Bundestagswahl: Kein Börsenspektakel

08.09.2017

Andreas Kern, Gründer und CEO der wikifolio Financial Technologies AG / Foto: © wikifolio

Die Bundestagswahl in gut zwei Wochen scheint für die Aktienmärkte nach jetzigem Stand zu einem „Non-Event“ zu werden. Zu unspektakulär sind die aktuellen Umfragen, die einen klaren Vorsprung der CDU/CSU anzeigen und eine Fortsetzung der Großen Koalition unter Angela Merkel als Bundeskanzlerin sehr wahrscheinlich machen.

Da die Börsen in der Regel keine Überraschungen mögen, dürfte ein „Weiter so“ keine größeren Kursturbulenzen auslösen. Die jüngsten Erfahrungen mit den Präsidentschaftswahlen in den USA und der Brexit-Abstimmung in Großbritannien haben aber gezeigt, dass die Demoskopen mit ihren Vorhersagen auch mal daneben liegen können. Die Ergebnisse einer Umfrage unter wikifolio-Tradern zeigen, was passieren könnte, wenn die Wahl anders ausgeht als vermutet.

Trader glauben an Merkel und hoffen auf die FDP

An einen Wechsel im Kanzleramt glaubt an der Börse zurzeit kaum jemand. 94 Prozent der befragten wikifolio-Trader sind überzeugt, dass Angela Merkel auch in den kommenden vier Jahren Deutschland regieren wird.

Während 37 Prozent von einer Großen Koalition ausgehen, rechnen fast 40 Prozent der Befragten für die kommenden Jahre mit einem Bündnis aus CDU/CSU und der FDP. Dieses Ergebnis deckt sich mit den Hoffnungen der meisten Trader. Auf die Frage nach der persönlichen Wunschregierung nennen 70 Prozent die FDP als Koalitionspartei. Mit großem Vorsprung (60 Prozent der Stimmen) vorne liegt hier eine schwarz-gelbe Koalition aus CDU/CSU und FDP.

Verbunden damit ist die Hoffnung, dass eine Regierungsbeteiligung der Liberalen für eine Belebung der heimischen Konjunktur sorgen wird. 77 Prozent der Trader gehen davon aus, dass „schwarz-gelb“ positive bis sehr positive Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft mit sich bringt. Damit wird der Wunschkoalition sogar ein stärkerer Stimulus auf die Konjunktur zugetraut als dies bei einer absoluten Mehrheit der CDU der Fall wäre. Hier rechnen „nur“ 57 Prozent der Befragten mit positiven bis sehr positiven Auswirkungen.

Auch die Börsenkurse sollten nach Meinung der Trader von einem Wechsel des CDU/CSU-Partners profitieren. 82 Prozent der Umfrageteilnehmer sind überzeugt, dass ein Einzug der FDP in die Regierung zu steigenden oder sogar stark steigenden Kursen am deutschen Aktienmarkt führen wird. Bei einer Fortsetzung der Großen Koalition hingegen sieht die große Mehrheit (jeweils rund 60 Prozent) kaum Auswirkungen auf Wirtschaft und Börsenkurse.

Bitte kein Linksbündnis

Ein gänzlich anderes Bild zeigt sich beim Blick auf die Erwartungen im Falle eines überraschenden Wechsels im Kanzleramt. Bei einer SPD/CDU/CSU-Regierung unter Martin Schulz rechnen 59 bzw. 72 Prozent der Trader mit negativen bis sehr negativen Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft bzw. die deutschen Aktien.

Noch Schlimmeres wird erwartet, wenn es zu einer rot-rot-grünen Koalition (SPD/Grünen/Linke) kommen sollte. Hier liegt die Quote der Pessimisten für Konjunktur und deutschen Aktienmarkt bei jeweils über 90 Prozent.

Die berühmten „kurzen Beine“ der Politik

Die tatsächlichen Sorgen vor einem solchen Szenario halten sich in Grenzen. Die Bundestagswahl spielt in Bezug auf die Anlageentscheidungen bei mehr als 90 Prozent der Trader nur eine geringe bis gar keine Rolle. Nach dem oft zitierten Motto „Politische Börsen haben kurze Beine“ planen daher auch rund 70 Prozent der Befragten keine speziellen Vorkehrungen für die Tage vor der Wahl. 18 Prozent erwägen eine Erhöhung der Cashquote in ihren wikifolios. Einige wenige Trader wollen sich mit Short-Produkten gegen etwaige Kursstürze absichern.

Kolumne von Andreas Kern, Gründer und CEO der wikifolio Financial Technologies AG