Aktuare für neues Garantiezinsmodell

07.02.2013

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Die Deutsche Aktuarvereinigung (DAV) hat auf ihrer Jahrestagung in Stuttgart ein neues Modell für Garantiezinsen vorgestellt. Lebensversicherer können damit den Garantiezins nach den Regeln der neuen Eigenkapitalrichtlinie Solvency II flexibler gestalten. Der Preis dafür ist eine stärkere Differenzierung im Angebot und weniger Vergleichbarkeit der Tarifangebote.

(fw/db) Die Deutsche Aktuarvereinigung (DAV) ist die berufsständische Vertretung der Mathematiker in der Versicherungs- und Finanzbranche. Die DAV hat derzeit 3.800 Mitglieder, 1.150 nahmen an der diesjährigen Mitgliederversammlung vom 25.-27.April in Stuttgart teil.

Für die DAV präsentiert Dr. Markus Faulhaber, ab Juni 2012 neuer Vorstandsvorsitzender der Allianz Lebensversicherung AG, ein neues zweistufiges Modell für den Höchstrechnungszins. Künftig soll für die ersten 15 Jahre der Laufzeit der Ansatz von Solvency II für kürzere Laufzeiten angewandt werden und ein "Initialzins" an den vorhandenen Marktdaten orientiert werden. Für die Folgejahre und längere Laufzeiten, wo zuverlässige Marktdaten fehlen, wird ein ökonomisch fundierter "Finalzins" angesetzt. Im Gegensatz zur Solvency II-Zinsstrukturkurve, die eine bessere Schätzung darstelle, wird der neue Höchstrechnungszins dem Vorsichtsprinzip des HGB entsprechend mit ausreichend Sicherheitsmargen versehen.

Dr. Michael Renz, Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Versicherungs- und Finanzmathematik (DGVFM), erläutert: "Der Garantiezins ist künftig ein Mischwert aus Initialzins und Finalzins."

Bei Lebensversicherungstarifen mit spezifischem und effektivem Risikomanagement soll an Stelle der Bewertung mit einem Rechnungszins, die Bildung von Bewertungseinheiten zwischen Aktiv- und Passivseite der Bilanz zugelassen werden, schlagen die Aktuare vor.

Auf diese Weise könne die Finanz- und Ertragslage auch bei neuartigen Garantieprodukten, bei denen die Bewertung mit einem festen Rechnungszins ein stark verzerrtes Bild ergeben würde, den tatsächlichen Verhältnissen entsprechend abgebildet werden.

Die neuen Modelle der DAV verbinden die Beibehaltung der jahrzehntelang bewährten Vorteile eines Höchstrechnungszinses mit der Einführung einer sachgerechten am HGB orientierten Abbildung neuer Produkte und Tarife in der Lebensversicherung.

Professor Dr. Klaus Heubeck, Vorsitzender des Instituts der Versicherungsmathematischen Sachverständigen für Altersversorgung (IVS), kommentierte: "Das neue System ist sicherer für den Kunden als in der Vergangenheit, wenn alle im Markt richtig reagieren. Die Differenzierung im Angebot wird zunehmen und die Vergleiche von Tarifen wird schwerer."

Das Thema ist nicht nur von akademischem Interesse. "Das Modell führt dazu, dass es im Markt unterschiedliche Garantien geben wird", sagte Heubeck. Für Anleger würde der Markt deutlich an Transparenz verlieren. Schon jetzt ist es für Laien so gut wie unmöglich, Angebote wirklich zu vergleichen. Auch heute dürfen die Lebensversicherer Verträge ohne oder mit einer geringeren Garantie verkaufen. Aus Wettbewerbsgründen geschieht das aber nicht.

Fazit: Gute Zeiten für qualifizierte Berater und schwere Zeiten für Versicherungstester, da die stärkere Differenzierung einfache und verständliche Vergleiche der Produkte verhindert.

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