Geldanlage der Zukunft

12.05.2016

Gründerteam Scalable Capital

Der technologische Fortschritt hält Einzug in die Finanzwirtschaft. Banken sehen sich zusehends der Konkurrenz von vollautomatischen Anlagemanagern ausgesetzt. Robo-Advisory ist angesagt; der Ausgang ungewiss.

Die Gründer und Geschäftsführer der Scalable Capital Vermögensverwaltung GmbH, Eric Podzuweit und Florian Prucker, gingen im Interview auf ihr Geschäftsmodell und die Zukunftsaussichten der modernen Geldanlage ein. INTERVIEW finanzwelt: Scalable Capital steht nach eigenen Aussagen für ein „intelligentes Investieren“. Was verstehen Sie darunter? Podzuweit: Wir bieten Privatanlegern erstmalig Zugang zu einer professionellen, technologie-gesteuerten Vermögensverwaltung in einer Qualität, die bisher sehr vermögenden oder institutionellen Investoren vorbehalten war. Gleichzeitig bezahlen unsere Klienten nur für den Service, der für eine professionelle Geldanlage wirklich notwendig ist. Sie finanzieren keine teuren Filialen, Berater und Banktürme und keine versteckten Gebühren. Sie müssen auch keine Termine in einer Bankfiliale vereinbaren. Sie können von der Kontoeröffnung über die Einrichtung eines monatlichen Sparplans bis hin zu Auszahlungen alles komplett online erledigen. Außerdem schaffen wir absolute Transparenz, z.B. hinsichtlich der Portfolioumschichtungen, der Wertpapiere, in die wir investieren, und der anfallenden Gebühren. Wir suchen zudem unabhängig von Partnerfirmen die besten und kostengünstigsten ETFs in den Anlageklassen Aktien, Anleihen, Rohstoffe und Immobilien für unsere Klienten aus. Intelligenter kann man sein Geld in unseren Augen nicht anlegen. Das „intelligent“ bezieht sich aber auch auf unsere eigens entwickelte Risikomanagement-Technologie. Sie überwacht alle Klientenportfolios laufend und führt automatisch Umschichtungen durch, sobald die Risikoprojektionen eine drohende Verletzung der vom Klienten individuell festgelegten Risikokategorie anzeigen. Dabei fließen in die Risikoprojektionen nicht nur die Änderungen in den Basis- und Überschussrisiken der einzelnen Anlageklassen ein, sondern auch Änderungen im Zusammenwirken der Anlageklassen. Ziel ist es dabei, das individuell festgelegte Risiko jedes Anlegers im Zeitablauf konstant zu halten, so dass es nicht mit dem Risiko im Markt schwankt und aus einem Portfolio mit vermeintlich „mittlerem Risiko“ plötzlich ein Portfolio mit „hohem Risiko“ wird – was bei herkömmlichen Ansätzen leider der Fall ist. Ein Bank- oder Fondsberater kann diese Datenmengen nicht einmal ansatzweise auswerten und verarbeiten. finanzwelt: Als Betreiber-Plattform setzen Sie auf Exchange Trade Funds (ETFs.) Gibt einzig der Kostenaspekt den Ausschlag für diese Anlageform? Prucker: Der Kostenpunkt ist mit Sicherheit ein wichtiger Aspekt. Schließlich machen selbst minimale Kostenunterschiede einen gravierenden Unterschied in der Performance aus. Darüber hinaus hat sich in den letzten Jahren einfach gezeigt, dass aktiv gemanagte Fonds im Regelfall auch bei der Rendite schlechter abschneiden als passive Anlageprodukte. Es gibt aber noch einen dritten Aspekt: ETFs erlauben es uns, unseren Klienten mithilfe weniger Wertpapiere Zugang zu einem global diversifizierten Anlageuniversum zu geben, das gleichzeitig sehr liquide gehandelt werden kann. Dadurch können wir unseren Klienten tägliche Liquidität bieten, falls sie Gelder doch einmal abziehen wollen. finanzwelt: Wie ermitteln Sie einem Anleger die zu ihm passende Anlagestrategie? Prucker: Dazu haben wir einen umfassenden Fragebogen entwickelt, mit dem wir unsere Klienten nach ihrer Einkommens- und Vermögenssituation, ihrem Anlagehorizont, ihrer Erfahrung mit unterschiedlichen Kapitalmarktinstrumenten und ihrer Risikoneigung befragen. Auf Basis dieser Antworten empfehlen wir ihnen eine Risikoeinstufung mit einer dazu passenden Portfoliozusammenstellung, die im Anschluss laufend optimiert wird. Klienten können die von uns empfohlene Risikokategorie auch reduzieren, wenn sie weniger Risiko eingehen möchten. Sie können sie die Risikokategorie aber nicht erhöhen. In diesem letzten Punkt unterscheiden wir uns ganz grundsätzlich von allen Anbietern auf dem Markt. Bei uns muss sich der Klient nämlich nicht zwischen Standardportfoliovarianten mit vagen Namen wie „konservativ“, „moderat“ oder „chancenorientiert“ entscheiden. Da diese kein Verlustrisiko quantifizieren, muss der Klient selbst interpretieren, was wohl mit „moderat“ gemeint sein könnte. Bei uns gibt es 23 Risikokategorien, denen ein konkretes Verlustrisiko zugeordnet ist. Als Risikomaß nutzen wir den Value-at-Risk (VaR), der den prozentualen Verlust auf Jahresbasis angibt, der mit einer Wahrscheinlichkeit von 95 Prozent nicht überschritten werden soll. Ein VaR von z.B. 12 Prozent bedeutet also, dass das Portfolio in einem Jahr mit einer Wahrscheinlichkeit von 95 Prozent nicht mehr als 12 Prozent an Wert verlieren sollte. Und das rechnen wir unseren Klienten bereits im Laufe des Fragebogens vor. Wenn jemand 30.000 Euro anlegen will und eine Risikokategorie mit einem VaR von 12 Prozent wählt, dann muss er mit einer Wahrscheinlichkeit von 5 Prozent auch mit einem Wertrückgang von über 3.600 Euro rechnen. Wir zeigen den Klienten zudem die erwartete Wertentwicklung über 30 Jahre an – und zwar die komplette Spannbreite von besonders guten bis hin zu besonders schlechten Szenarien. Mit diesen sehr konkreten Angaben kann sich jeder Anleger vorstellen, welches Risiko er eingeht. finanzwelt: Inwiefern kommt Ihnen ihr beruflicher Hintergrund (u.a. Tätigkeiten bei Goldman Sachs) nun zugute? Podzuweit: Ohne unseren beruflichen Hintergrund hätten wir Scalable Capital in dieser Form gar nicht gründen können. Wir wollten ja keine digitale Vertriebsplattform gründen, sondern einen echten professionellen Vermögensverwalter. Dafür braucht man in Deutschland die Erlaubnis der BaFin – und die hängt ganz wesentlich von der Finanzmarkterfahrung und Qualifikation der Geschäftsführer ab. Darüber hinaus haben wir bei Goldman Sachs natürlich vieles von dem gelernt, was wir heute brauchen, umsetzen und weiterentwickeln. Mit Prof. Dr. Stefan Mittnik haben wir zudem einen Gründer an Bord, der seit mehr als 25 Jahren zum Thema Finanzmarktrisiken forscht, als Koryphäe in der Branche gilt und der das Mastermind hinter unserer Risikomanagement-Technologie ist. finanzwelt: Robo-Advisor / Fintech sind fast schon in aller Munde. Sind Sie der Meinung, dass sich diese Art der Vermögensverwaltung speziell hierzulande (Stichwort: Wertpapierkultur/Aktienkultur) durchsetzen kann? Podzuweit: Absolut. In Deutschland befinden sich derzeit rund zwei Billionen Euro unverzinst auf Sparkonten. Die beiden Hauptgründe für diese faktische Geldverbrennung sind das Misstrauen gegenüber provisionsgetriebenen Bankberatern und die Risikoaversion vieler deutscher Anleger. Genau diese Probleme löst die automatisierte Vermögensverwaltung. Wir bieten Anlegern die Möglichkeit, ihr Geld kosteneffizient und absolut transparent zu investieren. Darüber hinaus können Anleger ihre Risikotoleranz auf eine konkrete Zahl herunterbrechen. Im Anschluss sorgen wir mit unserer Risikomanagement-Technologie dafür, dass das Portfolio dauerhaft dieser Risikokategorie entspricht. Damit gewinnen wir nicht nur risikoaverse Anleger für den Kapitalmarkt, sondern auch solche, die sich nicht permanent mit der Verwaltung ihres Wertpapierportfolios beschäftigen wollen oder können. Ich würde gerne noch kurz auf die Bezeichnung „Robo-Advisor“ eingehen. Unter dem Begriff werden derzeit nämlich ganz unterschiedliche Geschäftsmodelle subsumiert. Bei einem Großteil dieser sogenannten Robo-Advisor handelt es sich um Vermittler gemäß § 34f Gewerbeordnung (GewO). Scalable Capital hingegen ist ein regulierter Vermögensverwalter nach dem Kreditwesengesetz (KWG) und dem Wertpapierhandelsgesetzt (WpHG). Damit sind wir ein echter Vermögensverwalter und dürfen Anlageentscheidungen für unsere Klienten auch direkt umsetzen. finanzwelt: Kritiker wenden ein, dass Robo-Advisory doch sehr starr sei und zudem noch keine echten Börsenkrisen miterlebt habe. Was entgegnen Sie diesen Einwänden? Prucker: Anfang Dezember stand der Dax bei über 11.000 Punkten, Mitte Februar bei unter 8.800. Eine mittlere Börsenkrise haben wir also bereits erlebt. Und so abwegig das klingen mag: Uns hätte nichts Besseres passieren können. Da unsere Risikomanagement-Technologie die Risiken im Markt frühzeitig erkannt hat, sind wir für unsere Klienten rechtzeitig aus den risikoreichen Anlageklassen ausgestiegen. Damit blieben unseren Klienten hohe Kursverluste erspart. Daraufhin haben viele Klienten ihre Anlagesumme bei uns erhöht, da ihre anderen Portfolios im Januar eine massive Talfahrt durchgemacht haben. Wir haben also die erste Feuerprobe erfolgreich überstanden und dadurch Vertrauen geschaffen. Für einen Großteil der „Robo-Advisory“ genannten Angebote gebe ich Ihnen in puncto „Starrheit“ aber natürlich Recht. Das klassische „Rebalancing“, das dort angeboten wird, hat ja nichts mit einer dynamischen Vermögensverwaltung zu tun. Das heißt ja nichts anderes, als dass Klientenportfolios ein- oder zweimal im Jahr auf eine ursprünglich festgelegte Gewichtung von z.B. Aktien- und Anleiheanteilen zurückjustiert werden – völlig unabhängig von der jeweiligen Marktsituation und dem Risiko der Anlageklassen. Das ist in der Tat sehr statisch, da Anleger den Schwankungen am Markt komplett ausgesetzt sind. finanzwelt: Jüngst haben Sie Ihr Vertriebsteam prominent aufgestockt. Wollen Sie weiter wachsen? Podzuweit: Natürlich! Wir stehen ja noch ganz am Anfang. Wir wollen der führende automatisierte Vermögensverwalter in Europa werden. Dafür werden wir unsere Klientenbasis und unsere Assets under Management in den nächsten Monaten und Jahren massiv ausbauen. Dabei macht sich jetzt bereits bezahlt, dass wir ein äußerst skalierbares Geschäftsmodell haben.

Das Interview führte finanzwelt