Aktienmärkte: Risiko für einen volatilen Sommer

06.06.2016

Lars Skovgaard Andersen

Für einen positiven Juni brauchen die Märkte einen starken Impuls, sagt Lars Skovgaard Andersen, Investmentstratege bei Danske Invest.

(fw/rm) Im Mai haben sich sowohl der US-amerikanische als auch der europäische Aktienmarkt eher seitwärts bewegt. Nun stellt sich die Frage, ob die Märkte im Juni steigen oder fallen werden. „Wir befinden uns momentan an einem Wendepunkt. Und es muss aktuell einiges geschehen, damit die Märkte weiter steigen. Nur ein Trumpf im Ärmel kann die Anleger von weiteren Investitionen in Aktien überzeugen", meint Skovgaard Andersen.

Fed-Sitzung – Zinserhöhung kann in den Hintergrund rücken

Alle Welt richtet heute den Blick nach Washington, wo Janet Yellen ihre Erwartungen an die USWirtschaft bekannt gibt. Dementsprechend könnte der Leitzins noch im Juni angepasst werden. Normalerweise besteht die Überzeugung, dass eine Zinserhöhung negative Auswirkungen auf die Aktienmärkte hat. „Aber was passiert, wenn Yellen den Grund für eine Zinsanhebung – nämlich den Zustand der US-amerikanischen Wirtschaft – wirklich positiv beurteilt? Das könnte die grundsätzlich negative Auffassung beseitigen", erklärt der Investmentstratege und fügt hinzu: „Die Anleger müssen über den Zustand der US-Wirtschaft aufgeklärt werden. Und hier kann eine klare Indikation für eine baldige Zinserhöhung der Impuls sein, der für einen Marktanstieg benötigt wird." Historisch gesehen existiert zudem kein Beleg dafür, dass höhere Zinsen negative Auswirkungen auf die Aktienmärkte haben. „Es wäre nicht das erste Mal, dass die Meldungen so positiv sind, um einen negativen Fokus auf das gefürchtete Ereignis komplett in den Hintergrund zu rücken", führt Lars Skovgaard Andersen aus.

Cash an der Seitenlinie

Im laufenden Jahr haben immer mehr Anleger ihre Gelder vom Markt abgezogen. Der außerhalb des Aktienmarkts geparkte Anteil an Barmitteln ist deshalb sehr hoch. „Und das sind in hohem Maße die Barmittel, die zu einer Trendwende an den Märkten führen könnten, wenn die Anleger davon überzeugt werden, dass ein Wiedereinstieg in Aktien sinnvoll ist“, meint Skovgaard Andersen. „Aber es muss ein Impuls von außen kommen. Eine Begebenheit oder eine Meldung, die so positiv ist, dass sie wieder Zuflüsse in den Markt auslöst. In diesem Fall könnte das zu einem sich selbstverstärkenden Effekt mit einem positiven Trend führen", ist der Investmentstratege überzeugt. „Dies könnte vermehrt Käufe von zyklischen Aktien und Finanztiteln nach sich ziehen, da diese Segmente historisch gesehen positiv mit Zinserhöhungen korrelieren.“ „Wenn es umgekehrt nicht bald zu deutlich positiven Nachrichten kommt, wird es dagegen schwer, die vielen Barmittel, die an der Seitenlinie warten, wieder neu zu investieren", erläutert Skovgaard Andersen. Und ohne positive Überraschungen wird der Markt sehr anfällig gegenüber schlechten Nachrichten werden. Ein möglicher Aufwärtstrend bei US-amerikanischen Aktien wird höchstwahrscheinlich auch am europäischen Aktienmarkt positive Spuren hinterlassen. Diese traten, mit Ausnahme des dänischen C20 Cap Index, im letzten Monat ebenfalls auf der Stelle.

Ein britisches „Ja“ kann die europäischen Märkte beflügeln

Bereits in wenigen Wochen entscheidet Großbritannien über seinen Verbleib in der Europäischen Union und kann damit sowohl ein Kursfeuerwerk aber auch einen vehementen Abwärtstrend an den europäischen Märkten auslösen. Unter den neuen Bedingungen, die Premierminister David Cameron im Winter verhandelt hat, sind die Briten laut Meinungsumfragen aktuell eher für einen Verbleib in der EU. Die Umfrageergebnisse sind aber nicht mehr so eindeutig wie noch vor kurzem. Dies kann auch dazu beigetragen haben, dass der britische Leitaktienindex FTSE 100 im letzten Monat im Minus lag. Lars Skovgaard Andersen ist der Ansicht, dass ein „Ja“ zur EU Anleger dazu veranlassen könnte, einen Teil der hohen Barmittel, die momentan außerhalb des Marktes liegen, wieder zu investieren. „Bis zum 23. Juni und dem Endergebnis der Abstimmung ist es aber noch einige Zeit hin. Bis dahin könnten eindeutigere Meinungsumfragen für ein ‚Ja‘ eine der positiven Meldungen sein, nach denen Anleger lechzen, um den Markt wieder anzukurbeln", sagt der Experte von Danske Invest.

Risiko für einen volatilen Sommer

Skovgaard Andersen betont aber auch, dass selbst im Falle von einem sehr positiven Ereignis nach wie vor das Risiko besteht, dass der Schuss nach hinten losgeht. „Wenn beispielsweise der Dollar im Zuge der Spekulationen über eine Zinserhöhung aufwertet, hätte das negative Auswirkungen auf den Rohstoffsektor und die Schwellenländer. Ein solcher Anlass kann letztlich die mögliche Tatsache überschatten, dass es der US-amerikanischen Wirtschaft so gut geht, dass infolgedessen die Zinsen erhöht werden", erklärt er und weist darauf hin, dass über die kommenden Monate weiterhin viele Faktoren bei der Entwicklung der Aktienmärkte eine Rolle spielen werden. Damit besteht das Risiko für einen volatilen Sommer. www.danskeinvest.com