Beruhigende Gewöhnung

01.03.2017

Michael Beck, Leiter Asset Management Ellwanger & Geiger / Foto: © Ellwanger & Geiger

Und wieder war es der 45. US-Präsident Donald Trump, der die Märkte in Atem hielt. Die ganze Welt wartete auf seine erste Rede vor dem Kongress und fürchtete sich vor einem Ausverkauf der Aktienmärkte, falls er die hohen im Vorfeld aufgebauten Erwartungen enttäuschen sollte. Nun gab sich der US-Präsident eher versöhnlich, wiederholte zwar seine Punkte, die er abzuhaken gedenkt, blieb aber letztendlich Details zu seiner „phänomenalen“ Steuerreform und dem geplanten Infrastrukturprogramm schuldig. Die internationalen Finanzmärkte bleiben ruhig, denn offensichtlich hat man sich an die neue Situation gewöhnt. Nach wie vor überwiegen die erhofften konjunkturellen Impulse die demokratischen Mängel in der Vorgehensweise und dem Verhältnis der neuen US-Regierung zur Presse.

Flankiert wird die gute Stimmung durch gute Wirtschaftsdaten aus dem Wirtschaftsraum, der durch eine stark protektionistische US-Politik am stärksten leiden würde – Europa. Der „Economic Sentiment Indicator (ESI)“ markierte ein Sechsjahreshoch und die Kreditvergabe erholte sich in Europa weiter. Auch dies ist wohl einigen Gewöhnungseffekten geschuldet. Die Krise in Griechenland, Italien und Portugal wird schon gelöst werden (Frage ist, wann?) und das Brexit-Thema schlummert ebenfalls vor sich hin. Zurzeit schürt die Diskussion um ein zweites Unabhängigkeitsreferendum in Schottland die Nervosität und lässt das Pfund gegenüber dem Euro schwächer tendieren. Aber der Austritt kommt ja eh frühestens in zwei Jahren, also freut man sich an den nach wie vor stabilen Wirtschaftsdaten. Und das trotz des Brexit. An die realen Auswirkungen kann man sich ja noch in zwei bis drei Jahren gewöhnen.

Die Mehrzahl der Investoren jedenfalls freut sich über die Ruhe an den Märkten und kauft günstig bewertete Aktienwerte. Zumindest verkauft niemand seine Positionen. Angesichts der nach wie vor fehlenden Alternativen überrascht dies kaum.

Marktkommentar von Michael Beck, Leiter Asset Management bei Ellwanger & Geiger