„Ab in den Untergang“: So vergraulen Sie Ihre Kunden auf jeden Fall

16.05.2016

Helmut Seßler

7 unkonventionelle Tipps für Verkäufer. Kennen Sie die Umkehrtechnik? Dabei drehen Sie die eigentliche Fragestellung, die Sie interessiert, einfach um. Allein die ungewöhnliche, oft absurde Fragestellung setzt ungeahnte Kreativitätspotenziale frei.

Crash-Tipp 1: „Immer schön langweilig bleiben!“ Wie gelingt es Ihnen, auch dem letzten Ihrer Kunden vor den Kopf zu stoßen? Wie sorgen Sie dafür, dass Sie Ihr Auftragsbuch gar nicht mehr benötigen – weil es keine Aufträge mehr gibt? Sie sehen: Der Trick besteht darin, die Fragestellung ins Gegenteil zu verkehren. Wenn Sie Ihre Kunden in hoher Zahl vergraulen wollen, sollten Sie sie kräftig langweilen, jedes kundennutzenorientierte Argument vermeiden und Ihre Präsentation so langatmig wie nur möglich gestalten. Am besten, Sie stellen auch noch jede Akquisitionsbemühung ein! Dann können Sie in Ruhe Ihren Feierabend genießen – lebenslang. Vergessen Sie aber nicht den zweiten Schritt: Veranstalten Sie mit Kollegen ein Kreativitäts-Brainstorming: Leiten Sie aus jeder „destruktiven“ Antwort konstruktive Gegenstrategien ab: Wie gelingt es, Kunden zu fesseln und zu begeistern? Wie lassen sich die Engpassprobleme des Kunden lösen? Wie treiben Sie die Akquisitions- und Terminvereinbarungsquoten in ungeahnte Höhen? Crash-Tipp 2: „Vermeiden Sie jede Emotion!“ Wer die Gefühle und Emotionen des Kunden weckt, kann nur ins Fettnäpfchen treten. Also lassen Sie es bleiben und argumentieren ausschließlich auf der Sachebene. Das genügt doch. Sammeln Sie Ideen, wie Sie garantiert am Emotionssystem der Kunden vorbeiargumentieren. Im Kreativitäts-Brainstorming geht es dann wieder anders herum: Die Kundenwelt ist bunt wie ein Kaleidoskop, jeder Kunde ist anders. Der eine Kunde will wissen, ob Sie den Nutzen eines Produkts wissenschaftlich belegen können. Den zweiten interessiert es brennend, ob ihm der Kauf einen immateriellen Vorteil verschafft. Der dritte möchte Infos darüber, ob er mit Ihrem Produkt seinen Verantwortungsbereich erweitern kann. Jeder Kunde bevorzugt ein anderes Emotionssystem. Finden Sie heraus, welches Emotionssystem bei welchem Kunden vorherrscht. Crash-Tipp 3: „Stellen Sie sich selbst in den Mittelpunkt!“ Jeder Mensch ist der Mittelpunkt seiner Welt. Auch Sie! Wer so im Verkaufsgespräch agiert, hat verloren, weil er sich nicht in die Vorstellungwelt seine Kunden einfühlen kann. Andererseits ist in diesem Zusammenhang entscheidend: Zu welchem Persönlichkeitstyp gehören Sie selbst? Nur wenn Sie dies wissen, können Sie Ihre Wirkung auf Ihre Kunden einschätzen und sich entsprechend verhalten: Sind Sie ein extrovertiert-enthusiastischer Verkäufer, der auf den Beziehungsaufbau Wert legt, sollten Sie sich beim vorsichtigen Kunden, der den Small Talk hasst und gleich zur Sache kommen will, tunlichst zurückhalten. Also: Gehören Sie zu den Verkäufern, die das Unbekannte lieben? Wollen Sie das Gespräch dominieren und den Kunden als Experten durch die Beratung führen? Geht es Ihnen um Beziehungen, Vertrauen und Menschlichkeit? Oder sind Sie ein Controller-Berater? Wer diese Fragen beantwortet, weiß, wie er auf Kunden wirkt und kann sein Verhalten darauf abstimmen. Einen Schnelltest, mit dem Sie Ihr bevorzugtes Emotionssystem feststellen, finden Sie hier: Schnelltest Crash-Tipp 4: „Wenden Sie Ihre Erfolgsstrategie bei allen Kunden an!“ Was bei dem einen Kunden zum Erfolg geführt hat, muss auch bei den anderen wirken. Falsch! Viele Verkäufer machen den Fehler, eine einmal erfolgreiche Strategie auf jeden Kunden anzuwenden. Nochmals: Jeder Kunde ist anders. Und darum sollten Sie kundentypspezifische Vorgehensweisen entwickeln. Dazu einige Beispiele. Beim dominanten Kunden tragen Sie wenige, aber klar strukturierte Argumente vor. Treffende Analysen und Lösungsalternativen helfen ihm bei der Entscheidungsfindung. Kommen Sie schnell auf den Punkt. Dieser Kunde wünscht keinen langen Beziehungsaufbau. Beim Kunden, der das Neue liebt, präsentieren Sie locker und entspannt mit den neuesten Medien. Nutzen Sie Animationen, Bilder und Videos. Erzählen Sie Erfolgsgeschichten, arbeiten Sie mit Beispielen. Langweilige Erklärungen sind nicht erlaubt. Dem ängstlich-unsicheren Kunden legen Sie Tabellen, Testergebnisse und Studien vor. Belegen Sie Ihre Aussagen. Geben Sie Garantien und liefern Sie Hintergrundinfos. Beim sicherheitsorientierten Kunden schließlich arbeiten Sie mit „Rundum-Sorglos-Paketen“ und „Alles aus einer Hand“-Angeboten. Stärken Sie die persönliche Beziehung und zeigen Sie Empathie. Crash-Tipp 5: „Verlassen Sie sich allein auf Ihre Intuition!” Früher war die Ratio das Nonplusultra, heute das Bauchgefühl. Es gilt häufig als chic, sich unvoreingenommen ins Kundengespräch zu begeben und auf die Situation einzulassen. Das jedoch kann gehörig ins Auge gehen. Besser ist es, im Vorfeld eine Einschätzung der Kundenpersönlichkeit vorzunehmen und eine vorgestellten kundentyporientierten Strategien zu verfolgen. Aber: Ist solch eine Einschätzung auch im Neukundengespräch möglich? Klar ist: Je länger die Kundenbeziehung andauert, desto präziser wird Ihre Einschätzung des Emotionssystems ausfallen. Zu Beginn der Kundenbeziehung ist dies schwieriger. Wer seine Wahrnehmungsfähigkeit schult, kann an Indikatoren wie der Körpersprache (Haltung, Bewegung, Gestik, Mimik) eine erste Einschätzung wagen. Diesen Eindruck sollten Sie im Gespräch und durch Fragetechnik vertiefen. Auch die Analyse der Sprechweise, der Stimme, der Wortwahl, der verwendeten Formulierungen und Inhalte gibt Auskunft über das bevorzugte Emotionssystem des Kunden. Hinzu kommt: Wie ist er gekleidet? Wie tritt er auf, eher bestimmend oder eher zurückhaltend? Geht er forsch, aktiv und gesprächig vor? Wie drückt er sich aus, welche Sprachbilder benutzt er, ist er ernst oder kommunikativ-heiter? Crash-Tipp 6: „Sorgen Sie dafür, dass Ihren Kunden das Sehen und Hören vergeht!“ Viele Verkäufer kommunizieren fast ausschließlich auf dem visuellen und dem auditiven Sinneskanal. Bleibt zu hoffen, dass die Kommunikation auf diesen hoffnungslos verstopften Sinneskanälen nicht zusammenbricht. Darum: Werden Sie sinnlich kreativ – warum nicht die Möglichkeiten des Duftmarketing nutzen und das Riechorgan des Kunden überzeugen? Ist es eine verrückte Idee, Präsentationsunterlagen duften zu lassen? Mit Raumdüften zu arbeiten? Oder den Kunden Produktvorteile schmecken und ertasten zu lassen? Denken Sie nur an die Touchscreen-Handys und -PCs. Die Ansprache auf allen fünf Sinneskanälen erfordert Kreativität – prüfen Sie im Kreativitäts-Brainstorming, inwiefern Sie neben dem Seh- und Hörsinn die anderen Sinneskanäle integrieren können, um Kundenkontakte zu emotionalisieren. Und das natürlich kundentypgerecht! Crash-Tipp 7: „Lernen Sie nichts dazu, bilden Sie sich nicht weiter!“ Stillstand ist Rückschritt. Beschäftigen Sie sich darum mit den Erkenntnissen der Neuroökonomik. Denn: Testosterongesteuerte Männer treffen Kaufentscheidungen anders als Frauen, für die Aspekte wie Fürsorge und Geborgenheit wichtiger sind. Im Alter nimmt der Wunsch nach Sicherheit und Gesundheit meistens zu. Junge Menschen lassen sich eher auf Abenteuer ein, reagieren spontaner, schneller, angstbefreiter. Jeder Mensch kauft die Produkte ein, die zu ihm passen. All dies haben wissenschaftliche Untersuchungen bewiesen. Und darum führt kein Weg daran vorbei: Sie sollten sich mit den neuesten Erkenntnissen der Gehirnforschung beschäftigen – wenn Sie wissen wollen, wer Ihre Kunden sind und warum sie kaufen und warum nicht.

Autor: Helmut Seßler, Gründer und geschäftsführender Gesellschafter der INtem®-Gruppe