Regulierungswahn - MiFID II und Kleinanlegerschutzgesetz

27.10.2014

Spätestens seit dem Ausbruch der Finanzkrise sollte jedem klargeworden sein, wie wichtig die sogenannte Finanzstabilität ist. Sie ist schlicht und ergreifend ein öffentliches Gut, das mit Sorgfalt behandelt werden muss. Gerät das Finanzsystem aus der Spur und kommt es zu einem Marktversagen, dann müssen Regulierer und Aufseher auf nationaler, europäischer und globaler Ebene reagieren.

Nicht "ob" reguliert werden soll ist daher die Frage, sondern "wie"? Und an dieser Stelle gibt es reichlich Antworten und Verbesserungspotenzial. Ein gutes Beispiel hierfür: Das geplante Kleinanlegerschutzgesetz.

Es ist richtig und nachvollziehbar, dass nach der Insolvenz von PROKON die Gesetzgebungsmaschinerie Fahrt aufgenommen hat. Hochriskante Finanzinvestments aus dem Bereich des Grauen Kapitalmarkts sollen stärker reguliert werden. Aber warum startet der deutsche Gesetzgeber erneut einen Alleingang, wie damals bereits bei der Beschränkung des Hochfrequenzhandels und dem Verbot von Leerverkäufen?

Mit dem Kleinanlegerschutzgesetz sollen Vorschriften erlassen werden, über die man auf europäischer Ebene noch kontrovers diskutiert. Zur selben Zeit arbeitet nämlich die europäische Wertpapieraufsichtsbehörde ESMA an den Durchführungsvorschriften der EU-Richtlinie MiFID II und der EU-Verordnung MiFIR. Endgültige Ergebnisse sind aber erst in der zweiten Hälfte des kommenden Jahres zu erwarten, und bis Ende 2016 sind die Vorgaben von den Zertifikate-Emittenten dann umzusetzen.

So liegt die Vermutung nahe, dass mit dem geplanten Kleinanlegerschutzgesetz in Deutschland Regeln eingeführt werden, die in spätestens zwei Jahren von den Banken wieder korrigiert werden müssen. Das ist ebenso sinnlos wie kostspielig. Denn die europäischen Vorgaben dürften mit großer Wahrscheinlichkeit anders aussehen. Es sei denn, der deutsche Gesetzgeber besinnt sich doch noch eines Besseren und räumt eine Übergangsfrist ein. Dann könnte die BaFin die deutschen Regelungen in den ESMA-Gremien mit den geplanten europäischen Vorschriften abstimmen.

Kurzum: Die Wechselwirkungen von Kleinanlegerschutzgesetz und des MiFID II/MiFIR-Pakets sind ein gutes Beispiel dafür, dass Deutschland beim Anlegerschutz nicht aus falschem Ehrgeiz voranpreschen sollte. Aktuell greift der deutsche Gesetzgeber bereits beschlossenen Vorgaben der Europäischen Union vor. Das stiftet bei allen Akteuren nur Unruhe und Verwirrung. Bei denjenigen, die regulieren und vor allem bei denen, die von der Regulierung betroffen sind.

(Autor: Lars Brandau, Geschäftsführer Deutscher Derivate Verband (DDV)