Änderungen im Genossenschaftsgesetz

25.09.2017

Olaf Haubold, Vorstand der Cooperative Consulting eG / Foto: © Cooperative Consulting eG

Der Gesetzgeber hat in der sommerlichen Pause am 22.07.2017 ein „Gesetz zum Bürokratieabbau und zur Förderung der Transparenz bei Genossenschaften – Abkürzung: GenTraG“ veröffentlicht. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt, möchte man meinen. Dahinter verbirgt sich kein neues Gesetz, sondern die neuerliche Änderung des 1867 vom Abgeordneten Hermann Schulze aus Delitzsch in den Preußischen Landtag eingebrachten Genossenschaftsgesetzes. Die Taktfrequenz wird immer kürzer, ob die Änderungen dem Bürokratieabbau und der Transparenz oder anderen Zielen dienen, werden wir sehen.

Insgesamt betreffen die Änderungen 78 Textpassagen oder Einfügungen im Gesetz. Die Vorstände und Aufsichtsräte von Genossenschaften sind also gut beraten, sich mit ihren Genossenschaftsverbänden zu beraten und sich über die Änderungen und ihre Auswirkungen informieren zu lassen.

Zum Thema Bürokratieabbau könnte man beispielweise meinen, dass die Weitergabe der Satzung in Druckform bei der Aufnahme eines neuen Mitgliedes nunmehr unterbleiben kann, wenn die Satzung im Internet unter der Adresse der Genossenschaft abrufbar ist und dem Antragsteller ein Ausdruck der Satzung angeboten wird. Doch ähnlich wie bei der Wohnimmobilienkreditrichtlinie scheint auch das GenTraG recht eilig und mit der spitzen Feder geschrieben zu sein und noch „interpretationsbedürftig“. Denn Formulierungen wie „Bestimmt die Satzung weitere Zahlungspflichten oder eine Kündigungsfrist von mehr als einem Jahr, so muss dies in der Beitrittserklärung ausdrücklich zur Kenntnis genommen werden“ weisen in eine andere Richtung.

Die aus unserer Sicht wesentlichste Änderung betrifft die Einfügung des § 21b „Mitgliederdarlehen“. Zum Hintergrund: Mit dem Kleinanlegerschutzgesetz hat der Gesetzgeber die Darlehen mit qualifiziertem Nachrang zur Vermögensanlage erklärt. Da es im Genossenschaftswesen schon lange bewährte Praxis ist, dass Mitglieder die Projekte ihrer Genossenschaft sowohl mit Genossenschaftskapital (in Form von Eigenkapital), als auch über Darlehen (in Form von Fremdkapital) finanzieren und Genossenschaften Ausnahmetatbestände im Vermögensanlagengesetz und im KAGB haben, blieb dem Gesetzgeber 2015 nichts weiter übrig, als auch hier Ausnahmen zuzulassen. Im Ergebnis ging den Banken möglicherweise zu viel Geschäft verloren, so dass man unserer Einschätzung nach beim Gesetzgeber insistiert hat, tätig zu werden. Das Ergebnis ist die erwähnte Einfügung. Da der §21b nunmehr weiter die genossenschaftliche Praxis unterstreicht, sie jetzt aber „bürokratieabbauenderweise“ regelt, hat sich das Thema mit der Festlegung der Obergrenze von 1,5 % Zinsen p.a. für derartige Mitgliederdarlehen wohl selbst erledigt.

Eingangs war ja schon Hermann Schulze aus Delitzsch erwähnt worden. Dem Gesetzgeber sollte zugerufen werden, dass die Gründerväter des Genossenschaftsgesetzes und der Genossenschaftsbewegung in Deutschland, die jüngst Weltkulturerbe geworden ist, wohlweisliche Prinzipien für Genossenschaften aufgestellt haben. Die lauten: „Selbstbestimmung, Selbstverwaltung und Selbstkontrolle durch die genossenschaftlichen Prüfungsverbände bei absoluter Staatsferne!“ Die Einhaltung dieser Prinzipien ist Bürokratieabbau genug und die Transparenz wird in den jährlichen Generalversammlungen gewährleistet.

Dipl. Ing. Olaf Haubold ist Vorstand der Cooperative Consulting eG. Das Unternehmen berät in allen Fragen zur Gründung und Führung von deutschen und europäischen Genossenschaften