Das Glück liegt im Streben

03.04.2017

Jörg Weitz (li) und Ralf China (re) / Foto: © 3FACH ANDERS / Ralf China

Möchten auch Sie ein erfolgreiches und glückliches Leben führen? Tun Sie schon einiges dafür? Und haben Sie trotzdem manchmal das Gefühl, da geht noch was, das kann doch nicht alles gewesen sein? Dann können wir nur sagen: Willkommen im Club! Schließlich ist Erfolg das Mantra unserer Zeit und unser Leben, ob beruflich oder privat, scheint durch ein „Höher, schneller, weiter“ angetrieben zu sein. Nur das Ergebnis zählt, alle wollen möglichst schnell möglichst einfach möglichst viel erreichen.

Das Problem dabei: Es funktioniert nicht. Nicht nur, weil zwar grundsätzlich jeder der Beste, Schnellste, Erfolgreichste werden kann, aber eben nicht alle auf einmal. Der Hauptgrund besteht darin, dass Menschen nicht für andauerndes Glück gemacht sind; und das ist keine philosophische Betrachtung, sondern eine neurowissenschaftliche und evolutionsbiologische Tatsache.

Was passieren würde, wenn tiefe Gefühle des Glücks und der Zufriedenheit quasi auf Knopfdruck verfügbar wären, haben Wissenschaftler bereits im Jahr 1954 herausgefunden: James Olds und Peter Milner pflanzten Ratten dünne Elektroden ins Gehirn, mit denen deren Belohnungszentrum elektrisch stimuliert werden konnte. Hatten die Ratten erst einmal gelernt, diesen elektrischen Impuls per Knopfdruck selbst auszulösen, wurden sie schnell süchtig nach diesem Glückskick. Sie verloren daraufhin jedes Interesse an Nahrung, Sex oder Schlaf und betätigten tagelang ununterbrochen diesen Glücksschalter, bis sie – quasi vor Glück – fast verendeten. Da unser Gehirn genauso über ein solches Belohnungszentrum verfügt, liegt es also auf der Hand, dass andauerndes Glück auch für uns, evolutionsbiologisch betrachtet, ein echtes Problem wäre. Trotzdem streben wir Menschen danach, glücklich zu sein; ist das nun ein Widerspruch?

Mittels der Hirnforschung können wir diesen scheinbaren Widerspruch erklären: „Unser Gehirn ist nicht dafür gebaut, dauernd glücklich zu sein. Aber es ist süchtig danach, nach Glück zu streben“, bringt es der Psychologe und Hirnforscher Manfred Spitzer auf den Punkt. Diese Unterscheidung zwischen Ziel (Glückszustand) und Weg zum Ziel (Streben nach Glück) ist essenziell! Es ist also nicht ein einmal erreichtes Endergebnis, sondern ein andauernder Prozess, das Streben nach Glück, worauf wir Menschen ausgelegt sind.“

Ein pauschales „Höher, schneller, weiter“ kann also nicht die Lösung sein. Stattdessen wird es darauf ankommen, dass wir besser verstehen, was uns wirklich antreibt und wie wir auch in Zukunft Erfolg und Lebensfreude erreichen können. Dabei schält sich immer deutlicher ein Schlüsselfaktor heraus: unsere gefühlte Autonomie und Selbstbestimmung. Der Mediziner Ronald Grossarth-Maticek verwendet dafür den Begriff „Selbstregulation“, den er definiert als „Aktivität des Menschen, um Störungen und Hindernisse zu beseitigen und erstrebenswerte Zustände zu erreichen.“ Andere Mediziner sprechen von „Kontrollüberzeugung“ oder „Selbstverantwortung“. Spannend dabei ist, dass immer mehr Studien eines ganz deutlich zeigen: Je stärker wir glauben, unser Leben und unser Wohlergehen selbstbestimmt beeinflussen zu können, desto seltener werden wir krank, desto länger leben wir und desto höher sind unsere Chancen, zum Beispiel eine Krebserkrankung erfolgreich zu bewältigen. Es ist also nicht nur das eigentliche Ergebnis, das zählt; besonders die Frage des richtigen Weges dorthin hat eine hohe Bedeutung.

In der Kolumne von Jörg Weitz und Ralf China dreht sich alles um den dauerhaften Erfolg von Beratern und Vermittlern. Dabei bilden die kölnische Frohnatur Jörg Weitz, selbst jahrelang in der Finanzberatung aktiv und ein echter Menschenflüsterer und der zugezogener Nordhesse Ralf China, der sich eher durch eine protestantische Arbeitsethik auszeichnet und mehrere Jahre als Unternehmensberater aktiv war, ein spannendes Gespann. Im Mittelpunkt stehen hier An- und Einsichten jenseits der gängigen Patentrezepte. Der Text ist ein Auszug aus dem Buch: „Sei du selbst, sonst geht’s dir dreckig! warum Erfolg nicht Patentrezepten, sondern nur individuell machbar ist.“

von Ralf China und Juergen Schoemen