Abwarten und Tee trinken

08.01.2014

Zum 1. Januar 2015 soll der Höchstrechnungszins in der Lebensversicherung abgesenkt werden. Bisher bei 1,75 %, wünscht die Deutsche Aktuarvereinigung nun einen kräftigen Abschlag um einen halben Prozentpunkt auf 1,25 %.

Hintergrund ist der zehnjährige Durchschnittswert bei der Umlaufrendite von etwas mehr als 2,9 %. Nach § 65 VAG darf der Höchstrechnungszins höchstens 60 % davon betragen, der derzeitige Satz von 1,75 % entspricht in etwa dieser Anforderung. Ob und wie weit es in zwölf Monaten nach unten gehen wird, entscheidet letztlich das Bundesfinanzministerium. Im Gegensatz zur weit verbreiteten Meinung ist es in der Vergangenheit nicht immer den – unverbindlichen – Empfehlungen der Aktuare gefolgt. Und es ist höchst fraglich, ob es das diesmal tun wird.

Dagegen sprechen nämlich gute Gründe. Zunächst einmal zeichnet sich am Horizont eine langsame Kehrtwende weg vom billigen Geld der Notenbanken ab. So sind erste Signale aus den USA zu vernehmen, wonach die Fed ihre lockere Geldpolitik in absehbarer Zeit beenden könnte. Spannend in diesem Zusammenhang ist die Frage, ob die neue US-Notenbankchefin Janet Yellen den strategischen Kurs ihres Vorgängers Ben Bernanke weiter verfolgen wird, wenn sie zum Monatswechsel das Zepter übernimmt. Schon Bernanke hatte einen behutsamen Kurswechsel in der Geldpolitik angedeutet. Heimliche Strategin im Hintergrund war aber dem Vernehmen nach bereits Janet Yellen. Auch beim Dezember-Beschluss der Fed, den großvolumigen Kauf von Anleihen zu drosseln.

Auch für Europa dürfte dieser Kurs auf Sicht nicht folgenlos bleiben. Nicht zu vergessen ist dabei der mittlerweile enge Schulterschluss zwischen Banken und Versicherungsgesellschaften. Ihre massiven Warnungen vor einer weiteren Enteignung von Sparern und Lebensversicherten hinterlassen mittlerweile auch bei Finanzminister Schäuble nachhaltigen Eindruck. So mehren sich die Stimmen – auch vom GDV – für ein Abwarten. Man möge doch bitte im Blick behalten, wie sich die Zinslandschaft im Laufe dieses Jahres entwickle. Möglicherweise käme man ja auch mit einer Absenkung des Höchstrechnungszinses auf 1,5 Prozent aus. Wie dem am Ende auch sei – das Gros der bestehenden Verträge ist von dieser Diskussion ohnehin nicht direkt betroffen. In der zweiten Hälfte der 1990-er Jahre abgeschlossene Policen etwa verfügen noch über Garantien von 4 %.

Andererseits fürchten viele Marktbeobachter, dass sich die Lust der Deutschen aufs Vorsorgesparen etwa über private Rentenversicherungen durch einen noch niedrigeren Höchstrechnungszins weiter deutlich eintrüben könnte. Eine solche Entwicklung kann sich der Staat aber im Hinblick auf die demografischen Eckdaten kaum leisten. Die jetzt hochkochende Diskussion um die Empfehlung der Deutschen Aktuarvereinigung dürfte allerdings Wasser auf die Mühlen der Versicherungsgegner sein. Sie halten die Verzinsung der Verträge für völlig unzureichend und plädieren lautstark für eine Abkehr von diesem über Generationen bewährten Altersvorsorgemodell. Dass die laufende Verzinsung über alle Verträge und Vertragsarten hinweg 2014 bei rund 3,5 Prozent liegen wird, blenden sie dabei genauso aus wie das Nichtvorhandensein echter Alternativen.

(Autor: Hans-Werner Thieltges)