Das EU-Horrorjahr

02.03.2017

Guido vom Schemm, Geschäftsführer GVS Financial Solutions GmbH / Foto: © GVS

Das Jahr 2017 könnte für die Gemeinschaftswährung Euro in seiner jetzigen Form das Ende bedeuten, da in Europa mehrere wichtige Wahlen anstehen. In den Niederlanden, in Frankreich und in Italien werden eurokritische Parteien immer stärker. Wie können Anleger sich vor einer weiteren Eurosklerose schützen?

Die Partei Front National in Frankreich unter Marine Le Pen hat ihr Hauptwahlziel bereits verkündet, die PVV in Person von Geert Wilders in den Niederlanden will es, und die von Komiker Beppe Grillo angeführte Fünf-Sterne-Bewegung in Italien ist auch klar dafür: Die Abkehr vom Euro und die Wiedereinführung nationaler Währungen. Aufgrund der anhaltenden Schuldenmisere in Griechenland wäre eine Rückkehr zur Drachme wohl für alle Beteiligten langfristig die bessere Lösung. Anhand der neuen Währung könnte diese abgewertet und so die Wirtschaft wieder in Schwung gebracht werden. Eine an die Wirtschaftsstärke eines Landes angepasste Währung, würde den Staaten wieder etwas Luft zum Atmen geben und die eigenen Unternehmen konkurrenzfähiger machen. Es wird aber häufig vergessen, dass importierte Güter dadurch wesentlich teurer werden.

Das Ende der Gemeinschaftswährung hätte weitreichende Folgen. Dabei steht die Wahl in Frankreich besonders im Fokus, da das Land gemeinsam mit Deutschland als einer der beiden wichtigsten Akteure der Eurozone gilt. Es ist durchaus möglich, dass ein Land wieder seine eigene Währung einführt. Den Euro kann ein Land aber laut dem EU-Vertrag nur abschaffen, wenn es auch aus der Europäischen Union austritt. Le Pen will die EU-Verträge im Sinne eines losen Staatenbunds organisieren. Sollte dies scheitern, will sie ein Referendum durchführen. Damit will sie die Genehmigung erhalten, über den Austritt zu verhandeln.

Für Steuerzahler geht es ums große Ganze. Auf knapp 800 Milliarden Euro belaufen sich die Target2-Salden alleine aus Spanien und Italien.  Dabei sind die Target2-Salden nichts anderes als ein Kredit an diese Länder, größtenteils deutsche Steuergelder.

Italien wird seinen Anteil an den 800 Milliarden Euro nicht annähernd begleichen können. Daher sollten sich deutsche Steuerzahler, Sparer und Lebensversicherten schon mal darauf einstellen, einen Großteil des Geldes von „bella italia“  für den Fall X abzuschreiben.

Für Anleiheinvestoren stellt sich zudem die Frage, in welcher Währung bereits bestehende Staatsanleihen im Falle eines Euro-Austritts zurückgezahlt würden. Sollte Frankreich tatsächlich aus der Euro-Zone ausscheren, müsste es eine eigene Währung schaffen. Weil das Land mit einer Abschottungspolitik seine Wirtschaft massiv schwächen würde, dürfte der „neue Franc“ gegenüber anderen Währungen wie dem Euro stark abwerten. Dann fiele es dem angeschlagenen französischen Staat noch schwerer, seine Schulden unter Kontrolle zu bringen. Mit einer vollständigen Rückzahlung der betroffenen, auf Euro lautenden Staatsanleihen rechnen bei einem solchen Szenario wohl nur Optimisten.

Dies hätte auch für Lebensversicherungen erhebliche Folgen, da diese verstärkt in Staatsanleihen investieren müssen. Ein oder mehrere EU-Austritte könnten das Ende des Euros und den Zusammenbruch des gesamten Bankensystems in Europa bedeuten. Nach Angaben des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) mit Sitz in Berlin, sind die Lebensversicherer mit einem Volumen von 700 Milliarden Euro am Kapitalmarkt investiert. Nicht auszudenken, was passiert, wenn nur zehn Prozent dieser Summe ausfällt.

Anleger sollten vor diesem Hintergrund nicht alles auf eine Karte setzen. Anlagen in US-Dollar, Schweizer Franken oder dem sicheren Hafen Gold sind gefragter denn je.

Nach aktuellen Umfragen sieht es zwar so aus, als würden die eurokritischen Parteien gute Wahlergebnisse erzielen, ein Sieg wird aber eher als unwahrscheinlich gesehen. Aber was von Prognosen zu halten ist, zeigen die jüngsten Ereignisse à la Brexit oder Trump.

Kolumne von Guido vom Schemm, Geschäftsführer GVS Financial Solutions