Asset Allokation nach dem Brexit: Was Anleger beachten sollten

27.06.2016

Lukas Daalder

Das Brexit-Votum hat den Finanzmärkten den größten Schock seit der Finanzkrise von 2008 versetzt. Nun stehen ihnen Monate der Unsicherheit bevor, sagen Robecos Portfoliomanager der großen Anlageklassen Anleihen und Aktien und erläutern ihre Asset Allokation.

In einem historischen Referendum hat Großbritannien mit 52 % zu 48 % für den Brexit gestimmt und damit den britischen Premierminister zum Rücktritt veranlasst. Angesichts der Sorge, wie sich der britische Außenhandel nach Verlassen des Binnenmarkts entwickeln wird, einer möglichen Rezession, jahrelanger Auseinandersetzungen und Unsicherheit fiel das Pfund nach der Nachricht gegenüber dem US-Dollar auf seinen niedrigsten Wert seit 1985. Bis 8 Uhr Londoner Zeit hatte das Pfund am Freitag gegenüber dem US-Dollar um 8 % auf 1,33 US-Dollar und gegenüber dem Euro um mehr als 7 % auf 1,21 Euro abgewertet. Die Rendite auf 10-jährige britische Staatsanleihen fiel um 30 Basispunkte, und der FTSE 100 verlor bei Öffnung der Börsen 9 %. Korrektur an den Märkten „Die Märkte hatten einen Sieg der Befürworter eines EU-Verbleibs erwartet, so dass das Ergebnis eine böse Überraschung ist”, sagt Lukas Daalder, Chief Investment Officer von Robeco Investment Solutions. „Das wird in den nächsten Tagen und Wochen zu sehr viel Volatilität und Unsicherheit führen, wobei zunächst der Druck, Risiken abzubauen, vorherrschen wird. Statt auf kurzfristige Volatilität konzentrieren wir uns lieber auf die Folgen des Brexit-Votums, wenn die Situation klarer wird. Eine Rezession in Großbritannien erscheint wahrscheinlich, weil die Investitionen zurückgehen und die Unsicherheit die Konsumausgaben dämpfen wird. Was Europa angeht, hängt viel davon ab, ob die ‚Zerfallkräfte’ zunehmen und welche negativen Auswirkungen vom Erzeugervertrauen ausgehen. Am wahrscheinlichsten ist eine Wachstumsabschwächung, aber keine Rezession. In den USA sollten sich die Auswirkungen des Brexit-Votums in Grenzen halten.” „Ausgehend von diesen Annahmen ist nach unserer Einschätzung eine mittelfristige Korrektur der europäischen Aktienkurse um 10 % zu erwarten und eine Abwertung des Pfunds gegenüber dem US-Dollar in der Größenordnung von 15 % wahrscheinlich. Auf kurze Sicht werden die Märkte aber sicherlich darüber hinausschießen. Trotz der Niedrigzinsphase erwarten wir, dass Staatsanleihen erneut als sicherer Hafen fungieren und dass die Kreditrisikoaufschläge zunehmen werden. Wir streben eine Reduzierung dieser Risikoposition an, aber nicht um jeden Preis. Die Märkte können und werden über das Ziel hinausschießen, und man sollte deshalb nicht um jeden Preis verkaufen. In Bezug auf den Risikogehalt haben wir in unseren Portfolios immer noch eine leichte Übergewichtung, die aber durch eine Leerposition im Pfund Sterling abgesichert ist. Insgesamt erwarten wir verhaltene Auswirkungen auf unsere Multi-Asset-Portfolios.” Mögliche Ansteckungsgefahr für EU-Länder „Die Rentenmärkte werden ihre Aufmerksamkeit darauf richten, ob sich andere EU-Länder vom Brexit-Votum anstecken lassen“, meint Kommer van Trigt, Portfoliomanager des Robeco Global Total Return Bond Fund und Leiter des Bereichs Global Fixed Income Macro. „Die Märkte reagieren heftig auf das Pro-Brexit-Votum der Briten: Die Renditen auf Staatsanleihen sind gefallen und die Kreditrisikoaufschläge gestiegen. Und das Pfund erlebt seine stärkste Abwertung seit 30 Jahren”, stellt van Trigt fest. „Die entscheidende Frage lautet, wie sich der Brexit auf die politische Landschaft in Europa auswirken wird. Welches Land wird das nächste sein? Wie beeinflusst der Brexit die bevorstehenden Wahlen in Spanien?” Und weiter: „Von der Europäischen Zentralbank (EZB) und der US-Notenbank Fed wird es sehr wahrscheinlich Stellungnahmen und Maßnahmen zur Unterstützung der Märkte geben. Da die EZB bereits an den Märkten aktiv ist, erwarten wir keine Neuauflage der Staatsschuldenkrise von 2011/2012. Eine Schwäche in den Peripherieländern wird dadurch aber nicht ausgeschlossen.” Van Trigt analysiert mit Blick auf sein Portfolio: „Der Global Total Return Bond Fund ist im Hinblick auf flachere Zinsstrukturkurven positioniert. Die Renditen auf Staatsanleihen aus Industrieländern schrumpfen, und wir gehen davon aus, dass sich dies positiv auf den Fonds auswirken wird. Dieser hat eine Präferenz für nachrangige Anleihen von Banken, darunter einige britische Kreditinstitute. Diese Positionen sind unter Druck geraten. Wir glauben aber nicht, dass britische Banken ernsthafte Probleme bei der Refinanzierung bekommen werden. Der Fonds enthält keine Staatspapiere aus Peripherieländern, was seine Performance insgesamt positiv beeinflussen sollte.”