And the Oscar goes to – Welche Rolle spielen Sie eigentlich in Ihrem Leben?

05.12.2018

Sven Späth / Foto: © TPV Unternehmensberatung

Kennen Sie das, wenn sich das Jahr dem Ende neigt und die Menschen auf den letzten Drücker versuchen, ihr Leben auf die Reihe zu bekommen? Ordnung zu schaffen, Bilanz zu ziehen, nur um dann wiederum ernüchtert festzustellen, dass ein weiteres Jahr ins Land gezogen ist und wir unsere guten Absichten bereits im Januar wieder über Bord geworfen haben?

Und dann sagen wir uns, dass nächstes Jahr besser wird, dass wir einfach zu viel um die Ohren hatten, dass andere nicht so funktioniert haben wie wir es wollten, dass wir mit Arbeit überschüttet wurden, usw. Kurz gesagt, wir suchen bei allen anderen die Schuld außer bei uns. Wir sehen uns quasi als Opfer des Lebens und schieben alles auf die Umstände. Wie wäre es, zur Abwechslung mal die Nebenrolle zu verlassen und stattdessen die Hauptrolle in Ihrer eigenen Geschichte zu spielen? Die Rolle, um die sich alles dreht, die Rolle, die den Handlungsverlauf beeinflusst, gestaltet und verändert. Quasi der Superstar in Ihrem eigenen Film. Aktion statt Reaktion. Wann haben Sie sich dazu entschlossen, nur die Nebenrolle in Ihrem eigenen Leben zu spielen und andere für die Hauptrolle zu besetzen?

Danny dachte nach. Bereits seit gestern Abend trieben ihn diese Gedanken umher. Machte er dieselben Fehler und suchte die Schuld zu oft bei anderen? Sah er sich ebenso immer noch zu häufig in der Opferrolle??

Frau Schneider war ein Paradebeispiel für genau eben solche Menschen gewesen, die sich stets als Opfer des Lebens sahen. Jedes Mal wenn sie sich trafen, klagte sie über neue Probleme, für die sie nichts könne. Ihr Chef honoriere ihre Leistung nicht. Das Geld lange hinten und vorne nicht. Sie habe keine Möglichkeit aufzusteigen. Trotzdem besaß sie sämtliche Abos für Streamingdienste und jedes Mal, wenn Danny zu Besuch war, sah er neue kostspielige Anschaffungen in der Wohnung.

„Man muss sich schließlich für das harte Leben, dass man führt, belohnen“, wie Frau Schneider stets betonte.

„Und das tust du am Besten, indem du alles in Großkonzerne investierst, anstatt dich selbst zu bezahlen und dir ein Vermögen aufzubauen, wie ich es dir seit Ewigkeiten predige.“ Danny schüttelte den Kopf.

Wo sollte das hinführen? Fakt war, dass  diese Besuche aber auch stets etwas Gutes hatten. Zeigten sie ihm doch jedes Mal erneut und schonungslos auf, wie er sein Leben definitiv nicht führen wollte. Als immer klagendes Opfer.

Und das vor Allem eins zählte: DANKBARKEIT.

Für die Luft zum Atmen, seine Beine, die ihn trugen, wohin er wollte, seine Augen die ihm Orientierung gaben, sein Herz, dass jeden Tag gesund und kräftig beste Arbeit leistete. Seine Familie, die ihn liebte, seinen Job, den er mit Leidenschaft ausübte. Diese Erkenntnis war jedes Mal Balsam und holte ihn auf den Boden der Tatsachen zurück.

„Frau Schneider, ich habe sie verstanden. Sie fühlen sich ungerecht behandelt von ihrem Chef“, unterbrach Danny den nicht enden wollenden Monolog von Weinerlichkeit und Selbstbedauern.

„Sie haben mir aber auch erzählt, dass sie häufig krank wären, stimmt das? Wenn ja, ist es für ihren Chef natürlich schwierig, sie als zuverlässig zu bewerten, wenn er ihren Ausfall ständig kompensieren muss. Das ist mehr als hinderlich für eine Beförderung wenn sie nicht konstant Leistung bringen.“

Frau Schneider erstarrte. Solcherlei Kritik war sie nicht gewohnt.

Ein unangenehmes Schweigen erfüllte den Raum. Danny fuhr fort.

"Wie oft waren sie denn krank im letzten halben Jahr?"

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