Demografischer Wandel – die Makler-Chance

22.07.2014

Bernhard Schindler

Fachkräftemangel und Mitarbeiterbindung werden für die Wirtschaft immer stärker zu immer zentraleren Themen. Am Deutschen Demografie Campus können sich Makler und Finanzberater zu zertifizierten Demografie-Beratern ausbilden lassen und in der Folge Unternehmen mit ihrem Netzwerk betreuen. Angesichts ansonsten schleppenden Neugeschäfts ein hochinteressanter Weg.

finanzwelt sprach hierzu mit Bernhard Schindler, Präsident des „Bundesverbandes demografischer Wandel – Unternehmerverband Deutschland" und Gründer des „Deutschen Demografie Campus".

finanzwelt: Es wird viel über das Demografie-Problem diskutiert. Sie als Präsident des Bundesverbands setzen mit einem eigenen Ausbildungsgang in Ihrem Campus ungewohnte Akzente. Was ist neu daran?

Schindler: Neu ist nur, dass wir dieses Thema nicht vorrangig als Problem, sondern als Herausforderung zur Entwicklung einer neuen Berater-Generation sehen. Dass es eine unaufhaltsame demografische Entwicklung gibt, ist ja schließlich bekannt. Aber wie wir dieser Herausforderung mit Lösungen begegnen, gleichzeitig die Qualität zur Beratung des Mittelstandes stärken und zugleich noch berufliche Perspektiven in der Finanzdienstleistungsbranche eröffnen – das macht den Deutschen Demografie Campus zu einem einzigartigen und innovativen Angebot. Orientiert an einer konkreten Nachfrage von Unternehmen.

finanzwelt: Spielt das Thema Demografie denn bei den Unternehmen tatsächlich eine große Rolle?

Schindler: Auf jeden Fall. Der Fachkräftemangel, der „war for talents", die Überalterung oder ein hoher Krankheitsstand in der Belegschaft sind bekanntlich keine Einzelerscheinungen. Jedes Unternehmen sucht hier dringend nach Lösungen. Jeder Euro, den es – mitunter mit staatlicher Förderung – in seine Mitarbeiter investiert, bringt messbare Ergebnisse und Wettbewerbsvorteile. Daher sprechen wir auch von der Chance des demografischen Wandels.

finanzwelt: Sie sind seit gut einem Jahr Präsident des Bundesverbands mit Sitz in Berlin. Lässt sich aus Ihrer und der über 20jährigen Verbandserfahrung sagen, ob sich Unternehmen als Gesprächspartner Makler mit besonderem Wissen im Demografiebereich wünschen?

Schindler: Wenn Sie in den Firmen diese Frage so gezielt stellen würden, dann definitiv ja. Jedoch sind die meisten Unternehmen bis dato zumeist nur an klassische Produktvermittler gewöhnt. Wir erleben es täglich, dass ihnen gar nicht bewusst ist, dass Aspekte wie Mitarbeitertreue und -zufriedenheit, Absicherung der Belegschaft, Kostenreduzierung und Rechtssicherheit vereinbar sind. Geschweige denn, dass dies von einem einfachen „Vermittler" mit reinem Spezialwissen zu bewerkstelligen ist. Genau das ist oft auch das Problem der Finanzdienstleistungsbranche. Die bisherigen klassischen Themen locken Unternehmer nicht mehr hinter dem Tisch hervor.

finanzwelt: Welche Ausbildung bietet der Campus? Besteht die Möglichkeit der Spezialisierung?

Schindler: Das Ausbildungs- und Traineeprogramm führt erstmals in Deutschland Berater und Unternehmer zusammen. Wo viele trotz herausragender Fachausbildung und Kenntnis wenig bis keinen Zugang mehr zum Firmenkunden haben, bringen wir beide zusammen. Wir nennen das die Hochzeit. Ziel ist es, dass der Berater völlig neue Zugänge zum Unternehmer kennenlernt.

finanzwelt: Der Aufbau von Netzwerken ist also ein wichtiger Bestandteil der Ausbildung.

Schindler: Richtig. Über das persönliche Netzwerk entstehen nicht nur Kontakte und erstklassige Empfehlungen, sondern es sichert dem Unternehmer Experten für jedes Thema. Gerne zitiere ich in Vorträgen TRIGEMA-Inhaber Wolfgang Grupp: „Bei mir kommt kein Berater rein, außer er bringt mir einen Mehrwert durch sein Netzwerk." Viele Unternehmer reagieren so. Der Berater muss nicht immer alles alleine können, er muss wissen, wer ihm zur Seite steht und er soll nach der Ausbildung das Netzwerk für seinen Mandanten leiten.

finanzwelt: Bekommt der Makler auch konkrete Maßnahmen für die Unternehmen an die Hand?

Schindler: Gerade in schwierigen Zeiten der Versicherungsbranche, in der sich für viele Vermittler einiges zum Negativen hin tut, ist es für uns und das wissenschaftliche Entwicklerteam wichtig, immer neue Lösungen und Wege der Kundenbindung nahe am Unternehmen aufzubauen. Studien und Abfragen bei Unternehmen liefern uns dabei Fakten aus erster Hand. Natürlich erstarren wir nicht in Theorie. Wir haben für die Makler hoch innovative Produkte geschaffen, die es bisher noch nicht auf dem Markt gibt und die ihm unter anderem feste monatliche Einnahmen bringen. Und zwar ohne die klassische Vermittlung von Versicherungsprodukten. Es ist uns wichtig, dem Makler neue Wege und Möglichkeiten zu eröffnen – ausgerichtet auf den Bedarf von Unternehmen.

finanzwelt: Ich zitierte Sie: „2030: Deutschland, auch Bayern wird alt aussehen – wenn wir nicht anfangen, den demografischen Wandel als Chance zu erkennen." Wenn Sie genau diese 16 Jahre vorausblicken, wie sehr wird sich die Unternehmenskultur verändern?

Schindler: Wir werden zum Beispiel im Jahr 2030 rund fünf Millionen weniger Fach- und Führungskräfte in Deutschland haben und einen Wegzug von Arbeitskräften aus den ländlichen Regionen. Gleichzeitig werden neuartige Produkte und Dienstleistungen für eine immer älterwerdende Gesellschaft auf den Markt kommen. Das Unternehmensbild in Deutschland wird sich dramatisch ändern. Genau deswegen ist es an der Zeit, die dringend benötigten Berater dazu auszubilden.

finanzwelt: Wie können sich Berater informieren, welche Berater sprechen Sie an?

Schindler: Grundlegend vom Steuerberater über den Finanz- und Versicherungsmakler bis hin zum Mehrfachagenten. Darüber hinaus kommen auch immer mehr Verbände und Versicherungsgesellschaften etwa mit der Frage nach Inhouse-Lösungen auf uns zu. Natürlich steht das Campusteam in vielen Städten, von Stuttgart und München über Berlin und Leipzig bis hin nach Frankfurt, Köln und Hamburg, zur Verfügung. Nicht zu vergessen, dass wir auch Hinweise zur Förderung der Ausbildung – Thema Bildungsgutschein – geben.

Als Makler vom Deutschen Demografie Campus profitieren

Über die Marktgegebenheiten klagen, ist eine Sache – den demografischen Wandel als Geschäftschance erkennen, eine andere. Doch dazu gehören Fortbildung und neue Netzwerke. Der Campus bietet beides und übernimmt damit eine wichtige Funktion.

Die Ausbildung über sechs Monate gliedert sich in ein dreistufiges Berater-Entwicklungsprogramm und ein dreistufiges Mandanten/Kunden-Entwicklungsprogramm. In der Mitte finden der Demografie Gipfel und die Demografie Foren statt. Hier werden Berater und von ihm eingeladene Wunsch-Unternehmer zum verbindenden Thema Demografie zusammengeführt. Bei den ersten Ausbildungsteilen des Berater-Entwicklungsprogramms erhalten die Teilnehmer Kenntnisse zur Markt- und Bedarfslage, zu Soft-Skills, zum Aufbau eines Netzwerks und zur Vorbereitung auf den Gipfel oder das Forum. Im Mandanten-/Kunden-Entwicklungsprogramm nach dem Gipfel oder Forum werden Fähigkeiten geschult, Unternehmen rund um das Thema Demografie zu beraten. Dazu gehören neben Softwarelösungen und einer EOM Strategie unter anderem auch konzeptionelle Beratungsansätze, wie „Personal-Employer-Branding", betriebliches Gesundheitsmanagement oder auch der intelligente Aufbau einer betrieblichen Kinder- oder Hausaufgaben-Betreuung. Am Ende der Ausbildung stehen eine langfristige Bindung zwischen Berater und Unternehmer und das Ziel, den Berater auf Augenhöhe zum Geschäftsführer oder Personalchef eines Unternehmens zu bringen. Die Lerninhalte werden von qualifizierten Dozentinnen und Dozenten vermittelt. (hwt)

Interview mit Bernhard Schindler - Printausgabe 04/2014