Vertrieb will Weiterbildung ohne Ausnahmen

05.01.2015

Die Ausnahme darf nicht die Regel werden. Der Gesetzgeber soll die Fehler, die er bei der Verpflichtung zum Sachkundenachweis gemacht hat, in der Pflicht zur Weiterbildung meiden.

2015-01-06 (fw/db) Wie stehen die deutschen Vermittler zu einer Weiterbildungspflicht? Sammeln sie bereits Punkte über freiwillige Branchen-Initiativen „gut beraten“? Und können sie darauf vertrauen, die heute gesammelten Punkte tatsächlich später anerkannt zu bekommen? Der AfW Bundesverband Finanzdienstleistung e.V. liefert in einer aktuellen Stellungnahme Antworten.

Mit dem Sachkundenachweis sei es künftig nicht mehr getan. Es gilt als sicher, dass über die Überarbeitung der Versicherungsvermittlerrichtlinie (IMD II) aus Brüssel eine zusätzliche Pflicht zur ständigen Weiterbildung für Versicherungs- und Finanzanlagenvermittler verankert wird. Laut dem AfW-Vermittlerbarometer, einer Branchenumfrage unter 1.286 Vermittlern, begrüßt eine Mehrheit die neue Qualifizierungsoffensive der Europäer ausdrücklich.

So befürworten mehr als zwei Drittel der Befragten (70,1 Prozent) eine Pflicht zur qualifizierten Weiterbildung, die fortlaufend nachzuweisen ist. 22,8 Prozent lehnen sie ab, während 7,4 Prozent noch keine eigene Meinung dazu haben.

„gut beraten“ wird mehrheitlich praktiziert

Ein Teil der Vermittler nutzt bestehende Angebote wie „gut beraten“ im Versicherungsbereich. In dieser vom GDV in Kooperation mit  der Versicherungswirtschaft gestarteten freiwilligen Initiative geht es darum, durch den Besuch von Fortbildungsvorträgen eine Mindestzahl an Bildungspunkten zu erhalten. 40,3 Prozent der befragten Vermittler sammeln bereits über „gut beraten“ Punkte, weitere 12,8 Prozent haben dies künftig ebenfalls vor. Die Punkte werden zumeist dezentral bei den Pools, Versicherer oder der Maklergenossenschaft erfasst, da die zentrale Erfassung gebührenpflichtig ist.

Noch jeder fünfte Vermittler (20,2 Prozent) lehnt ein eigenes Weiterbildungsengagement ab, solange es dafür keine gesetzliche Pflicht gibt. Jeder zehnte Vermittler (10,2 Prozent) will auf Alternativen zu „gut beraten“ warten und erst dann mit dem Sammeln von Bildungspunkten beginnen. 14,2 Prozent machten hier keine Angabe.

Unabhängige Instanz für Weiterbildung gefordert

Knapp zwei Drittel sahen sich in der Lage, die Initiative „gut beraten“ nach dem Schulnotensystem zu bewerten (siehe Grafik). Im Durchschnitt gaben die Vermittler eine Drei minus. Die Noten 2 (gut) und 3 (befriedigend) wurden zwar am häufigsten gezogen, allerdings gab auch eine starke Minderheit sehr schlechte Noten. In einer offenen Antwortkategorie konnten die Vermittler ihre Wahl begründen. Hauptkritik ist die mangelnde Unabhängigkeit der Bildungsinitiative von Produktgebern und die offene Frage einer Gültigkeit der Punkte unter einer künftigen Regulierung.

„Wie die Weiterbildungsregelungen letztlich aussehen werden, wissen wir erst nach Umsetzung der IMD II in deutsches Recht“, sagt AfW-Vorstand Frank Rottenbacher. Eine Garantie dafür, dass derzeitige Bildungssysteme anerkannt werden, gibt es nicht. „Es kann auch sein, dass analog zum Sachkundenachweis eine unabhängige Zertifizierung etwa durch die Industrie- und Handelskammern erfolgen wird.“

Nur eines ist rechtlich klar, dass eine Weiterbildungsverpflichtung nicht rückwirkend eingeführt werden könne, zumal mit einer Übergangsfrist zu rechnen sein wird.

Weiterbildung für alle

Ein sinnvolles und nachhaltiges Weiterbildungssystem sollte laut der AfW-Umfrage für alle gelten und keine Ausnahmen dulden. Drei Viertel (76,8 Prozent) der befragten Vermittler verlangen, dass eine Weiterbildungsverpflichtung für alle Marktteilnehmer gleichermaßen gelten müsse – ohne Ausnahmen.

Mehr als die Hälfte der Befragten (58,6 Prozent) lehnt spartengebundene Lösungen, wie etwa nur für Versicherungsvermittler, ab und will Themen aus Versicherungen, Kapitalanlage und Finanzierung gleichermaßen einbezogen und gepunktet und bewertet sehen.

An Roadshows und Produktschulungen scheiden sich jedoch die Geister. Immerhin 39,6 Prozent der befragten Vermittler möchten, dass Roadshows der Produktgeber in das Weiterbildungskonzept einbezogen werden. Sogar 45,3 Prozent halten dies auch für reine Produktschulungen für sinnvoll. Hingegen lehnen 28,6 Prozent es ausdrücklich ab, dass von den Anbietern geprägte Schulungen und Produktseminare bzw. Workshops als Weiterbildung akzeptiert werden sollen.

Fazit: Der Gesetzgeber wäre „gut beraten“ bei der Verpflichtung keine Ausnahmen zuzulassen. Ein warnendes Beispiel ist die Verpflichtung zum Sachkundenachweis. Hier hat der Gesetzgeber der deutschen Assekuranz zugestanden, dass ihr Exklusiv-Vertrieb als „Versicherungsvermittler ohne Erlaubnis“ ohne einen öffentlich-rechtlichen Nachweis der Sachkunde bei den Industrie- und Handelskammern (IHK) tätig sein darf. Die Meldung durch Versicherer an das Register reicht aus. Aus der Ausnahme wurde die Regel. Die Mehrheit der Vermittler ist ohne (nachgewiesene) Sachkunde tätig.

Dietmar Braun