Unterschätztes Risiko Euro-Austritt

25.04.2017

Foto: ©bluedesign - fotolia.com

Auch wenn die Vorstellung, dass ein Land die Eurozone verlässt, durchaus präsent ist, sind die damit verbundenen Risiken eher unbekannt. Dies liegt auch an den Fondsanbietern, die sich über das Thema gerne ausschweigen.

In einer Umfrage des Marktforschungsinstituts Sentix von Februar gab jeder vierte Anleger an, damit zu rechnen, dass binnen eines Jahres ein Land die Eurozone verlassen könnte. Als "Kandidaten" dafür gelten besonders die wirtschaftlich angeschlagenen Staaten Italien, Griechenland, Spanien und Frankreich, letzteres vor allem wegen eines möglichen Wahlsieges von Marine Le Pen. Auch wenn sich viele Menschen der Gefahr eines möglichen Auseinanderbrechens der Eurozone bewusst sind, verkennen viele Anleger und Berater doch die Risiken, die davon ausgehen, speziell mit Blick auf die Euro-Rentenfonds: Sollte ein Land tatsächlich aus dem Euro ausscheiden, gilt der fixierte Wechselkurs nicht mehr, was für die Euro-Rentenfonds spürbare Auswirkungen haben dürfte. „Die Folge sind hohe Währungsverluste, die die betreffenden Staatsanleihen und damit auch die vermeintlich sicheren Euro-Rentenfonds spürbar belasten“, erläutert Prof. Dr. Rolf Tilmes, Vorstandsvorsitzender des Financial Planning Standards Board Deutschland e.V. (FPSB Deutschland).

Staatsanleihen geraten unter Druck

In vielen Ländern der Eurozone mehren sich die Stimmen, zu nationalen Währungen zurückzukehren. „Der Austritt eines Landes aus dem Währungsverbund kann mittlerweile nicht mehr ausgeschlossen werden“, warnt Prof. Tilmes. Während die betreffenden Staaten mit einer schwachen Währung ihre Probleme lösen wollen, könnten die Folgen für Investoren verheerend sein: Weil bei einem Euro-Austritt die Anleihen des Landes in der neuen Währung getilgt werden, ist davon auszugehen, dass die neue Währung deutlich abwertet. Nach Einschätzungen von Experten könnten beispielsweise ein wiedereingeführter Franc im internationalen Devisenhandel sofort um ein Viertel gegenüber dem Euro abwerten. „Das bedeutet, es entstehen auf der Rentenseite – der eigentlich sicheren Anlage – hohe und unwiederbringliche Verluste“, sagt Tilmes. Davon wären vor allem die vermeintlich sicheren Euro-Rentenfonds betroffen. „Als Fondsinhaber muss man jederzeit damit rechnen, dass man möglicherweise die im Fonds enthaltenen Bonds lediglich in einer – dann gegenüber dem Euro abgewerteten – nationalen Währung wie Drachme, Lira oder Franc zurückgezahlt erhält“, erläutert der FPSB-Vorstand. Auch Riester- und Rürup-Produkte, in denen Milliarden von Euro-Rentenfonds stecken, wären betroffen. „Da dort – so auch in der betrieblichen Altersvorsorge – Kapitalerhalt vorgeschrieben ist, hat man demnächst möglicherweise ein Riesen-Problem“, sagt Tilmes.

Risiko kaum bekannt

Sowohl aktive als auch passive Euro-Rentenfonds gelten als regelmäßige Ertragsbringer, die von Währungs- und Bonitätsrisiken unabhängig sind. „Das Thema Euro-Austritt hat kaum jemand auf dem Schirm, dabei ist die Gefahr schon seit Jahren vorhanden“, sagt Tilmes. Eine der wenigen Investmentgesellschaft, die die Gefahr eines Euro-Austritts eines Landes in ihrem offiziellen ETF Prospekt unter den Risikohinweisen aufgenommen hat, die HSBC in London. Viele andere Fondsanbieter verschweigen jedoch das Risiko. (ahu)

www.fpsb.de