Am Ende alles gut

25.02.2020

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Vorne Beiträge zur Krankenversicherung sparen – und im Alter dann doch bezahlen. Dieses Prinzip hat den Vertriebserfolg der betrieblichen Altersversorgung über viele Jahre hinweg deutlich geschmälert. Jetzt hat die Politik jedoch eine Kehrtwende vollzogen. Zum Jahresanfang ist eine deutliche Besserstellung von Millionen Betriebsrentnern erfolgt. Und die gilt auch bei einmaligen Auszahlungen.

Zu Anfang dieses Jahres sind alle Betriebsrentnerinnen und -rentner bei der gesetzlichen Krankenversicherung entlastet worden. Sie müssen seitdem nur noch für den Teil ihrer Betriebsrente Beiträge zahlen, der über dem Freibetrag von 159 Euro liegt. Rund vier Millionen gesetzlich krankenversicherte Betriebsrentnerinnen und -rentner profitieren von der Einführung eines Freibetrags. Sie zahlen nur noch für die Einkünfte aus der betrieblichen Altersvorsorge Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung, die den dynamischen Freibetrag von zunächst 159 Euro im Monat übersteigen. Rentnerinnen und Rentner mit kleinen Betriebsrenten zahlen damit seit Jahresbeginn gar keine Beiträge mehr, für andere hat sich der Beitragssatz halbiert. Auch wer eine höhere Betriebsrente bezieht, wird spürbar entlastet und spart rund 300 Euro jährlich. Ganz konkret heißt das: Wer 169 Euro im Monat Betriebsrente bekommt, zahlt nur noch auf 10 Euro Kassenbeiträge. Der Freibetrag gilt gleichermaßen für monatliche Zahlungen wie für einmalige Kapitalauszahlungen. In der sozialen Pflegeversicherung hat sich nichts geändert. In den vergangenen Jahrzehnten hat sich die betriebliche Altersvorsorge zu einer wichtigen Säule der Absicherung des Lebensstandards im Alter entwickelt. Mit dem Gesetz will die Bundesregierung das Vertrauen in die betriebliche Altersvorsorge stärken. Besonders junge Beschäftigte sollen motiviert werden, eine Betriebsrente aufzubauen. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn sagte anlässlich der Verabschiedung des Gesetzes: „Wer zusätzlich fürs Alter vorsorgt, soll nicht dafür bestraft werden. Deshalb senken wir die Kassenbeiträge auf Betriebsrenten spürbar. Etwa ein Drittel der Betriebsrentnerinnen und Betriebsrentner mit kleinen Betriebsrenten zahlt weiterhin gar keinen Beitrag, ein weiteres knappes Drittel zahlt maximal den halben Beitrag. Auch Bezieher höherer Betriebsrenten werden spürbar entlastet. Wir stärken die betriebliche Altersvorsorge und machen sie attraktiver für die jüngeren Generationen.“

Die langen Wege der Politik

Dass es sich hierbei nicht nur um fiktive Berechnungen, sondern um einen echten Renditevorteil handelt, erläutert Fabian von Löbbecke, Vorstandsvorsitzender von HDI Pensionsmanagement und im Vorstand der HDI Lebensversicherung AG für bAV verantwortlich: „Die Reform von § 226 Abs. 2 Sozialgesetzbuch (SGB) V ist überhaupt nicht theoretisch. Mehr noch: Der Freibetrag ist dynamisch, weil er sich prozentual von der sogenannten Bezugsgröße nach § 18 SGB IV West berechnet, die jährlich steigt.“ Er nennt ein Beispiel: Angenommen, ein Rentner aus München ist bei der AOK Bayern versichert, die inklusive Zusatzbeitrag einen Beitragssatz von 15,7 % erhebt. Dieser Rentner bekommt künftig jeden Monat rund 25 Euro mehr überwiesen als vor der Reform. Gerade für Bezieher niedrigerer Einkommen sei dies ein nennenswerter Betrag. Dr. Henriette Meissner, Geschäftsführerin der Stuttgarter Vorsorge-Management GmbH und Generalbevollmächtigte für die bAV der Stuttgarter Lebensversicherung a. G., sieht das ähnlich: „Durch einen echten zusätzlichen Freibetrag kommt es zu einer festen Entlastung für die Betriebsrentner. Wie viel das im Einzelfall in Prozent ausmacht, hängt von der Höhe der Betriebsrente ab.“ Dabei reduziere sich mit steigender betrieblicher Rente der prozentuale Entlastungsbetrag. Für rund 60 % der betroffenen Betriebsrentnerinnen und -rentner (ca. 4 Mio.) bedeute dies, dass ihre Krankenversicherungsbeiträge durch den Freibetrag mindestens halbiert würden. Es stellt sich natürlich die Frage, warum hat es so lange bis zu diesem Schritt gedauert? Schließlich wurde die nachträgliche Beitragszahlung schon lange von allen Seiten kritisiert. Dr. Meissner erklärt dazu gegenüber finanzwelt: „Sie haben Recht, die Forderung nach einer Entlastung bestand schon lange und wurde von Interessengemeinschaften wie Verbänden regelmäßig platziert. Sehen wir es positiv: Gut Ding will manchmal Weile haben – auch in der Politik. Und nach dem Inkrafttreten des Betriebsrentenstärkungsgesetzes zum 01.11.2018 hat es gar nicht mehr so lange gedauert, um ein weiteres Hemmnis wie die Verbeitragung von Betriebsrenten abzubauen.“ Das sieht letztlich auch von Löbbecke so: „Das liegt an den politischen Entscheidungsprozessen in Deutschland. Unser demokratisches System ist ja auf Konsensfindung ausgerichtet. Der Vorteil ist, dass viele Interessen berücksichtigt, abgewogen und einbezogen werden, bevor eine Entscheidung fällt. Diese Abstimmung nimmt Zeit in Anspruch. Damit müssen wir leben.“ (hdm)

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