BMO: Augmented Reality auf globalen Anleihenmärkte

18.08.2016

Janelle Woodward, President, Institutional Fixed Income Boutique Taplin Canida & Habacht (TCH) unter dem Dach von BMO

Das Konzept Augmented Reality feiert mit Pokémon Go seinen endgültigen Durchbruch. Diese Konzept, auf Deutsch auch „Erweiterte Realität“ genannt, lässt sich auf das anhaltende globale Niedrigzinsumfeld anwenden. „Mit ihrer ultralockeren Geldpolitik schaffen die Europäische Zentralbank und die Bank of Japan auf den Anleihenmärkten eine Art Erweiterte Realität“, erklärt Janelle Woodward

(fw/rm) Sie ist President und Portfoliomanagerin bei der Institutional Fixed Income Boutique Taplin Canida & Habacht (TCH) unter dem Dach von BMO Global Asset Management.

Die Weiterentwicklung vom Niedrig- zum Negativzins

Die Renditen für zehnjährigen Staatsanleihen aus den USA, Großbritannien, Deutschland und Japan fielen im Juli auf neue Rekordtiefstände. „Allein im zweiten Quartal ist das ausstehende Volumen von negativ verzinsten Forderungen von 7 auf 13 Billionen US-Dollar angestiegen“, stellt Janelle Woodward fest. Zudem hätte das Anleihekaufprogramm der Europäischen Zentralbank ein neues „Monster“ erschaffen, und zwar negativ verzinste Unternehmensanleihen. „Investoren zahlen mittlerweile für das Privileg, Unternehmen Geld leihen zu dürfen“, so die Expertin. „Vor diesem einst undenkbaren Szenario erscheint die oftmals belächelte virtuelle Monsterjagd auf dem Handy noch vergleichsweise logisch.“ Allein im Juni sei in Europa das ausstehende Volumen negativ verzinster Unternehmensanleihen auf über 500 Milliarden US-Dollar gestiegen. Als Reaktion auf den Brexit glich zuletzt auch die Bank of England ihren geldpolitischen Kurs näher an den der EZB und der Bank of Japan an. Bislang habe sich die Bank of England eher an der Federal Reserve orientiert. „Durch diese zunehmende Divergenz beobachten wir einen starken Substitutionseffekt. Investoren außerhalb der USA fragen verstärkt am US-amerikanischen Fixed-Income-Markt nach, da das dortige Zinsumfeld wesentlich attraktiver ist. Dieser langfristige Trend wird durch die aktuelle Welle von Negativzinsen noch einmal gefördert“, so Woodward. Und auch der Ausgang des EU-Referendums in Großbritannien habe Investoren die relative Stabilität des US-Marktes noch einmal vor Augen geführt.

Staaten brüten neue, langfristige Anleihen aus

Darüber hinaus brächte die Niedrigzinspolitik eine weitere Neuerung auf dem Anleihemarkt hervor. „Irland und Belgien haben zuletzt Staatsanleihen mit einer Laufzeit von 100 Jahren emittiert, Frankreich und Spanien mit 50 Jahren“, berichtet Woodward. Diese extrem langen Laufzeiten seien beim aktuellen Zinsniveau aus Sicht der Emittenten ein logischer Schritt. Für Investoren böten sie eine vergleichsweise attraktive Rendite. Woodward warnt bei diesen ultralangfristigen Staatsanleihen vor unvorhersehbaren politischen und wirtschaftlichen Risiken: „Weder Irland noch Spanien konnten zum Zeitpunkt der Ausgabe eine funktionierende Regierung bilden. Auch Belgien hatte in der jüngeren Vergangenheit fast zwei Jahre lang keine Regierung. Und mehrere Emittenten dieser ultralangfristigen Staatsanleihen standen vor wenigen Jahren noch kurz davor, ihren Zugang zum internationalen Anleihenmarkt zu verlieren.“ Insgesamt hätte der globale Anleihenmarkt gerade im ersten Quartal viele Schwankungen erlebt, sodass sich die Bewertungen zum Teil stark verschoben hätten. Diese hätten sich zuletzt zumindest schrittweise wieder normalisiert. Allerdings rät Woodward: „Genau wie die Spieler von Pokémon Go sollten auch Investoren den Blick für die Realität nicht verlieren. Selbst wenn die Notenbankpolitik die Sicht auf die Anleihemärkte beeinflusst. Ähnlich wie der Verkehr auf der Straße spielen am Markt die Fundamentaldaten weiterhin eine wichtige Rolle.“ www.bmogam.com