Mikro statt Makro – Europas Unternehmen hängen ihre Heimatländer ab

26.01.2014

Aktien aus Europa waren lange Ladenhüter. Vielleicht kein Wunder angesichts der negativen makroökonomischen Schlagzeilen aus der EU. Einige Anleger betrachten diesen Markt immer noch kritisch. Aber gerade das ist es, was ihn attraktiv macht.

Europäische Aktiengesellschaften weisen eine sehr gute Wachstumsgeschichte vor – trotz des schwierigen wirtschaftlichen Umfeldes in der EU. Die Aussichten für Gewinnwachstum und Investitionen verbessern sich, die Bewertungen der Aktien sind attraktiver als in den USA und Japan. Und nachdem die Firmen gut gewirtschaftet haben und die Bilanzen unterdurchschnittliche Verschuldung aufweisen, oft sogar Bargeldbestände, zieht das Geschäft der Übernahmen und Fusionen an.

Die vielen negativen Schlagzeilen in Europa, die oft kurzfristig die Börsen treiben, haben die Fakten überdeckt: Eine Anlage in europäische Unternehmen ist etwas ganz anderes als ein Investment in die Volkswirtschaften des Kontinents. Das verdeutlicht auch eine Untersuchung von State Street für den Zeitraum von 1980 bis heute: Zwar hinkt Europa beim Wirtschaftswachstum dem Rest der Welt hinterher, bei der Gewinnentwicklung der Unternehmen ist Europa jedoch global spitze.

Weshalb das so ist, liegt auf der Hand: Firmen wie Audi, Hermes oder Nestle um nur drei Beispiele zu nennen, sind international aufgestellt und global führend. So konnten sie die Schwächen ihre Heimatmärkte mehr als ausgleichen. Zudem haben sie ihre Margen durch Effizienzsteigerungen, technologische Verbesserungen und eine starke Preissetzungsmacht beibehalten können. Unterstützt wird der Case für europäische Aktien auch durch ihre attraktive Bewertung: Auf Basis der Gewinnschätzungen für 2014 beträgt das KGV in Europa durchschnittlich 12,4. In den USA und Japan liegt es bei über 14. Und nicht zuletzt schlägt die Dividendenrendite europäischer Aktien mit rund 3,5 Prozent alle anderen wichtigen Regionen.

Das alles zeigt: Europäische Aktien sind so attraktiv wie lange nicht. Entscheidend sind jedoch ein aktiver Investmentansatz und die Einzeltitelauswahl auf Basis einer soliden Analyse und zukunftsgerichtetem Research. Worauf es nicht ankommt, ist die Gewichtung eines Unternehmens im Index. Aber genau das geschieht bei einem passiven Ansatz, der damit die Gewinner von gestern bevorteilt. Das ist nicht gut für Anleger. Zahlreiche Studien belegen, dass sich Aktienfonds langfristig am besten entwickeln, die stark von der Benchmark abweichen. Es besteht ein enger positiver Zusammenhang zwischen „aktiven Geld" – dem Anteil des Vermögens eines Fonds der vom Vergleichsindex abweicht – und der Fondsperformance. Wer an den Chancen des europäischen Aktienmarktes partizipieren will, sollte deshalb aktiv investieren.

(Autor: Alexandra Hartmann, Fondsmanagerin Fidelity Worldwide Investment)