Berater gefragt

20.02.2020

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Sie waren einmal das Highlight bei Einstellungsgesprächen und Vertragsverhandlungen. Mittlerweile scheinen Vermögenswirksame Leistungen jedoch für Millionen deutsche Beschäftigte ein Relikt aus vergangenen Zeiten zu sein – quasi Peanuts. Anders lässt sich kaum erklären, was eine Studie aufgedeckt hat. Das ist fatal, denn sie können durchaus die Rendite der betrieblichen Altersversorgung auf die Spitze treiben und ein wesentlicher Bestandteil finanzieller Alterssicherung sein.

Kaum jemand kann sich noch so richtig an die Anfänge erinnern, reichen sie doch zurück in die Jahre des deutschen Wirtschaftswunders. Am Anfang stand das 312-Mark-Gesetz nach dem 1. Vermögensbildungs-Gesetz (1. VermBG), dann kam das 624-Mark-Gesetz (2. VermBG) und schließlich das 936-Mark-Gesetz (4. VermBG). Mit Vermögenswirksamen Leistungen wollte der Staat die Vermögensbildung in den Händen der Arbeitnehmer unterstützen. Ob diese die Förderung mittlerweile als Peanuts betrachten, steht dahin. Tatsache ist jedenfalls: Mehr als 20 Mio. Arbeitnehmern stehen in Deutschland Vermögenswirksame Leistungen (VWL) zu. Doch mehr als ein Drittel verzichtet darauf und verschenkt so Ansprüche in Milliardenhöhe. Laut einer vom Deutschen Institut für Altersvorsorge veröffentlichten Analyse nutzen lediglich rund 13 Mio. Beschäftigte ihren Anspruch auf solche VWL-Leistungen. Sieben Mio. Deutsche verzichten hingegen darauf und lassen die Möglichkeit ungenutzt, dieses Geld z. B. für die Altersvorsorge einzusetzen – beispielsweise auch für den Aufbau einer Betriebsrente im Rahmen der bAV. Ein Regionalatlas „Vermögenswirksame Leistungen“ des Finanzdienstleisters ebase verdeutlicht, dass auf diesem Weg ein Milliardenbetrag für die individuelle Vorsorge verlorengeht.

Laut Professor Jens Kleine vom CFin – Research Center for Financial Services in München summieren sich die bundesweit nicht abgerufenen Ansprüche auf insgesamt über 1,6 Mrd. Euro jährlich. Dabei zeigt sich ebenfalls, dass es regional Unterschiede gibt. So lassen sich vor allem Arbeitnehmer in den alten Bundesländern die mit den VWL verbundenen Chancen entgehen. Den Ergebnissen dieser Studie zufolge verfallen dort jährlich fast 1,4 Mrd. Euro. Selbst unter Berücksichtigung der jeweiligen Bevölkerungszahlen werden dort Vermögenswirksame Leistungen intensiver für verschiedene Ansparprodukte eingesetzt. Markante Unterschiede lassen sich auch zwischen den einzelnen Bundesländern erkennen. Wobei sich in bevölkerungsreichen Bundesländern mit hoher Arbeitnehmerdichte wie in NRW, Baden-Württemberg oder Bayern summarisch die nicht realisierten VL-Ansprüche deutlich von anderen Bundesländern abheben. Die Studie lässt allerdings die Frage unbeantwortet, warum die Vermögenswirksamen Leistungen nicht abgerufen werden. Möglicherweise sehen viele Anspruchsberechtigte die VL-Beträge zwischen 6,65 bis 40 Euro im Monat als zu gering an.

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