Credimundi Länderblickpunkt

25.11.2015

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China: Steigende Risiken trotz großen Reformwillens Reformen sollen Legitimität der Regierung sichern

Der chinesische Präsident Xi Jinping setzt auf tiefgreifende Reformen gegen das korrupte politische und wirtschaftliche System im Reich der Mitte. Möglich ist dies vor allem durch seine gestärkte Position, denn in den zweieinhalb Jahren seiner Amtszeit gelang es dem Präsidenten, sämtliche Schlüsselfunktionen im Land unter seine Kontrolle zu bringen und die Rolle des Premierministers zu schwächen. Im Zuge seiner Antikorruptionskampagne wurden nicht nur Geschäftsleute, sondern auch zahlreiche hochrangige Parteifunktionäre der Regierungspartei zu Haftstrafen verurteilt. „Im Kampf gegen die Korruption geht es Jinping vor allem darum, das Vertrauen der Bevölkerung in die Kommunistische Partei Chinas zu stärken und so die Legitimität der Partei zu sichern. Denn die Chinesen beobachten das Treiben der erschreckend wohlhabenden Funktionäre schon lange mit Unmut“, sagt Christoph Witte, Deutschland-Direktor des belgischen Kreditversicherers Credimundi. Zudem gibt es in China soziale Spannungen, die unter anderem auf schlechte Arbeitsbedingungen und Einkommensungleichheit sowie Umweltschäden und Landenteignungen zurückzuführen sind. Doch auch hier reagiert Jinping, und zwar mit einer Reihe geplanter weiterer Reformen. Diese sehen beispielsweise die Anpassung von Sozialleistungen für Wanderarbeiter an das Niveau urbaner Regionen vor. Der grundsätzlichen innenpolitischen Stabilität Chinas steht allerdings eine Reihe von regionalen Konflikten, wie etwa ethnische Unruhen in Tibet und der autonomen Region Xinjiang, gegenüber. Und in Honkong kam es im Rahmen der sogenannten „Regenschirm-Revolution“, die für ein faires allgemeines Wahlrecht eintritt, zu zahlreichen Protesten gegen die pro-chinesische Regierung. Diese Ereignisse könnten auch ein potentieller Weckruf hinsichtlich der wachsenden Forderungen der chinesischen Mittelklasse nach Bürgerrechten und guter Regierungsführung sein. „Allerdings ist es eher unwahrscheinlich, dass sich die Proteste auf das chinesische Festland ausweiten“, sagt Witte.

Hohes wirtschaftliches Risiko – trotz vielversprechender Fundamentaldaten

China weist die weltweit größten Währungsreserven, eine positive Zahlungsbilanz und einen permanenten Leistungsbilanzüberschuss auf. Doch in Folge der Antikorruptionskampagne verlor die chinesische Wirtschaft, die über Jahrzehnte zweistellige Wachstumsraten vorweisen konnte, deutlich an Schwung. Zwischen 2012 und 2014 sank die Konjunktur auf durchschnittlich 7,6 Prozent und befindet sich derzeit auf einem 25-Jahres-Tief. „Tatsächlich könnte das Wachstum in den kommenden Jahren sogar noch stärker zurückgehen. Gleichzeitig steigen die Verbindlichkeiten: seit 2008 ist der Gesamtverschuldungsgrad der Volksrepublik von 150 Prozent des BIP auf 250 Prozent rapide angewachsen“, so Witte. Um hier entgegenzuwirken, muss insbesondere die kommunale Verschuldung in den Griff bekommen werden, denn diese liegt – gemessen am BIP – mehr als doppelt so hoch wie die der Zentralregierung. Darüber hinaus steigen die wirtschaftlichen Risiken. Die Abwertung des Renminbi im August, die als Unterstützung der chinesischen Ausfuhren dienen sollte, beschleunigte die Kapitalflucht von internationalen Banken und chinesischen Konzernen. Tatsächlich ist es nur eine Frage der Zeit, bis die Kapitalabflüsse an ausländischen Direktinvestitionen die Zuflüsse überwiegen. Branchenspezifisch beunruhigt vor allem die Abkühlung am chinesischen Immobilienmarkt, der 15 Prozent des BIP ausmacht und darüber hinaus mit anderen Sektoren verflochten ist. Denn aufgrund der hohen Verschuldung und der stark alternden Bevölkerung – bedingt durch die jahrzehntelange Ein-Kind-Politik der Regierung – sinkt die Nachfrage auf diesem Markt spürbar. Schon heute sind Millionen Wohneinheiten unverkauft. Und auch das ausufernde Schattenbanksystem, das ganze 35 Prozent des chinesischen BIP ausmacht und im Jahr 2014 für ein Fünftel aller Kreditvergaben verantwortlich war, stellt ein Risiko für die chinesische Wirtschaft dar. Staatliche Eingriffe zur Abwehr einer Krise sind daher zu erwarten. „Ein systematisches Rettungsprogramm für Staatsunternehmen ist jedoch zu teuer und deshalb dauerhaft nicht tragbar“, so Witte. Angesichts der steigenden Ausfallrisiken von Firmen in Sektoren mit Überkapazitäten – wie etwa der Stahl- oder Schiffbaubranche – ist eine der Optionen, auf die Peking zurückgreift, die Konsolidierung von Staatsunternehmen. Und zur Stabilisierung des Finanzmarktes ist zudem die Liberalisierung der Bankeinlagenzinsen geplant, die als Ursache exzessiver Aktieninvestitionen gelten.

Credimundi schätzt das politische Risiko Chinas als gering ein (1 bzw. 2 auf einer Skala von 1 bis 7). Das Geschäftsrisiko wird hingegen als hoch eingestuft (C auf einer Skala von A bis C).

Die Credendo Group ist der Name einer europäischen Versicherungsgruppe, die auf dem gesamten Kontinent in allen Bereichen der Kreditversicherung tätig ist und mit ihren Produkten weltweiten Versicherungsschutz bietet. Zur Gruppe gehören Delcredere | Ducroire, Credimundi, KUPEG, INGO-ONDD, Garant und Trade Credit. Im Jahr 2014 versicherte die Credendo Group Handelstransaktionen im Wert von 95 Milliarden Euro und fakturierte Prämien in Höhe von 371 Millionen Euro.

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