EuGH verhandelt über Informationsrechte

11.04.2017

Foto: © Gina Sanders - fotolia.com

Am 4. Juli wird die Große Kammer des Europäischen Gerichtshofes über den von der TILP Rechtsanwaltsgesellschaft mbH gegen die BaFin erstrittenen Vorlagebeschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 4.11. 2015 verhandeln. Dabei geht es um die Frage des Informationszuganges von Kapitalanlegern gegen Wertpapieraufsichtsämter.  

„Die Anordnung einer mündlichen Verhandlung wie auch die Befassung der Großen Kammer des EuGH zeigen die große Bedeutung, die der EuGH und die Mitgliedsstaaten der EU diesem Rechtsstreit beimessen“, erläutert Rechtsanwalt Peter A. Gundermann, Geschäftsführer von TILP.

Im dem Vorlagebeschluss zugrunde liegenden Fall verlangt ein von TILP vertretener Anleger von der BaFin Auskünfte über deren Ermittlungsgerbnisse in einem Fall von Kapitalanlagebetrug (Fall "Phönix Kapitaldienst") und beruft sich dabei auf das Informationsfreiheitsgesetz (IFG). Es geht dabei konkret um das Verständnis und die Reichweite von § 3 Nr.  IFG im Lichte des Art. 54 („Berufsgeheimnis“) der Richtlinie 2004/39/EG über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID II). Nach dem Gesetzestext würde u.a. auch dann kein Informationsanspruch bestehen, wenn die Information einer durch Rechtsvorschrift geltenden Geheimhaltungs- oder Vertraulichkeitspflicht oder einem Berufs- oder Amtsgeheimnis unterliegt. Zu den hierdurch in Bezug genommenen Vorschriften zählt auch § 9 Abs. 1 Kreditwesengesetz (KWG).

Nun klärt der EuGH im Rahmen eines Vorabgabenscheidungsersuchens gemäß Art. 267 AEUV wie weitereichend das Verständnis "vertraulicher Informationen" ist, die das beaufsichtigte Unternehmen Phönix Kapitaldienst der BaFin übermittelt hat. So hat die BaFin unter Berufung auf ein früheres Urteil des höchsten europäischen Gerichts von November 2014 ein sehr weites Verständnis "der vertraulichen Information" und bewertet die Zuordnung geheimhaltungsbedürftiger Aktenbestandteile rein nach der Herkunft der Angaben und nicht nach inhaltlichen Kriterien und ihren möglichen wirtschaftlichen Auswirkungen. TILP sieht diese anders und hat im Fall Hypo Rael Estate Holding AG bereits eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes gegen die BaFin auf Informationszugang zugunsten ihres dortigen Mandaten erstritten.

„Nach Auffassung der BaFin hätten Bürger ihr gegenüber überhaupt keine Informationsrechte, da quasi alles als vertraulich zu klassifizieren wäre. Ein derart weitreichendes, nach unserer Rechtsauffassung völlig unverhältnismäßiges Verständnis der Geheimhaltung fördert allein die  Intransparenz der Finanzdienstleistungsbranche gegenüber Bürgern und widerspricht auch den Lehren, die man aus der Finanzkrise ziehen wollte“, führt Rechtsanwalt Gundermann weiter aus. Sein Kollege Andreas W. Tilp, Geschäftsführer von TILP, pflichtet dem bei: „Vorliegender Rechtsstreit ist rechtspolitisch von großer Bedeutung. Wenn sich die BaFin mit ihrer Sichtweise durchsetzt, bedeutet dies praktisch den Tod der Auskunftsrechte im Bereich der Finanzdienstleistungsaufsicht“.

Auch das Bundesverwaltungsgericht hatte offenbar Bedenken, ob eine derart weitreichende Versagung von Informationsrechten gegenüber nationalen Finanzaufsichtsbehörden rechtlich haltbar ist und hat deshalb mehrere Rechtsfragen an den EuGH zur Klärung vorgelegt. (ahu)

www.tilp.de