"Das Thema Wasser muss auch hierzulande besser adressiert werden"

19.10.2022

(v.l.n.r.) Lars von Danwitz, Mathias Pianowski, Manuel Voßwinkel - Foto: © ÖKOWORLD AG

Millionen Menschen rund um den Globus leiden unter Wassermangel. Unicef warnte bereits vor Jahren davor, dass jedes vierte Kind der Erde bis 2040 in Regionen lebt, in denen Wasser knapp werde. Angesichts der extremen Knappheit sind der Krieg und Kampf um diese Ressource in vielen Ländern längst Realität geworden. Die Klimakrise verschärft die bedrohliche Lage. 2022 haben auch wir hierzulande erfahren müssen, was wochenlange Dürre bedeutet. Vor einigen Wochen fand die World Water Week in Stockholm statt. ÖKOWORLD, Pionier im ökologisch, ethisch-sozialen Investieren, war vor Ort. Ein Résumé mit Mathias Pianowski, Deputy Head of Sustainability Research, Manuel Voßwinkel, Senior Sustainability Analyst und Lars von Danwitz, Sustainability Analyst.

finanzwelt: World Water Week 2022 – das hört sich sehr groß und wichtig an. Sind die Ergebnisse und vereinbarten Beschlüssen denn auch von enormer Tragweite? Voßwinkel: Das Thema der diesjährigen Weltwasserwoche war „Seeing the Unseen: The Value of Water“. Teilnehmer aus aller Welt tauschten Erfahrungen und Projekte aus ihren Ländern aus, die zeigen, welchen gewaltigen Herausforderungen wir auf globaler Ebene gegenüberstehen. Extreme Ereignisse wie Nahrungsmittelkrisen in Afrika und die ausgetrockneten Flüsse in Europa verdeutlichen die Probleme sehr anschaulich. In Stockholm ging es aber in erster Linie nicht um politische Debatten, sondern um praxiserprobte Lösungsansätze und konkrete Zukunftsprojekte rund um das vielschichtige Wasserthema. Unternehmensvertreter und NGOs waren hierzu im Dialog.

finanzwelt: Wasser als Quelle des Lebens ist nicht neu. Wurde das in der Vergangenheit zu wenig erkannt? von Danwitz: Natürlich gab es eklatante Versäumnisse in den zurückliegenden Jahren und Jahrzehnten. Den Klimawandel nehmen wir nun selbst wahr. Hier gibt es zumindest mit dem Pariser Klimaabkommen von 2015 eine internationale Übereinkunft, obgleich viel zu wenig transformiert wird. Das Thema Wasser ist ebenfalls dringlich, aber noch nicht so präsent wie die Klimakrise. Es wird oftmals lediglich als lokales Phänomen wahrgenommen. Dabei wird die globale Dimension allzu oft außer Acht gelassen.

Pianowski: Wir erleben derzeit, wie fragil die Weltordnung ist. Themen wie Krieg, Inflation und Rezession treiben die Menschen derzeit um. Aspekte wie der Schutz von Wasserressourcen und Wasserknappheit treten zumindest aus unserer europäischen Perspektive in den Hintergrund. Wie dramatisch allerdings die globale Lage ist, insbesondere mit Blick auf Südamerika, Afrika und Asien, zeigt der Blick in den UN-Weltwasserbericht. Bis 2050 könnte wird die Hälfte der Weltbevölkerung von Wasserknappheit betroffen sein mit allen Konsequenzen.

Wasser ist zentral nicht nur für die Agrarindustrie, sondern auch für die Energiewirtschaft und Produktion. Es bedürfte dringend des politischen Willens und ausreichender Investitionen, um ein resilientes System aufzubauen. Bedauerlicherweise können wir auf die Politik und Entscheidungen nicht warten, denn die Zeit drängt und es passiert zu wenig. Wir als Ökoworld lenken daher unseren Blick auf die Unternehmensebene und suchen jene Portfoliounternehmen, die eine entsprechende Vorreiterrolle einnehmen und marktfähige Lösungen anbieten.

finanzwelt: Das Niedrigwasser im Rhein und die Folgen für die Natur waren in diesem Sommer für jeden auch in Deutschland sicht- und spürbar. Voßwinkel: Absolut. Werfen Sie beispielsweise einen Blick auf die Trockenheit in Brandenburg oder unsere Wasserstraßen. Das Thema Wasser muss also auch hierzulande besser adressiert werden. Leider sind volkswirtschaftliche Instrumente im Vergleich zum Klima – denken Sie an einen Preis für CO2 – weniger eingängig bzw. werden gerade erst auf die Agenda gesetzt, wie uns Stockholm gezeigt hat.

von Danwitz: Die Rolle unserer Fonds wurde schon genannt. Wir nehmen bei unseren Analysen einen Perspektivwechsel vor und weiten den Blick auch auf jene Sektoren, die auf den ersten Blick nur indirekt mit Wasser in Verbindung gebracht werden. Der 2008 aufgelegte ÖKOWORLD Water for Life ist entsprechend konzipiert. Hier finden sich eben auch Unternehmen verwandter Branchen wie erneuerbare Energien, Recycling oder Mobilität wieder. Diese breite Aufstellung der Investmentthemen ist wichtig, um die Dimension des Wasserthemas richtig einzuordnen.

finanzwelt: Sie sprachen gerade Ihren Fonds, den ÖKOWORLD Water for Life an. Was sind die konkreten Investitionsfelder? von Danwitz: Das Fondsmanagement investiert global in Unternehmen, welche Produkte und Dienstleistungen zur Wasserversorgung, Abwasserbeseitigung, Wasseraufbereitung und Wasserinfrastruktur anbieten. Daneben gibt es Unternehmen, die zum Erhalt der Qualität natürlicher Wasserspeichersysteme beitragen, z. B. durch die Vermeidung bzw. Verringerung von Schadstoffeinträgen in Böden und Gewässer – eine indirekte Logik, die nicht gleich eingängig, aber sehr wichtig ist. Es gibt zudem smarte Lösungen am Markt, welche die Effizienz der Wassernutzung verbessern, z. B. durch optimierte Verbrauchsmessung und -abrechnung oder durch die Einrichtung geschlossener Nutzungskreisläufe in der Industrie. Wie schon erwähnt ist der Fonds breit angelegt und berücksichtigt auch die Themen der Anpassung an Wasserstress. So finden sich im Wasserfonds auch Bildungs-, Infrastruktur- und Gesundheitsunternehmen.

finanzwelt: Noch einmal zurück zur Konferenz. Welchen Eindruck haben Sie von der World Water Week in diesem Jahr mitgenommen – was ist die zentrale Message? Voßwinkel: Wasser ist eines der größten Themen unserer Zeit. Wir müssen unseren Blick schärfen, haben keine Zeit zu verlieren und sind angehalten, die ganze Bandbreite von Wasser zu betrachten. Auch wir in Deutschland haben spätestens in diesem Sommer hautnah erlebt, welche direkten und indirekten Auswirkungen mit Wassermangel verbunden sind und müssen vor Ort handeln.

von Danwitz: Das teile ich. Handeln ist das Gebot der Stunde. Und für uns bei ÖKOWORLD gilt es weiterhin, mit einem ganzheitlichen Blick die Vorreiter-Unternehmen zu finden, die mit Lösungsansätzen im Umfeld der komplexen Wasserthematik wirtschaftlich und ethisch-ökologisch punkten. (ah)