonds stehen, nachdem das Bundeskabinett im Dezember den Gesetzentwurf zur Umsetzung der AIFM-Richtlinie in deutsches Recht beschlossen hat (siehe finanzwelt Online-Magazin 01/2013). Die von Kubatzki erwarteten „Veränderungen auf allen Ebenen“ erfordern unter anderem, dass Emissionshäuser Verwahrstellen für ihre Fonds identifizieren müssen, die unabhängig sind und ausschließlich im Interesse der Anleger handeln. Aufgabe der Verwahrstelle ist es, die laufenden Prozesse der Fondsgesellschaft zu überwachen – von der Gründung bis zur Liquidation. „Im Detail heißt das zum Beispiel, dass es in die Zuständigkeit der Verwahrstelle fällt, sämtliche Zahlungen eines Anlegers bei der Zeichnung eines Fondsanteils entgegenzunehmen sowie die Zahlungseingänge auf gesonderten Konten zu verbuchen. Außerdem muss die Verwahrstelle künftig alle Vermögenswerte des Fonds verwahren bzw. prüfen, ob die Fondsgesellschaft tatsächlich Eigentümerin aller Vermögenswerte ist. Auch die Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Bewertung der Anteile der Fondsgesellschaft – nicht die Bewertung selbst – obliegt der Verwahrstelle“, erklärt Johannes Nölke, Managing Partner bei der Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft optegra:hhkl.

Diese Aufgaben dürfen übernehmen: in der Europäischen Union ansässige Kreditinstitute, Wertpapierfirmen im Sinne der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFiD) sowie andere regulierte und autorisierte Institute. Ausnahmsweise kann es sich bei der Verwahrstelle auch um einen Rechtsträger handeln, der einer beruflichen Registrierung, gesetzlichen und regulativen Bestimmungen oder Berufs- und Standesregeln unterliegt. Beispielsweise könnte dies für Wirtschaftsprüfer, Steuerberater oder Rechtsanwälte zum Tragen kommen. Diese Art der alternativen Verwahrstelle kommt laut Nölke jedoch nur für solche Fonds in Betracht, bei denen die Anleger für einen Zeitraum von mindestens fünf Jahren kein Recht zur Rückgabe der Anteile haben und die verwahrten Vermögenswerte nicht depotfähig sind. „Eine weitere Voraussetzung, um als Verwahrstelle fungieren zu können, ist die Darstellung ausreichender beruflicher und finanzieller Garantien. Was das im Einzelnen bedeuten wird, befindet sich aktuell in Klärung mit der BaFin“, so Nölke. Er bezweifelt allerdings, dass es zum jetzigen Zeitpunkt bereits genügend geeignete Verwahrstellen gibt: „Wer als Verwahrstelle fungieren will, muss ein hohes Maß an Kompetenz für verschiedene Assetklassen mitbringen oder sich diese aneignen, um seine Aufgaben erfüllen zu können. Bei Immobilien sollte sich das noch recht gut darstellen lassen. Wer jedoch Fonds mit erneuerbaren Energien, Flugzeugen, Schiffen oder Private Equity auflegen will, dürfte es schwerer haben, eine geeignete Verwahrstelle zu finden“. Eric Romba, Hauptgeschäftsführer VGF Verband Geschlossene Fonds, ist anderer Meinung. Laut Romba gibt es bereits genügend Verwahrstellen, die ihre Absicht bekundet haben, für geschlossene Fonds zu agieren, sowohl alternative als auch Depotbanken: „Ob alle davon am Ende auch Vertragspartner finden, wird man noch sehen müssen. Wir sind aber überzeugt, dass Angebot und Nachfrage bei diesem Thema zur Deckung kommen.“

Einige Depotbanken haben sich bereits als Verwahrstellen positioniert. So ist die Caceis-Bank derzeit dabei, Fondsmanager bei der Bewertung der Auswirkungen der AIFM-Richtlinie und bei der Entwicklung ihrer Organisation zu unterstützen. Mit Blick auf interne Abläufe macht Caceis ebenfalls Vorschläge, z. B. was die Auslagerung von Funktionen, das Risikomanagement und die Vorgaben des neuen Berichtswesens angeht. Sal. Oppenheim wird künftig als Verwahrstelle für alle neuen geschlossenen Fonds der KGAL fungieren. Die Bank stellt nach eigenen Angaben hohe Anforderungen an die Emissionshäuser, für die sie die Verwahrstellenfunktion wahrnimmt: „Zum einen sollte grundsätzlich das eingesammelte Eigenkapital rund 25 Mio. Euro pro Jahr nicht unterschreiten, damit die Wirtschaftlichkeit gegeben ist. Zum anderen erwarten wir gewisse Qualitätsstandards bei den internen Prozessen sowie eine einwandfreie Reputation“, erklärt Ludger Wibbeke, Leiter Depotbank Services bei Sal. Oppenheim. Das Bankhaus beschäftigt sich seit Frühjahr 2011 mit der AIFM-Richtlinie und hat sich im vergangenen Sommer als Verwahrstelle aufgestellt. Die von Nölke angesprochene Schwierigkeit, Expertise in vielen verschiedenen Assetklassen aufzubauen, hat Sal. Oppenheim laut Wibbeke bereits gemeistert: „Wir verfügen über einen großen Erfahrungsschatz bei Immobilien-Spezialfonds. Darauf aufbauend haben wir für andere Sachwerte in den Jahren 2011/2012 Kontroll- und Transaktionskompetenzen aufgebaut. Seit rund einem Jahr sind wir so vorbereitet, dass wir als Verwahrstelle für sämtliche Assetklassen agieren können.“

Braucht die Branche Verwahrstellen? Dass in Sachen Verwahrstellen durchaus noch Nachholbedarf seitens der Initiatoren besteht, zeigt eine Umfrage, die optegra unter 35 Emissionshäusern durchführte. Die Frage, ob sie bereits eine Verwahrstelle für ihre künftigen Fonds identifiziert haben, beantworteten rund zwei Drittel der Befragten mit „Nein“. Das war im Dezember. Laut Romba haben die Emissionshäuser seitdem Fortschritte gemacht: „Zum einen sind die Verwahrstellen bereits auf Akquisitions- und Vorstellungstour bei den Emissionshäusern. Zum anderen haben Emissionshäuser ihrerseits schon gezielt Verwahrstellen eingeladen, damit diese sich vorstellen können. Mitunter haben einzelne Häuser auch schon Vereinbarungen mit Verwahrstellen geschlossen.“ Das ist auch nötig, denn die Zeit drängt. Bereits ab Julimüssen geschlossene Fonds über eine Verwahrstelle verfügen.

Verwahrstellen spielen künftig eine wichtige Rolle im Bereich der geschlossenen Fonds, da sie die laufenden Prozesse der Fondsgesellschaft überwachen sollen. Vermittler sollten darauf achten, welche Depotbank bzw. welcher Rechtsträger diese Funktion für einen Fonds ausübt und ob die erforderliche Kompetenz für die entsprechende Assetklasse vorliegt.

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(Kim Brodtmann)_

Verwahrstellen - Printausgabe 02/2013