Das Chamäleon im Finanzdschungel

28.05.2013

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Wandelanleihen sind Zwitter zwischen Aktien und Anleihen. Investoren können an steigenden Aktienkursen teilhaben und bei fallenden Notierungen von einem Sicherheitspuffer profitieren.

Das macht diese Assetklasse derzeit attraktiv, zumal an den Aktienmärkten weiterhin Optimismus herrscht, Rückschläge jedoch aufgrund politischer Ereignisse auf dem kriselnden europäischen Kontinent nicht ausgeschlossen sind. Es ist ein Nischenmarkt, der Investor sollte auf jeden Fall einen längeren Anlagezeithorizont mitbringen.

Der Deutsche Aktienindex (DAX) ist derzeit in Rekordlaune. Wird die Luft nun dünner, fragen sich Anleger. Vor diesem Hintergrund könnten Wandelanleihen eine lukrative Anlageoption sein. Diese sind für Investoren geeignet, die mit einer Fortsetzung der Börsenrallye rechnen, aber vorsichtig agieren wollen. Daher gehören Wandelanleihen zu den Favoriten vieler Anlageexperten für dieses Jahr. Nicht grundlos, wie der Jahresauftakt zeigte. Die Aktienhausse hat nämlich auch am Markt für Convertible Bonds (englische Bezeichnung für Wandelanleihen) für einen Aufschwung gesorgt. „Wandelanleihen haben in den ersten Wochen 2013 einen fulminanten Start hingelegt, das spiegelt unsere hohen Erwartungen im laufenden Jahr wider“, sagt Leonard Vinville, Manager des M&G Global Convertibles Fund. Beat Thoma, CIO von Fisch Asset Management, bringt es auf den Punkt: „Es ist offensichtlich, dass sich aus Renditeaspekten der Aktienmarkt geradezu aufdrängt. Es fehlen einfach die entsprechenden Alternativen. Doch das Risiko des direkten Aktienengagements scheuen nach wie vor viele Investoren.“

Tatsächlich sind es drei wesentliche Gründe, die für Wandelanleihen sprechen: Steigende Aktienkurse, niedrige oder sinkende Zinsen kombiniert mit fallenden Renditeaufschlägen für Unternehmensanleihen.

Ihre Zwittereigenschaft rührt daher, dass sie zum einen Eigenschaften von Anleihen (Fremdkapital) besitzen, zum anderen aber auch von Aktien (Eigenkapital). Sie verfügen über eine vereinbarte Laufzeit, anderen Ende der Investor das Recht auf Rückzahlung hat. Der Unterschied zu einer „klassischen“ Anleihe besteht im Wandlungsrecht. Der Käufer einer Wandelanleihe hat die Option, die Anleihe in eine bestimmte Anzahl Aktien zu wandeln. Er sollte jedoch zwingend auf die Wandlungsfrist (Umtauschfrist) achten, d. h. klären, innerhalb welcher Zeiträume die Wandelung durchgeführt werden kann beziehungsweise ob dies zu jedem Zeitpunktmöglich ist. Nur wenn Letzteres gewährleistet ist, kann eine positive Kursentwicklung der Unternehmensaktie auch zur Wandlung genutzt werden.

Prinzipiell gilt, dass in Marktphasen mit starken Schwankungen die Convertibles ihre Vorteile am besten ausspielen können. Die besten Wandlerfonds haben in der Vergangenheit sogar das Aktienbarometer MSCI World geschlagen. „Der Wandelanleihe-Investor profitiert in Schwächephasen am Aktienmarkt von der wertsichernden Wirkung des Anleiheteils und erreichte somit in den letzten 16 Jahren eine klare Outperformance gegenüber Aktien“, bemerkt Frederik Hildner, Portfoliomanager aus dem Hause Salm-Salm & Partner. Der UBS Global Convertibles Index hat im Zeitraum 1997 bis 2013 eine Performance von über 200 % generiert.

Nischenmarkt. Der Markt für Wandelanleihen ist eine relativ kleine Nische. Das Segment hat sich allerdings in den zurückliegenden Monaten gut entwickelt, was nach Expertenmeinung auch mit dessen vormals starker Unterbewertung zu tun hat. „Das weltweite Volumen in Wandelanleihen belaufe sich auf etwa 500 Mrd. US-Dollar. Davon würden gut 200 Mrd. auf die USA und etwa 125 Mrd. auf Europa entfallen“, gab die Schweizer UBS unlängst bekannt. Für den Investmentprozess ist die fundierte Unternehmensanalyse von tragender Bedeutung. „Das Potenzial der Aktie, in die getauscht werden kann, ist ein wichtiger Gesichtspunkt. Genauso entscheidend ist jedoch die Kreditwürdigkeit des Unternehmens“, sagt Igor de Maack, Fondsmanager des DNCA Invest Convertibles. Auch für M&G-Experte Vinville sind dies die entscheidenden Aspekte. Wandelanleihen werden oft von Wachstumsfirmen begeben, und Asien ist natürlich die Wachstumsregion der Welt. Da liegt es nahe, dass viele asiatische Neuemissionen auf den Markt kommen. „Ich rechne aufgrund der Wachstumsstory in Asien und dem Kapitalbedarf der Unternehmen dort, dass Asien weiterhin sehr interessant bleibt für Wandelanleiheninvestoren“, meint Thoma vom Schweizer Wandlerspezialisten Fisch AM. Allerdings sollte der Investor sich jedoch vor Augen führen, dass asiatische Wandelanleihen in der Regel kein Rating aufweisen. Eine eigene Bilanzanalyse und Prüfung der Rückzahlungsfähigkeit ist damit zwingend erforderlich. Aber auch in Europa ist Bewegung im Spiel. Die Emission von Wandelanleihen in Europa hat in den ersten drei Monaten 2013 ein Rekordvolumen erreicht, natürlich gestützt von der Rallye an den Aktienmärkten. Anfang des Jahres haben die Air France-KLM Group als auch Eni SpA, italienischer Erdöl- und Energiekonzern, in Aktien wandelbare Anleihen an den Markt gebracht. Der Trend dürfte weitergehen, weil sich Unternehmen mit Wandelanleihen aktuell preiswert refinanzieren können. Wandelanleihenfonds haben nach Angaben des Branchenverbands BVI zu Jahresbeginn Zuflüsse generieren können. Dies geht über alle Sektoren, wie Branchenkenner feststellen. Salm-Salm-Experte Hildner präferiert auf dem asiatischen Kontinent Titel aus den Sektoren Technologie und Konsum, in den USA hat er ein Auge auf das Immobiliensegment geworfen. DNCA konzentriert sich ausschließlich auf Europa und folgt keinem Branchenansatz. Rückblickend lässt sich sagen, dass die vergleichsweise gute Performance gegenüber Aktien vor allem darin begründet war, dass die Kurse der Wandelanleihen sowohl nach dem Platzen der dot.com-Blase als auch infolge der jüngsten Finanzkrise weniger stark eingebrochen sind. Investoren konnten hier den Vorteil dieser Assetklasse ausspielen, ihre Wandelanleihe nicht in Aktien zu tauschen, sondern sich regelmäßige Zinsen gesichert zu haben und so das dem Unternehmen geliehene Geld am Ende der Laufzeit zurückzubekommen.

**Kurz und bündig

**Wandelanleihen sind festverzinsliche Wertpapiere eines börsennotierten Unternehmens, die in eine bestimmte Zahl von Aktien getauscht werden können. Verzichtet der Investor auf dieses Recht, wird die Wandelanleihe wie eine einfache Anleihe am Laufzeitende zum Nennwert zurückgezahlt. Klärungsbedarf besteht besonders hinsichtlich des Zeitpunkts des Wandlungsrechts als auch der genauen Wandlungsmodalitäten, d. h. zu welchem Preis kann der Anleger umtauschen und wie viele Aktien erhält er im Gegenzug dafür. Wegen der hohen Stückelung von in der Regel ab 50.000 Euro bietet sich der Einstieg über entsprechende Investmentfonds an, die breit diversifiziert über Regionen und Branchen streuen können. Aktien oder Renten? Berater können bei Gesprächen gezielt auf den Zwitter „Wandelanleihen“ hinweisen, da diese eine interessante Möglichkeit sind, um eventuelle Renditevorgaben zu erfüllen, ohne wesentlich höhere Risiken einzugehen. Da lohnt der Blick im Spektrum festverzinslicher Wertpapiere.

(Alexander Heftrich)

Fachmärkte - Printausgabe 03/2013

http://finanzwelt.de/wp-content/uploads/Uebersicht_ausgewaehlter_Wandlerfonds.pdf