Japan – das Land der aufgehenden Sonne?

10.02.2014

Manuel Peiffer

Auf den ersten Blick sieht die wirtschaftliche Entwicklung Japans gut aus: Die Zeiten der Deflation scheinen vorüber, die Börsenkurse sind stark gestiegen, das Bruttoinlandsprodukt wächst und die Arbeitslosenquote sinkt. Doch das geldpolitische Experiment des japanischen Ministerpräsidenten Shinzo Abe, welches auch als „Abenomics" bezeichnet wird, birgt auch erhebliche Risiken.

Geldpolitisches Experiment

Nachdem Abe Ende 2012 ins Amt des Ministerpräsidenten gewählt wurde, startete er kurz darauf ein geldpolitisches Experiment mit dem Ziel, Japans Wirtschaft noch einmal auf die Beine zu stellen. Diese ultralockere Geldpolitik der japanischen Notenbank sorgt anhand der niedrigen Leitzinsen und der massiven Anleihenkäufen dafür, dass sich die Geldmenge des YENs drastisch erhöht. Sein Plan sieht vor, dass sich die Geldmenge von etwa 140 Billionen Yen im April 2013 bis Ende 2014 auf 270 Billionen Yen fast verdoppelt.

Zusätzlich soll die Konjunktur durch milliardenschwere Wachstumsprogramme in Kombination mit Strukturreformen in den Bereichen Arbeitsmarkt, Agrar- und Gesundheitssektor angekurbelt werden. Dieses aktive Eingreifen soll den Preisverfall stoppen, die Unternehmensgewinne steigern und die Löhne der japanischen Bevölkerung auf ein vernünftiges Niveau heben.

Das Zwischenfazit des vor zehn Monaten gestarteten Experiments ist positiv. Seither hat der Yen im Vergleich zum Euro und dem US-Dollar fast 30 Prozent an Wert verloren. Diese Währungsabwertung beschert den japanischen Unternehmen einen großen Vorteil, da diese ihre Produkte am Weltmarkt deutlich konkurrenzfähiger anbieten können. Dieser Währungstrumpf beflügelte auch Japans Börsen, so stieg der Nikkei im Jahr 2013 um 56 Prozent, der breiter gefasste Topix legte um 51 Prozent zu. Der jahrelange Preisverfall, welcher als Deflation bezeichnet wird, neigt sich dem Ende. So stiegen die Verbraucherpreise in den letzten Monaten an und liegen aktuell bei 1,6 Prozent. Bei aller Euphorie birgt dieses Experiment allerdings auch erhebliche Risiken.

Steigende Löhne sind die Grundvoraussetzung zum Erreichen der Ziele. Die Unternehmen müssen die gestiegenen Profite in Form von Lohnerhöhungen an die Mitarbeiter weitergeben, sodass diese die Preissteigerungen abfedern und den Binnenkonsum ankurbeln können. Bleiben diese Lohnerhöhungen aus, wäre ein wirtschaftlicher Rückschritt vorprogrammiert.

Zwar hat der schwache YEN den Export enorm beflügelt, verteuert aber den Import. Da Japan nach der Katastrophe in Fukushima alle Atomkraftwerke abschaltete, muss die Energie nahezu vollständig aus dem Ausland teuer eingekauft werden. Die demographische Lage in Japan ist besorgniserregend, da der Anteil der Alten im Vergleich zu anderen Industrienationen deutlich höher ist. Dies lässt die Nachfrage in vielen Bereichen sinken.

Die Staatsverschuldung hat mit 240 Prozent des Bruttoinlandsprodukts eine Rekordhöhe erreicht. Bleibt die wirtschaftliche Erholung aus und somit auch die Möglichkeit durch höhere Steuereinnahmen die Staatsschulden zu senken, könnte es bei der Refinanzierung schwierig werden. Grund hierfür ist die Schuldenstruktur des Landes, da etwa 95 Prozent der Staatsanleihen von japanischen Bürgern gehalten werden. Aufgrund des zunehmenden Alters und der Preissteigerungen wird die Bevölkerung aber darauf angewiesen sein, das Gesparte zum Decken der Lebenshaltungskosten auszugeben und somit nicht in Staatsanleihen zu reinvestieren. In diesem Zusammenhang sei aber erwähnt, dass Japan im Vergleich zu den europäischen Olivenstaaten den Vorteil hat, sich in seiner Landeswährung zu verschulden.

Fazit

Für chancenorientierte und global ausgerichtete Investoren bietet Japan auch nach dem starken Anstieg der Aktienkurse weiterhin Potential. Kursrückschläge können zum Kauf genutzt werden solange der Aufwärtstrend intakt ist. Jedoch sollten sich die Anleger gegen einen weiteren Verfall des Yens absichern. Es bleibt abzuwarten, ob die Sonne nach den Abenomics weiterhin über Japan scheint.

(Autor: Manuel Peiffer, Portfoliomanager bei der MERITO Asset Management GmbH)