Das Risiko des Handelskrieges

22.02.2018

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Wesentlicher Teil der von US-Präsident Donald Trump verkündeten „America first“-Strategie ist eine klar protektionistische Handelspolitik. Hintergrund ist die Überzeugung, dass US-Jobs vor allem in der US-Industrie durch „unfaire“ Handelspraktiken der US-Handelspartner verloren gegangen seien. Die zweifellos erheblichen Verluste an Jobs sind jedoch eher durch eine fortgeschrittene Automatisierung entstanden. Mittlerweile machen Roboter nämlich auch qualifizierten Facharbeitern wie Schweißern Konkurrenz und übernehmen deren Jobs etwa in der Automobil-Produktion.

Da sich die Trump-Adminstration bekanntermaßen nur begrenzt an Fakten orientiert, bleibt sie bei ihrer protektionistischen Politik, die sich derzeit konkret auf zwei Felder konzentriert: Die Verhandlungen über eine Revision des NAFTA-Vertrags über die Freihandelszone mit Kanada und Mexiko sowie die Auseinandersetzung mit China und in zweiter Reihe der EU.

Die NAFTA-Verhandlungen kommen kaum voran, nicht zuletzt weil Kanada und Mexiko dem transpazifischen TPP-Abkommen beigetreten sind, was die Spielräume in den NAFTA-Verhandlungen zusätzlich beschränkt. Zugleich verschärft sich der Ton gegenüber China und Europa.

Zur Abschätzung der möglichen Folgen hat das Research der kanadischen Scotia-Bank zwei Szenarien des Scheiterns der NAFTA-Verhandlungen simuliert. Der erste Fall unterstellt, dass die NAFTA zusammenbricht und die drei Staaten auf der Basis der Meistbegünstigungsklausel gemäß der WTO mit einem Zolltariff von 3,8 % agieren. Im zweiten Szenario wurde ein Handelskrieg der USA mit dem „Rest der Welt“ (d.h. Europa und China) und Tarifen von 20 % angenommen, die von allen Parteien auf gegenseitig eingeführt werden. Unter den drei NAFTA-Partnern bleibt es aber bei den 3,8 % des ersten Szenarios.

Das erste Szenario ergibt in der Simulation keine nennenswerten Folgen für die USA relativ zum Basisszenario ohne Konflikte: Die Trends von Wachstum, Inflation, Zinsen und Außenwert der Währung ändern sich kaum. Kanada und vor allem Mexiko hätten dagegen zumindest kurzfristig mit deutlicheren Folgen zu rechnen. Allerdings bliebe es bei der kurzfrsitig negativen Reaktion weil sich im Verlauf ein etwas niedrigerer Zinstrend und entsprechend schwächere Währungen ergeben, die den Nachteil durch die Zölle ausgleichen nach etwa drei bis vier Jahren.

Deutlich schlechter sieht es im Fall des Handelskriegs aus, der anfänglich auch den USA eine Rezession bescheren würde, allerdings ab dem dritten Jahr nach dem Schock sogar auf einen höheren Wachstumstrend führt. Hier würde die zusätzliche Beschäftigung im Zuge des Austauschs von Importen gegen einheimische Produktion (Importsubstitution) für Zugewinne sorgen. Die NAFTA-Partner würden den US-Verlauf aufgrund der starken US-Nachfrage nachvollziehen.

Das Ergebnis: Die errechneten Zahlen deuten auf einen starken Anreiz für die USA, mit der einem regelrechten Handelskrieg zu drohen. Sie haben wenig zu verlieren. Allerdings bliebt hier ein Schwachpunkt der Analyse: Die Finanzierung der gewaltigen und derzeit wieder wachsenden US-Defizite muss genau durch jene Handelspartner geleistet werden, denen die USA drohen müssten. Zumindest China hat mit seinem Bestand an US-Staatsanleihen ein Machtinstrument an der Hand, das die USA fürchten müssen – sofern die Chinesen bereit sind, diese rund 1,5 Billionen (1.500 Milliarden) Dollar aufs Spiel zu setzen. In jedem Fall ist klar, dass die heiße Phase des Pokers erst noch kommt und starke Unruhen an den Finanzmärkten auslösen könnte bis hin zu einem veritablen Crash auf den Devisen- und Aktienmärkten. Dieses Risiko wird demnächst wohl stärker in die Preise eingehen. (mk)