Was würde Trump tun?

14.07.2016

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Nach dem Nominierungsparteitag der Republikaner wird der nächste Präsidentschaftskandidat Donald Trump heißen. Darauf hätte vor einem Jahr kaum jemand gewettet. Daher sollte man seine Chancen, Präsident der USA zu werden, nicht unterschätzen.

Die bereits erkennbaren Umrisse seiner Wirtschaftspolitik könnten schwere Belastungen für die US-amerikanische Wirtschaft mit sich bringen – auch wenn er wegen der Checks and Balances des politischen Systems der USA nur einen geringen Teil seiner teilweise kruden Ideen umsetzen könnte. Selbst wenn er nicht gewählt wird, hat er bereits jetzt Einfluss auf die (zukünftige) Wirtschaftspolitik: So hat die Stimmung in den SA bereits deutlich gegen Globalisierung in Richtung Protektionismus gedreht. Noch haben weder Hillary Clinton noch Donald Trump die offiziellen Weihen als Präsidentschaftskandidaten ihrer jeweiligen Parteien empfangen, doch ist nahezu sicher, dass es „Trump versus Clinton“ heißen wird. Zwar führt Clinton die aktuellen Umfragen an, aber der Immobilienmogul ist bereits bei den Vorwahlen so deutlich unterschätzt worden, dass man ihn ernst nehmen muss. Hinzu kommt, dass Hillary Clinton beileibe keine populäre Politikerin ist und sie zahlreiche Angriffsflächen bietet. Viele Wähler wenden sich derzeit vom Establishment ab, für das Clinton wie kaum ein anderer Politiker steht. Donald Trump als Präsident Im Folgenden analysieren wir, was vom Präsidenten Donald Trump zu erwarten wäre. Dies ist zum Teil recht schwer, weil sich aus den bisherigen Wahlkampfaussagen – vorsichtig ausgedrückt – noch kein klar konturiertes Bild seiner tatsächlichen Absichten ergibt. Zudem ist zu berücksichtigen, dass er nicht alle seine Forderungen wird umsetzen können. Bei vielen seiner Vorhaben wäre er nämlich auf die Unterstützung des Kongresses angewiesen und es ist keinesfalls sicher, dass im Falle seines Wahlsieges auch beide Kammern des Kongresses republikanisch dominiert würden. Doch selbst wenn dies so wäre, könnte sich der Präsident keineswegs der Unterstützung durch den Kongress sicher sein. Die Checks and Balances der US-amerikanischen Politik funktionieren auch innerhalb einer Partei: Die Mitglieder des Kongresses fühlen sich ihrem Wahlkreis beziehungsweise ihrem Bundesstaat mehr verpflichtet als ihrer Partei. Dadurch ist die Parteidisziplin weit weniger ausgeprägt als bei- spielsweise in Deutschland. Das macht es dem Präsidenten zusätzlich schwer, seine Vorhaben umzusetzen. Steuer- und Haushaltspolitik Donald Trump hat im Wahlkampf angekündigt, die Einkommensteuer radikal zu vereinfachen und den Spitzensteuersatz auf 25 Prozent zu senken; außerdem sollen die individuellen Freibeträge drastisch angehoben werden. Zwar ist geplant, im Gegenzug viele Steuerprivilegien zu streichen, aber diese Einsparmaßnahmen werden bei Weitem nicht reichen, um die immensen Verluste bei den Staatseinnahmen zu kompensieren. Das Tax Policy Center (ein anerkannter Think Tank) schätzt, dass die Maßnahmen per saldo zu jährlichen Mindereinnahmen in Höhe von rund 4 Prozent des BIP führen würden. Sollten diesen Ausfällen keine geeigneten Ausgabenkürzungen gegenüberstehen, würden sich allein während der ersten Amtszeit die Staatsschulden um rund 15 Prozent erhöhen. Nach zwei Amtszeiten wäre der Schuldenberg um ein Drittel gewachsen und die Vereinigten Staaten verlören mit Sicherheit ihren Ruf als erstklassiger Schuldner – mit entsprechenden Auswirkungen auf die Zinsen. Insgesamt darf man Donald Trump einen entspannten Umgang mit Schulden unterstellen: Als Immobilienmogul ist er an große Kreditvolumina wie auch an Umstrukturierungen gewöhnt. Wie sensibel die Märkte auf Fragen der Zahlungsbereitschaft der USA reagieren, hat der letzte Haushaltsstreit 2011 gezeigt, als die USA wegen der umstrittenen Anhebung der Schuldenobergrenze in die Nähe eines technischen Zahlungsausfalls gerieten. Trumps Steuerpläne hätten aber nicht nur einen verheerenden Einfluss auf das Haushaltsdefizit, auch die Verteilungswirkungen wären gravierend: Während die verfügbaren Einkommen des reichsten Prozents der Bevölkerung nach den Steuerplänen von Donald Trump um knapp 20 Prozent stiegen, betrüge der Einkommenszuwachs des einkommensschwächsten Fünftels lediglich 1 Prozent. Auch Trumps Zielklientel, die abgehängte Mittelschicht, würde lediglich 3 Prozent hin- zugewinnen. Auch wenn die Steuerpläne von Hillary Clinton weniger umfassend sind, so hätten auch sie tendenziell einen bremsenden Effekt auf die Wirtschaft. Da sie überwiegend Bezieher sehr hoher Einkommen be- lasten will, dürfte dieser Effekt allerdings überschaubar sein. Das an sich durchaus reformbedürftige hochkomplexe US-Steuerrecht will sie aber nicht grundsätzlich angehen. Außenhandel Eins der zentralen wirtschaftlichen Themen im US-Wahlkampf ist die Globalisierung. Donald Trump und seine Anhänger sind erklärte Globalisierungsgegner, die im Freihandel vor allem Nachteile für die USA sehen. Hier dürfte Donald Trump einiges an Schaden anrichten – nicht nur in den USA, sondern auch in Partnerländern wie Mexiko, Kanada oder China. Es ist zwar ausgesprochen schwer, den ökonomischen Nutzen einzelner Freihandelsabkommen anzugeben, der Wegfall der drei in Frage stehenden Handelsabkommen (das nordamerikanische (NAFTA), das transpazifische (TPP) und das transatlantische (TTIP)) dürften zusammen das US-amerikanische BIP mit rund 0,1 Prozent belasten. Das mutet auf den ersten Blick nicht besonders hoch an, aber viel entscheidender sind die Zweitrundeneffekte: Wenn sich die größte und in vielerlei Hinsicht liberalste Volkswirtschaft der Welt vom Freihandel abwendet, werden viele Länder dem Beispiel folgen und ihrerseits protektionistische Maßnahmen ergreifen. Dabei entwickelt sich der Welthandel, einst Motor der Weltwirtschaft, schon seit Jahren weit unterdurchschnittlich. Gerade in diesem Beispiel wird deutlich, dass Populisten nicht einmal an die Macht kommen müssen, um Schaden anzurichten: Hillary Clinton, die ursprünglich für das TPP geworben hat, wendet sich nun gegen dessen Ratifizierung. Auch die Chancen für das TTIP sind deutlich gesunken: Die EU-Kommission will zwar die Vereinbarung noch vor Antritt des nächsten Präsidenten unter Dach und Fach bringen, aber dabei handelt es sich schon allein aufgrund der Kürze der Zeit um ein schier aussichtsloses Unterfangen. Migration und Arbeitsmarkt Ein weiterer wesentlicher Punkt von Donald Trumps Wahlprogramm ist die illegale Zuwanderung. Die Situation am US-amerikanischen Arbeitsmarkt ist – aus Sicht der Arbeitnehmer – recht entspannt: Es entstehen viele – auch gut bezahlte – Jobs, die Löhne steigen mit 2,6 Prozent recht ordentlich und die Arbeitslosenquote hat mit unter 5 Prozent quasi Vollbeschäftigungsniveau erreicht. Gleichwohl wünschen sich viele Amerikaner, dass die Zuwanderung gestoppt wird und die USA die Grenzen „dicht“ machen. Vor allem die illegale Migration ist vielen ein Dorn im Auge. Vor dem Supreme Court wird derzeit über das Schicksal von illegalen Zuwanderern verhandelt, die Eltern amerikanischer Kinder sind und sich seit 2010 in den USA aufhalten. Allein diese Gruppe macht rund 4 Mio. Zuwanderer aus, etwa 1,2 Prozent der gesamten Bevölkerung der USA. Sollten sie abgeschoben und/oder andere Zuwanderer nicht mehr ins Land gelassen werden, dann drohen empfindliche Wohlfahrtsverluste, denn auch die USA sehen sich einer steigenden Anzahl von Alten gegenüber, wenn die Babyboomer in Rente gehen. Hillary Clinton hat zur Zuwanderung eine deutlich liberalere Position und möchte Obamas Immigrationspolitik fortführen. Es würde vermutlich im Falle ihrer Wahl keine nennenswerte Änderung der Zuwanderungspolitik geben, da eine weitere Liberalisierung wohl kaum durch die beiden Kammern des Kongresses zu bringen wäre. Fazit Alles in allem sind Donald Trumps Vorstellungen in vielerlei Hinsicht Gift für die amerikanische Wirtschaft: höhere Staatsverschuldung, Zweifel ob der Zahlungswilligkeit des amerikanischen Staates, schlechtere Demografie und Abkehr vom Welthandel. Dabei ist er gerade bei Themen wie Zuwanderung und Freihandel offenbar Überzeugungstäter. Insofern sollte man nicht darauf bauen, dass Donald Trump – erst einmal an der Macht gekommen – vernünftig agieren werde. Einiges wird sich als pures Wahlkampfgetöse herausstellen, so auch die Steuersenkungen und der damit einhergehende massive Aufbau von Staatsschulden. Dennoch reicht schon die Unberechenbarkeit seiner Ankündigungen und seines Handelns, um das zu verbreiten, was die Märkte am wenigsten schätzen: Unsicherheit. Daher ist davon auszugehen, dass sich die Stimmung zumindest zu Beginn seiner Präsidentschaft und mithin auch die Konjunkturaussichten deutlich eintrüben würden. Schwer abzuschätzen ist hingegen, wie er auf eine solche Stimmungsverschlechterung reagieren würde und ob es ihm dann gelänge, seine alten Überzeugungen über Bord zu werfen. Auch mit Hillary Clinton würden protektionistische Züge der US- Handelspolitik zunehmen. In den meisten anderen Bereichen würde sie aber die Politik Obamas fortführen und so für deutlich größere Verlässlichkeit sorgen. So ist es kein Wunder, dass die Wirtschaft, die sonst meist den Republikanern zugeneigt ist, Hillary Clinton unterstützt. Auch wenn ihre Ideen vielfach nicht überzeugen mögen, so scheint sie das bei Weitem kleinere Übel darzustellen.

Autor dieser Einschätzung zu den US-Wahlen ist Dr. Martin Moryson, Chefvolkswirt des Bankhauses Sal. Oppenheim

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