Mut zum finalen Irrsinn

20.03.2017

André Kunze, Geschäftsführender Gesellschafter der Prometheus Vermögensmanagement GmbH/ Foto: © Prometheus

In den letzten Monaten ist es um die globale Schuldenkrise irgendwie recht ruhig geworden. Man könnte fast meinen, wir hätten Sie überstanden. Sogar der griechische Schuldentinitus, der uns vor noch gar nicht allzu langer Zeit nicht aus dem Ohr wollte, ist mittlerweile allenfalls noch als normales, operatives Betriebsrauschen wahrzunehmen. Vermutlich sind wir derzeit einfach zu gut abgelenkt von den Frisurenclowns, die in den USA Präsident geworden sind und in den Niederlanden gerne geworden wären.

Aber selbst wenn Sie in den letzten Monaten sehr gut ohne die Schuldenkrise ausgekommen sind, lohnt es sich – rein vorsorglich – doch ab und an mal darüber zu sinnieren, ob und wenn ja was denn da gegebenenfalls noch auf uns zukommen wird. So viel vorweg: Sie kommt zurück, die Schuldenkrise – und zwar üppig. So üppig, dass uns selbst die Frisurenclowns nicht mehr helfen werden, uns von ihr abzulenken. Es sei denn, wir gehen die Sache smart an und haben Mut zum finalen Irrsinn.

Doch fangen wir vorne an: Es ist derzeit sehr interessant, den Vorträgen renommierter Volkswirte und Kapitalmarktexperten zuzuhören. Denn diese sind sich unisono einig, dass wir die Schuldenkrise nicht in den Griff bekommen werden. Grund: Die Schulden sind zu hoch und das strukturelle Wachstum zu gering, um den erforderlichen Schuldenabbau zu erreichen. Bei Volkswirten ist der Optimismus also deutlich geringer als bei Politikern.

Allerdings – und das ist bemerkenswert – blasen die Kapitalmarktexperten, trotz der trüben Aussichten, kein Trübsal. Im Gegenteil: In der Finanzindustrie freut man sich derzeit diebisch über die Politik des billigen Geldes. Denn eines ist klar: Sachwerte wie Aktien und Immobilien haben von diesem Umfeld bereits erheblich profitiert und – so das Kalkül der Finanzbranche – werden es weiterhin tun. Ergo verdient die Finanzindustrie am Aktien- und Immobilien-Hype solange gerne mit, bis uns die Realität an der Wand empfängt.

Die Kapitalmarktexperten sind aufgrund der politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen zwar durchaus angespannt und vorsichtig, verlassen sich aber voll und ganz auf die mittlerweile lieb gewonnene und wie eine Droge wirkende Staubsaugermentalität der EZB. Die saugt nämlich bereits seit Jahren verlässlich jede Krise einfach weg. Dass das nicht ewig funktionieren wird, ist allen Experten klar, muss uns aber die Laune ja nicht heute schon verderben.

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