US-Zentralbank hält an moderater Zinssteigerungspolitik fest

09.04.2018

Dr. Thomas Heidel, Leitung Research Fidal AG / Foto: © Fidal AG

Nach der letzten Sitzung der US-Notenbank am 21. März verkündete der neue Fed-Chef, Jerome Powell, der als Ex-Investmentbanker im Gegensatz zu seiner Vorgängerin, der Volkwirtin Janet Yellen, etwas offensiver eingeschätzt wird, die erste US-Zinserhöhung in diesem Jahr. Die seit Dezember 2008 übliche Spannenangabe wurde erwartungsgemäß um 0,25 Prozentpunkte auf 1,50 bis 1,75 Prozent hochgesetzt.

Mittlerweile ist dies die sechste Zinserhöhung, die die Fed seit Dezember 2015 vorgenommen hat. Allgemein war diese Leitzinserhöhung schon lange vorher von der Fed kommuniziert und daher vom Markt erwartet und in den Kursen berücksichtigt worden. Zwei weitere Zinsanhebungen sollen 2018 noch folgen. Für 2019 wird jetzt allerdings mit drei Zinsanhebungen statt der bisher signalisierten zwei Zinserhöhungen eine straffere Geldpolitik in Aussicht gestellt. Im Schnitt erwartet die Fed für 2018 den Leitzins auf einem Niveau von 2,1 Prozent. Deutlich höhere Level werden für 2019 mit 2,9 Prozent und für 2020 mit 3,4 Prozent prognostiziert. Seit der letzten Schätzung im Dezember 2017 wurden die Projektionen für 2019 um 0,2 Prozent und für 2020 um 0,3 Prozent heraufgesetzt.

Die Fed rechnet mit einer Stabilisierung der Inflation in den kommenden Monaten und Jahren in der Nähe des Zielwertes von zwei Prozent, wobei die Fed üblicherweise für die Messung der Inflation die Preisentwicklung der persönlichen Verbraucherausgaben betrachtet. Fed Chef Jerome Powell betonte gelassen, dass man aus den Daten derzeit nicht entnehmen könne, dass die Inflation sich beschleunigen werde. Die Wirtschaft soll mit einem zunehmenden Tempo wachsen und der Arbeitsmarkt sehr stark bleiben.

Die US-Notenbank hob ihre Projektionen für das US-Wirtschaftswachstum in 2018 um 0,2 auf 2,7 Prozent und für 2019 um 0,3 auf 2,4 Prozent an. Auch werden niedrigere Arbeitslosenraten erwartet; in 2018 nur noch 3,8 Prozent (aktuell 4,1 Prozent) und in den beiden darauffolgenden Jahren 3,6 Prozent. Powell wies allerdings darauf hin, dass dies nur Projektionen seien, die sich ständig ändern könnten. Er äußerte sich in der 43-minütigen Pressekonferenz zu den angekündigten Strafzöllen, misst ihnen keine herausragende währungspolitische Relevanz bei und glaubt nicht, dass sich dadurch der konjunkturelle Horizont verdunkeln werde.

Mehr Zinserhöhungen?

Manche Experten fordern von der Fed angesichts der Beschleunigung des US-Wirtschaftswachstums schnellere Zinsschritte. Die Zahl der 15 Mitglieder des Offenmarktausschusses, die sich für insgesamt vier Zinsschritte in diesem Jahr aussprechen, hat sich von vier auf sieben erhöht. Powell verzichtete, entgegen den Befürchtungen mancher Aktienmarktteilnehmer, auf eine härtere Gangart der Geldpolitik und betonte, dass man bei den Zinsen weder etwas überstürzen noch zu spät kommen wolle.

Der Markt interpretierte die vierte Zinserhöhung der Fed in zwölf Monaten positiv als Signal für Kontinuität und als Vertrauen in die US-Wirtschaft. Der Fed Chef äußerte aber Zweifel daran, dass das US-Wirtschaftswachstum – wie von Trump gewünscht – nachhaltig um drei Prozent gesteigert werden könne. Manche Ökonomen befürchten, dass die Steuersenkungen und die zusätzlichen Staatsausgaben über stärker wachsende Löhne die Inflation und die aktuelle Staatsverschuldung von 21 Billionen US-Dollar zu stark antreiben könnten, was letztendlich zu höheren Zinssätzen führen würde.

Das Rätsel Inflation

Die Inflationsentwicklung in den vergangenen Jahren ist vielen Ökonomen ein Rätsel geblieben. Die extrem expansive Geldpolitik hätte eigentlich laut der Theorie zu mehr Inflation führen müssen. Aber das von den Zentralbanken angebotene extrem billige Geld ist von den Wirtschaftssubjekten, speziell von den Banken, am Anfang kaum angenommen worden. Die Umlaufsgeschwindigkeit des Geldes bzw. der Geldschöpfungsmultiplikator der Banken hat sich in den letzten Jahren deutlich verringert. Einige Ökonomen geben als Grund für die sehr niedrige Preisentwicklung die Globalisierung der Wirtschaft, die Zunahme des Online-Handels und demografische Aspekte an.

Das Rätsel Dollarkurs

Die Zinspolitik der Notenbanken hat nicht nur eine große Bedeutung für die Wertpapiermärkte, sondern auch für die Devisenmärkte. Normalerweise werden durch höhere Zinsen die Währungen aufgewertet, während Aktienkurse dadurch fallen könnten. Bislang haben „sehr moderat“ steigende US-Zinsen den Aufwärtstrend an der Wallstreet nicht negativ beeinflussen können. Der Dollarkurs ist auch nicht gestiegen, sondern im Gegenteil gegenüber dem Euro im letzten Jahr um 14 Prozent gefallen.

Auch die jüngste US-Zinserhöhung half dem US-Dollar nicht auf die Sprünge. Die Schwäche des US-Dollars scheint momentan politisch motiviert. Donald Trump wird auch jetzt mit seinem neuen Steckenpferd Handelspolitik verstärkt als unberechenbares Risiko betrachtet. Durch das aktuell deutlich steigende Handelsdefizit der USA erhöht sich das Angebot von US-Dollar auf dem Devisenmarkt. Die wachsende Staatsverschuldung durch höhere Staatsausgaben und wohlmöglich nicht im gleichen Maße steigende Staatseinnahmen, bedeutet für den US-Dollar eher einen Vertrauensverlust.

Schwieriger Weg zur Normalisierung

Die US-Notenbank hat mit einer Bilanzreduzierung (Abbau ihrer Anleihebestände) schon begonnen, um die drastisch angewachsene Geldmenge etwas zurückzuführen. Die Fed steht, wie bald auch die europäische und die japanische Zentralbank, vor der schwierigen Aufgabe, eine sukzessive Straffung der Geldpolitik zu gestalten, ohne die Preisstabilität, das Wirtschaftswachstum und letztendlich die Stabilität der Börsen zu gefährden.

Mit ihrer Zinspolitik übt die Fed leichten Druck auf die EZB aus, sich in absehbarer Zeit der von den USA begonnenen Normalisierung der Geldpolitik anzuschließen. EZB-Chef Mario Draghi bekräftigte allerdings die Beibehaltung des derzeitigen Schluüsselzinses von null Prozent weit über das mögliche Ende der Anleihekäufe im September 2018 hinaus. Eine vorsichtige Rückführung der immensen Liquidität – bis Ende September wird der „Anleiheberg“ der EZB auf 2,55 Billionen Euro angewachsen sein – ist noch nicht angedacht.

von: Dr. Thomas Heidel Leitung Research FIDAL AG in Frankfurt