Rentenkrise wird dramatische Folgen haben

22.05.2018

Nick Anderson, Senior Analyst bei Berenberg / Foto: © Berenberg

Nick Anderson, Senior Analyst bei der Privatbank Berenberg, malt ein düsteres Zukunftsszenario für die weltweiten Rentensysteme. Die Folgen der weltweit vorhandenen Rentenlücke wären nicht nur für die Bezieher von Renten dramatisch.

Nick Anderson kommt in seiner Studie „Pensions: the next leg of the crisis” zu dem Schluss, dass die weltweite Unterfinanzierung der Rentensysteme einen größeren Einfluss auf die Wirtschaft und Unternehmensgewinne haben wird als die Finanzkrise. Diese Rentenkrise dürfte sich allerdings über lange Zeit entwickeln und am Ende eine deutlich größere Wucht entfalten.

Die Weltbevölkerung wird immer älter

In den kommenden beiden Jahrzehnten wird die Zahl der über 65-jährigen weltweit deutlich ansteigen. Der Anstieg in der EU und den USA wird mit 49 % bzw. 73 % deutlich geringer ausfallen als in China, wo in 20 Jahren 150 % mehr 65-jährige leben werden als heute. Dies wird zu stark steigenden Kosten für den Staat führen, bei dem sich einerseits die größte Sparlücke auftut, der sich aber andererseits mehr und mehr aus der Finanzierungsverantwortung zurückzieht. Nach Ansicht von Analysten werden auch Unternehmen zunehmend versuchen, ihre Aufwendungen für die betriebliche Altersvorsorge zu reduzieren.

Fast ein Drittel weniger Rente

Laut Berenberg wird in den kommenden Jahrzehnten die durchschnittliche staatliche Pro-Kopf-Rentenzahlung in den USA und Europa um ca. 30 % sinken. Jedoch sei diese Entwicklung den meisten Verbrauchern nicht bewusst. Als Ursache macht die Studie aus, dass viele extrem kurzfristig denken würden und zudem beim Finanzwissen deutlichen Steigerungsbedarf hätten.

Was bedeutet die Rentenlücke?

Laut den Studienautoren muss künftig deutlich mehr gespart und dementsprechend auch weniger konsumiert werden. Das gelte sowohl für Staaten, Unternehmen als auch Privatpersonen. Durch die Einsparungen käme es zwar zu einer höheren Entschuldung der privaten Haushalte, gleichzeitig aber auch zu einem geringerem Konsum, vor allem von diskretionären Gütern. In der Folge käme es zu Deflation, einer noch lange Zeit anhaltenden Niedrigzinsphase und steigendem Druck auf die Hauspreise. Die Studie hält zudem eine langsame Verschiebung der Steuerbemessungsgrundlage von Einkommen/ Verbrauch hin zu Kapital/ Vermögenswerten für wahrscheinlich. Von dieser Entwicklung würden Vermögensverwalter, Immobilienunternehmen, Versorger, einige Versicherungen sowie ausgewählte Internetunternehmen profitieren. Hingegen sähe es für Banken, Automobilkonzerne, Getränkehersteller, den Einzelhandel sowie Teile der Freizeit-, Bau- und Medizintechnikindustrie kritisch aus. (ahu)

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