Blick auf die Notenbanken

14.12.2015

„Dont fight the Fed“, „Spekuliere nie gegen die Bundesbank“… es gibt zahlreiche Merksätze, die die Marktteilnehmer daran erinnern sollen, dass die Notenbanken ein ganz entscheidendes Wort auf den Finanzmärkten haben.

Sie bestimmen maßgeblich das Zinsniveau, die Kreditkonditionen und die Devisenkurse und verfolgen dabei ihre eigenen Ziele. Gewinne auf Kapitalanlagen gehören – wenn überhaupt – nur ganz am Rande dazu.

Die aktuellen Papiere aus den Investmenthäusern unterscheiden sich stark vom gewohnten: Wo normalerweise Innovationen, neue Märkte und daraus folgende Wachstumsaussichten beschrieben werden, findet man derzeit mehr oder weniger tiefsinnige Analysen der Geldpolitik: So heißt es etwa bei Fidelity: „Der Ausblick für Staatsanleihen im kommenden Jahr wird nicht nur durch die Fed, sondern auch durch die Politik der anderen Notenbanken bestimmt. Etwas anderes als ein langsames Herantasten an eine Normalisierung ist kaum vorstellbar. Behalten die Märkte Recht, wäre dies der bis dato langsamste Straffungszyklus.“ Auch bei Allianz Global Investors (AGI) stehen die Notenbanken im Fokus. Angelpunkt des Ausblicks und der Strategie ist die Schätzung, dass die G-3 Notenbanken zusammen mit der Bank of England 2016 frische Liquidität in einer Größenordnung um 14 % vom globalen BIP bereitstellen gegenüber einer „normalen“ Geldschöpfung von etwa 5 %. Bei BlackRock macht man sich schon Mitte des Jahres Gedanken über die Konsequenzen auseinanderstrebender Politiktrends in den USA und in UK einerseits und Europa, Japan und China andererseits. Letztere werden die Zinsen weiter senken (so in China) oder mindestens bis ins zweite Halbjahr hinein bei null halten und weiter zusätzliche Liquidität in die Märkte pumpen. Von den Angelsachsen wird dagegen eine langsame Straffung mit ersten Zinserhöhungen erwartet, die auf die globalen Märkte insgesamt ausstrahlen und für steigende Zinsen auch andernorts sorgen.

Die Anlagestrategien müssen auf dieses Umfeld abgestimmt werden.

Die Folgerungen sind sich allenthalben ziemlich ähnlich und wenig verschieden von dem, was bisher auf den Empfehlungslisten zu finden war. Aktien bleiben im Fokus der Investmentstrategen. Sie profitieren von der mehr (USA) oder weniger (Eurozone, Japan) starken Erholung in den Industrieländern, die unisono erwartet wird. Bei Fidelity findet sich dazu die klare Aussage, dass der Aktienausblick für 2016 besser ist als zu Beginn dieses Jahres. Die Fidelity-Strategen sehen sogar schon wieder erste Chancen bei den letzthin stark gebeutelten Börsen der Emerging Markets. Im Vorfeld der erwarteten Zinssteigerungen in den USA hatten diese Märkte deutliche Abflüsse hinnehmen müssen, die das Kursniveau stark gedrückt haben. Mittlerweile lohnt es sich aus Sicht von Fidelity, in diesen Märkten auf Schnäppchenjagd zu gehen. Bei den BlackRock-Analysten findet sich dazu allerdings eine bedenkenswerte Einschränkung: Bei der Anlage in den Emerging Markets sollte das Länderrisiko stärker beachtet werden, vor allem die Wettbewerbsposition im internationalen Handel. Denn laufende Defizite gegenüber dem Ausland schaffen durch steigende Zinsen höhere Finanzierungslasten und gehen zugleich auch stärker in die Bewertung ein in Form wachsender Risikoprämien, was auf die Devisenkurse drückt. So ergibt sich eine klare Präferenz für die exportstarken Staaten wie Südostasien oder Mexiko, während notorische Defizitfälle wie Brasilien oder die Türkei kritischer betrachtet werden.

Der Schwerpunkt der Aktienempfehlungen liegt eher bei denetablierten Industrieländern.

Bei dem Empfehlungen der AGI ist dabei eine interessante Differenzierung zu erkennen: Man erwartet für die USA Vorteile durch eine Value Strategie, die auf gute Fundamentaldaten baut und in erster Linie auf die großen „Blue Chips“ setzt. Demgegenüber könnten sich auf den Märkten Japans und der Eurozone eher auf den Konjunkturzyklus ausgerichtete und reine Momentum-Strategien bewähren, die von der expansiven Geldpolitik profitieren. Momentum-Strategien setzen sehr kurzfristig auf Gewinner nach der Regel „Was heute zu steigen beginnt, wird weiter steigen“. Der aktuelle Investmentausblick der AGI stellt zudem noch einmal heraus, dass die durchschnittliche Dividendenrendite der Aktien aus der Eurozone mit etwa 4 % Welten entfernt von den Renditen der langlaufenden Staatsanleihen liegt.

Bei den Anleihen selbst gibt es wenig Überraschendes zu berichten.

„Mehr Mut für mehr Rendite“ empfiehlt etwa die DWS. Die Investmentstrategen sind sich einig, dass Unternehmensanleihen aus den Industrieländern zusammen mit den so genannten Hartwährungsanleihen gut aufgestellter Emerging Markets den Schwerpunkt des Anleiheportfolios bilden sollten. Nur selten dürften die höheren Renditen der lokalen Währungen ein ausreichendes Polster bieten, um die deutlich gewachsenen Währungsrisiken aufzufangen. Diese Konstellation auf den wichtigsten Märkten legt nahe, auch weiterhin auf Multi Asset-Anlagen zu setzen, die etwa beim Ausblick der AGI berücksichtigt sind. Hier werden auch die gewachsenen Risiken angesprochen zusammen mit der grundlegenden Empfehlung, die Portfolios stärker auf Sicherheit orientiert auszurichten. Vor allem bei den Emerging Markets hat sich nach AGI-Ansicht das Verhältnis von Chancen zu Risiken verschlechtert. Das ist eng mit dem zweiten schwächeren Markt verbunden, auch Rohstoffe werden kritischer gesehen. Hier schlägt der Boom der letzten Jahre zurück: Die Kapazitäten wurden stark ausgebaut, die Nachfrage kommt derzeit nicht mit. Und selbst bei den Immobilien stehen die Notenbanken im Fokus: Steigende Zinsen drücken allemal deutlich auf die Immobilienpreise so dass für die Strategen bei AGI klar ist, dass auch REIT-Anteile in den Portfolios eher heruntergefahren werden sollten. Statt Immobilien bleibt allerdings auch Gold als mögliche Sicherheitskomponente (s. hierzu auch das Expertengespräch „Investmentfonds“, finanzwelt extra in dieser Ausgabe). (mk)

Printausgabe 06/2015