Chinesische Marken: Neue Lieblinge in der Heimat

16.02.2021

René Kerkhoff / Foto: © DJE

Ob schicke Sportschuhe, Babynahrung, Make-up oder luxuriöse Elektro-SUVs: Durch geschicktes Marketing, günstige Preise und nicht zuletzt durch den Appell an das Nationalgefühl machen chinesische Marken auf ihrem Heimatmarkt den globalen Anbietern ernstzunehmende Konkurrenz.

Nach Skandal – chinesische Produzenten gewinnen Konsumentenvertrauen

Im Jahr 2008 erschütterte ein Skandal um verseuchtes Milchpulver die jungen Eltern im Reich der Mitte. Mindestens sechs Babys starben – und etwa 300.000 wurden schwer krank, nachdem sie eine in China hergestellte Säuglingsnahrung getrunken hatten. Diese enthielt die giftige Industriechemikalie Melamin. Der Stoff, der einen höheren Eiweißgehalt der Kleinkindernahrung vortäuschen sollte, führte zu schweren Nierenerkrankungen. Das Vertrauen in chinesische Säuglingsnahrungshersteller war dadurch zutiefst gestört. Viele chinesische Eltern stiegen auf ausländische Marken um, deren Qualität als sicher galt. Als Reaktion auf den Eklat stellten mehrere Länder, darunter Singapur und Japan, den Import von chinesischer Milch ein. Die EU verschärfte das bereits bestehende Importverbot von Milch und Milchprodukten aus China. Die chinesische Regierung verhängte drastische Strafen über die Verantwortlichen und versicherte, zukünftig entschlossen gegen Probleme bei der Lebensmittelsicherheit vorzugehen.

Inzwischen hat sich die Lage gewandelt. Unter den chinesischen Milchpulverproduzenten hat es die China Feihe Ltd. aus Peking geschafft, das Verbrauchervertrauen zurückzugewinnen und ist seit zwei Jahren führender Anbieter für Babynahrung in China. Zu Beginn war der Erfolg wohl an eine Branding-Kampagne geknüpft, die eine ausländische Provenienz implizierte: Bis 2013 war Feihe als American Dairy Inc. an der New York Stock Exchange notiert. Nach der Rückkehr zu ihrem chinesischen Namen betont Feihe, die heimische Babynahrung habe die höchste Qualität in der Geschichte und sei vergleichbar mit der der führenden globalen Marken. Außerdem verspricht die Werbung, dass ihr Produkt besser auf die Bedürfnisse chinesischer Babys abgestimmt sei als ausländische Erzeugnisse.

Zunehmender Wettbewerbsdruck für globale Marktführer

Global führende Anbieter von Babynahrung wie Nestlé oder Danone sind auf dem chinesischen Markt mittlerweile einem höheren Konkurrenzdruck durch die lokalen Anbieter ausgesetzt als noch vor wenigen Jahren. Corona hat diese Entwicklung weiter beschleunigt. Im Verlauf der Pandemie hat die chinesische Regierung den sogenannten Daigou-Handel – das bedeutet eine Person außerhalb Chinas kauft Waren für eine in China lebende Person – massiv eingeschränkt. In der Folge konnten die hohen Wachstumsraten der Vergangenheit von Nestlé und Co. nicht gehalten werden. Die rückläufige Geburtenrate in China tat ihr Übriges.

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