VW: LG bahnt Musterverfahren an

24.05.2016

Andreas W. Tilp / Foto: © TILP Rechtsanwaltsgesellschaft mbH

Das Landgericht Braunschweig eröffnet den Weg ins Musterverfahren nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz (KapMuG) über die Anlegerklagen gegen die Volkswagen AG. Vorlagebeschluss an das Oberlandesgericht wird jedoch voraussichtlich erst im August 2016 erwartet. Anlegern droht hingegen die Gefahr der Verjährung bis zum 19. September 2016.

(fw/rm) Wie das LG Braunschweig weiter mitteilte, sollen zunächst zehn Musterverfahrensanträge nach dem KapMuG aus den Anlegerklagen gegen die Volkswagen AG im Bundesanzeiger veröffentlicht werden. Diesem nach dem KapMuG erforderlichen ersten Schritt soll dann der Erlass eines Vorlagebeschlusses an das OLG frühestens im August 2016 folgen. „Mit der jetzt vom Landgericht Braunschweig angekündigten Veröffentlichung der Musterverfahrensanträge im Bundesanzeiger geht die von unserer Kanzlei seit Oktober 2015 gegenüber der Volkswagen AG verfolgte prozessuale Strategie auf", kommentiert Andreas W. Tilp, Geschäftsführer der TILP Rechtsanwaltsgesellschaft mbH (TILP) Bekanntlich hatte TILP im Oktober 2015 die erste Anlegerklage gegen VW eingereicht. TILP's Schwesterkanzlei TISAB hat dann im März 2016, ebenfalls vor dem LG Braunschweig, eine Klage für 278 institutionelle Investoren aus der ganzen Welt unter Beteiligung des US Pensionsfonds CalPERS mit einer Schadenssumme von rund 3,25 Milliarden Euro erhoben. Aktuell vertritt TILP weitere rund 1200 Privatanleger gegen die Volkswagen AG wegen erlittener Verluste in Finanzinstrumenten, insbesondere in VW- und Porsche Aktien. Zusammen mit seinen Klagen hatte TILP von Anfang an so genannte Musterverfahrensanträge nach dem KapMuG gestellt. Denn die Einleitung eines Musterverfahrens, das dann auf Basis eines so genannten Vorlagebeschlusses, welcher quasi das Arbeitsprogramm für das Musterverfahren enthält, vor dem OLG Braunschweig durchgeführt wird, erhöht die Chancen der Kläger deutlich. Dem Beispiel von TILP waren dann weitere Kanzleien aus dem gesamten Bundesgebiet gefolgt, in dem diese ebenfalls Musterverfahrensanträge beim LG Braunschweig gestellt haben. „Obwohl das LG Braunschweig die Musterverfahrensanträge schnellstmöglich bearbeitet hat, zeichnet sich aufgrund der hohen Komplexität des Dieselgate Skandals leider ab, dass der Vorlagebeschluss an das OLG Braunschweig noch bis mindestens August 2016 auf sich warten lässt", erläutert TILP-Anwalt Axel Wegner. „Erst wenn der Vorlagebeschluss das OLG erreicht, kann dieses den so genannten Musterkläger bestimmen, mit dessen Eintragung im Bundesanzeiger das Musterverfahren formell beginnt. Auch erst dann können Anleger, welche durch die so genannte Anmeldung den Eintritt einer drohenden Verjährung hemmen wollen, ihre Ansprüche beim OLG anmelden", führt Wegner fort. Nach der festen Rechtsüberzeugung von TILP droht jedoch zum 19. September 2016 die Verjährung für besonders gut gelagerte Ansprüche von Kapitalanlegern gegen VW, nämlich der Ansprüche wegen unterlassener ad-hoc Mitteilungen nach § 37b des Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG). Zu dieser Rechtsproblematik hatte die juristische Fachzeitschrift Wertpapiermitteilungen (WM) kürzlich einen Aufsatz der TILP-Anwälte Andreas Tilp und Maximilian Weiss veröffentlicht ("Verjährung von Schadensersatzansprüchen wegen der Verletzung von Ad-Hoc-Pflichten", WM 2016, Seiten 914 ff). Von dieser drohenden Verjährung sind zigtausende von privaten und institutionellen Anlegern betroffen. Darunter auch solche, die sich in der Hoffnung auf eine einvernehmliche Einigung mit der Volkswagen AG einer niederländischen Stiftung angeschlossen haben, da dies die Verjährung nicht hemmt. „Unsere Kanzlei wie auch das LG Braunschweig haben bisher alles unternommen, damit ein Musterverfahren bis zum 19. September 2016 eröffnet werden kann", betont TILP-Anwalt Marvin Kewe. „Trotzdem ist aktuell leider davon auszugehen, dass dieses Ziel nicht erreicht werden kann, so dass der Weg der rechtzeitigen Anmeldung von Ansprüchen zur Verjährungshemmung versperrt ist. Geschädigte Anleger sollten sich daher nunmehr Alternativen überlegen. Der rechtlich sicherste Weg ist die Einreichung einer Klage", fährt Kewe fort. An dieser Stelle sieht die Kanzlei TILP den Gesetzgeber gefordert. „Sowohl Berlin wie auch Brüssel sollten den „Fall Volkswagen“ zum Anlass nehmen, den kollektiven Rechtschutz in Deutschland und Europa endlich effektiv auszugestalten. Bisher hat sich Europa wie Deutschland dem Druck der Schädigerindustrie gebeugt und effektive Verfahrensrechte zu Gunsten massenhaft Geschädigter verhindert“, resümiert Andreas W. Tilp. „Es wird endlich Zeit, eine europäische Sammelklage einzuführen", fordert Tilp. "Das jetzige Zeitproblem kann nur vom Land- und Oberlandesgericht Braunschweig gelöst werden. Wir sind davon überzeugt, dass diese Gerichte ihrer Verantwortung als Organe der Rechtspflege gegenüber den zigtausend Geschädigten Anlegern gerecht werden und die gesetzlich schlecht geregelte Lage durch weiterhin zügiges Handeln versuchen auszugleichen", hofft Tilp. www.tilp.de