Ist die Rente am Ende? – Zeit zu handeln!

10.08.2015

**Die gesetzliche Rente in Deutschland ist im globalen Vergleich, noch gut. Anders sieht es mit dem Talent von Sozialpolitikern aus, egal ob Norbert Blüm oder Andrea Nahles, wo es wenig Soziales gab.

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2015-08-11 (fw/db) Der Situation in der gesetzlichen Sozialversicherung in Deutschland liegt ein Fehler zugrunde der seit der Begründung durch Otto von Bismarck von der Sozialpolitik nicht korrigiert wurde.

Legendär ist das Bismarck-Zitat zu seinen Beweggründen die deutsche Sozialversicherung, mit den Zweigen Renten-, Kranken- und Unfallversicherung, zu begründen: „Mein Gedanke war, die arbeitenden Klassen zu gewinnen, oder soll ich sagen zu bestechen, den Staat als soziale Einrichtung anzusehen, die ihretwegen besteht und für ihr Wohl sorgen möchte."

Der Systemfehler besteht darin das die Beitragseinnahmen nur an die Zahl der Beitragszahler gebunden ist und nicht an die Produktivitätssteigerungen. So ein Sozialsystem funktioniert bei einem sehr guten wirtschaftlichen Wachstum mit steigenden Einkommen, bei einer steigenden volkswirtschaftlichen Produktivität, Vollbeschäftigung oder zumindest nachhaltig steigender Beschäftigung. Das gilt auch für die nach Bismarck eingeführte Pflegeversicherung.

Der Produktivitätsfaktor hat ein Risiko: Mit geringerem Aufwand, dank Digitalisierung, Roboter, Maschinen und Technologie können immer höhere Erträge erzielt werden. In der Folge wird der arbeitende Mensch, nebst Sozial- und Steuerabgaben, zu teuer. Jede Lohnerhöhung macht die automatisierte Produktion ohne arbeitende Menschen rentabler, ein gutes Beispiel ist die Automobil-Industrie. Im Feld der Steigerung der Produktivität kommt auch die Verlagerung der Produktion ins Ausland in Betracht, das hilft dem deutschen Sozial-System erst recht nicht. Und Roboter oder digitale Systeme zahlen (noch) keine Sozialabgaben.

Eine Herausforderung ist auch die Demographie bei den Beitragszahlern. Die Sozialpolitik spricht gerne von der Altersentwicklung in der Bevölkerung, das ist aber grundsätzlich falsch, weil für die gesetzliche Rentenkasse (und deren Kollektiv) nur die Demographie der realen Beitragszahler zählt. Hier gilt ein mathematischer Grundsatz: Wenn sich das Verhältnis von nichterwerbstätigen Alten und beitragsleistenden erwerbstätigen Jungen zu stark zulasten der letzteren verschiebt, kippt das gesetzliche Sozialsystem. Das gilt verschärft wenn die jungen Talente ins Ausland abwandern.

Beamte und Politiker bezahlen, kostet Billionen

Im Laufe der Zeit wurden ganze Beschäftigungsgruppen zum Beispiel von der gesetzlichen Rentenversicherung ausgenommen. Die Größte davon ist das Heer der deutschen Beamten. Diese haben ihren Anspruch auf eine staatliche (und zumeist stattliche) Pension, die aus Steuermitteln finanziert werden muss. Das heißt im Klartext: Die Pensionen werden von den Steuerzahlern in Deutschland finanziert. Bis ins Jahr 2050 ist der Barwert dieser Ansprüche im Bereich von Billionen Euro, die ersten Bundesländer wissen nicht, wie sie das noch in ihren Haushalten finanzieren sollen oder können.

Einzahlungen von Beamten und Politiker würden für deren heutigen Ansprüche an Pensionen und Diäten niemals ausreichen. Denn keiner von Ihnen lebt und zahlt weit über 200 Jahre Beiträge, was für deren garantierten Leistungen mathematisch notwendig wäre. Also wird es bei der Haftung durch die Steuerzahler bleiben. Deutschland ist in der Frage mit Griechenland vergleichbar. Der einzige Unterschied ist nur, die sind schon am Rande der Staatspleite, wir in Deutschland (noch) nicht.

Wer die Einbeziehung der Beamten und Politiker in die gesetzliche Rentenversicherung fordert, gleichzeitig eine schwarze Null im Staatshaushalt fordert, der hat weder das Geldsystem noch das Prinzip der Altersvorsorge verstanden. Ähnliches gilt für die Eibeziehung der Selbständigen in das System. Erstens könnten viele ihre Beiträge gar nicht bezahlen und zweitens wäre jeder Einzahler ein zusätzlicher lebenslanger Leistungsempfänger.

Betriebsrenten sind eine sinnvolle Lösung für Beschäftigte

Eine bewährte Lösung ist die Betriebsrente oder betriebliche Altersvorsorge (bAV). Bei der Betriebsrente geht weniger als der Kapitalerhalt aufgrund der Regelungen im Betriebsrentengesetz gar nicht - mehr zur Freude der Begünstigten schon. Eine Aufgabe für eine gute Sozialpolitik wäre hier die Einbeziehung von Geringverdiener und die teilweise Abschaffung der Anrechnung der Betriebsrente zum Beispiel auf die Hinterbliebenen-Rente.

Fazit und Ausblick

Eine staatliche Rente, finanziert als echte solidarische Leistung aus allen wirtschaftsrelevanten Töpfen, wäre ein Ziel. Verlässlich, lebenslang garantiert, verständlich und für die Menschen überschaubar. Ob die deutsche Politik das leisten kann, ist sehr zu bezweifeln. Realpolitik kann nur auf eine Grundrente mit einem leistungsbezogenen Plus setzen, auf die Betriebsrenten, die Versorgungswerke der Handwerker, Freiberufler, Künstler und sonstige Selbständige.

Und, das wird die Arbeits- und Sozialministerin Andrea Nahles nicht gerne lesen, vor allem auf die deutsche Versicherungswirtschaft. Unternehmen wie die Allianz SE gibt es seit 125 Jahren und es wird sie sicher noch in 125 Jahren geben, da gilt auch für deren Mitbewerber mit gleichfalls einer Historie nahe den 100 Jahren. Den deutschen Mathematikern mit der Fachrichtung Aktuar sei Dank. Neben der Kirche können nur Versicherer in Jahrhunderten handeln und denken. Das ist bei Politikern eher selten, da reicht der Horizont nur von Wahl zur Wahl und das ist für echte soziale Reformen zu kurz.

Auf den Punkt gebracht: Die deutsche Rente ist (noch lange) nicht am Ende, die Herausforderungen an einen guten und fairen Altersvorsorge-Mix aus gesetzlicher Rente, betrieblicher Rente und privater Vorsorge haben gerade erst begonnen. Die deutschen Aktuare, Vermittlungsunternehmer und Versicherungsmakler (mit öffentlich nachgewiesener Sachkunde) stehen bereit, die Politik muss nur ihre Hausaufgaben besser machen als nur den Sozialneid auf Vergütung für Beratung mit Haftung und Service zu wecken. So ist das eben Frau Nahles.

Dietmar Braun