Aktienrückkäufe sind ein Warnsignal

24.04.2018

Dr. Marc-Oliver Lux, Geschäftsführer Dr. Lux & Präuner GmbH & Co. KG in München / Foto: © Dr. Lux & Präuner

Dieses Jahr wird den USA einen Rekord bei den Aktienrückkäufen bescheren, und das ist nicht unbedingt eine gute Nachricht. 2018 werden die amerikanischen Unternehmen voraussichtlich 800 Milliarden Dollar dafür ausgeben, ihre eigenen Aktien zu erwerben. Im vergangenen Jahr waren es noch 520 Milliarden Dollar.

Während Analysten jubeln und die „Kurspflege“ loben, könnten die Aktienrückkäufe für langfristig orientierte Aktionäre ein Alarmsignal sein. Denn die Rückkäufe sind ein Indiz dafür, dass es den Manager an Ideen fehlt, was sie mit dem Geld sonst anfangen können, oder dass sie nur den eigenen Bonus im Kopf haben, der sich am Aktienkurs orientiert.

Wenn Unternehmen mit ihrem Geld Aktien zurückkaufen, verringern Sie damit die Zahl ihrer Anteilscheine. Das bedeutet: auch bei geringerer Nachfrage von Seiten der Anleger bleiben die Kurse oben. Der hohe Aktienkurs ist also kein Spiegelbild der gesunden Verfassung des Unternehmens, sondern das Ergebnis eines künstlich verknappten Angebots an Aktien.

Viele Analysten mögen solche Aktienrückkäufe. Sie weisen darauf hin, dass die Unternehmen damit auch eine mangelnde Nachfrage von Seiten der Aktienfonds ausgleichen. Wenn man als Aktionär so etwas liest, sollte man erst recht aufschrecken. Bedeutet es doch, dass die Fonds nicht investieren wollen und dass folglich die Aktien und die dahinter stehenden Unternehmen gar nicht so begehrenswert sind, wie der Börsenkurs vorgaukelt.

Tatsächlich sind Aktienrückkäufe oft ein Armutszeugnis der Unternehmen. Sie zeigen, dass dem Management nichts Besseres einfällt, was es mit dem Geld machen könnte: neue Werke bauen, neue Technologien entwickeln, neue Märkte erobern. Ein Blick in die Vergangenheit zeigt, dass Unternehmen die überdurchschnittlich viele Aktien zurückgekauft hatten, letztlich enorme Probleme bekamen, weil sie das Geld eben nicht in zukunftsträchtige Technologien, Produkte oder Märkte gesteckt hatten.

Solche gefallenen Sterne zeigen, was passiert, wenn man sich zu sehr um die Kurspflege kümmert und das eigentliche Geschäft vernachlässigt: General Electric gehört zu den ganz großen Rückkäufern, ebenso wie IBM, Nokia, Motorola und BlackBerry. Bezeichnenderweise sind sie alle heute nur noch ein Schatten ihrer selbst.

Manchmal gibt es auch absurde Auswüchse, wenn Unternehmen sogar mehr für den Rückkauf der Aktien ausgeben, als sie an Gewinn erwirtschaftet haben. So hat Hewlett-Packard zwischen 2007 und 2016 insgesamt 57 Milliarden US-Dollar für Rückkäufe ausgegeben, obwohl der Konzern im selben Zeitraum nur 44 Milliarden Dollar Gewinn gemacht hat.

Dass es gerade 2018 in den USA zu einem neuen Rekord bei den Aktienrückkäufen kommt, liegt natürlich mal wieder vor allem an Trump: mit der Senkung der Unternehmenssteuern und den steuerlichen Anreizen, im Ausland gehortetes Kapital zurückzuführen, kommt auf die amerikanischen Unternehmen ein Milliardensegen zu. Die Schätzungen für die eingesparten Unternehmenssteuern liegen bei insgesamt 1,5 Billionen US-Dollar, die für das zurückkehrende Kapital bei insgesamt bis zu zwei Billionen Dollar.

Die Unternehmen haben also ein einmaliges Luxus-Problem: Sie haben zu viel Geld auf einmal. Und nicht alle Unternehmen sind in der Lage, dieses Geld in Investitionsprojekte zu stecken, die sich auch langfristig rechnen. Die Folge: Trumps Steuergeschenke kreieren nicht nur „Jobs, Jobs, Jobs“, wie vom Präsidenten prophezeit, sondern vor allem „Geld, Geld, Geld“ für Aktionäre.

Auch dazu gibt es Erfahrungen aus der Vergangenheit: 2005 hatte George W. Bush dafür gesorgt, dass Kapital aus dem Ausland zurückkehrte. Ein großer Teil des Geldes floss in Aktienrückkäufe. Und das, obwohl die damalige Regierung Rückkäufe mit dem heimgeholten Kapital sogar verboten hatte. Aber die Unternehmen verbuchten schlicht das neu gewonnene Kapital für schon länger geplante Investitionen und hatten damit anderes Kapital frei, um ihre eigenen Aktien zu kaufen. Die Trump-Regierung hat sich diesmal noch nicht einmal die Mühe gemacht, ein solches Verbot vorzusehen.

Unsere Einschätzung: Kurspflege an der Börse statt Investitionen in neue Jobs: die Freude der Aktionäre könnte von kurzer Dauer sein. Denn wenn Unternehmen nur in Rückkäufe investieren, schaffen Sie keine Grundlage für mehr Geschäft in den kommenden Jahren. Irgendwann rächt sich das – auch beim Aktienkurs.

Kolumne von Dr. Marc-Oliver Lux von Dr. Lux & Präuner GmbH & Co. KG in München