2017: Sturm oder Sonnenschein?

19.01.2017

Carsten Mumm / Foto: © Donner & Reuschel

Auch 2017 wird wieder ein anspruchsvolles Jahr für Kapitalanleger werden. Fundamental sind die Aussichten grundsätzlich günstig. Die globale Konjunktur wird voraussichtlich etwas stärker als noch in 2016 wachsen. Außerdem werden zumindest die europäische und die japanische Notenbank ihre Geldpolitik weiterhin sehr expansiv ausrichten, wodurch die Zinsen auf niedrigen Niveaus verharren werden. Von der US-Notenbank werden zwar mindestens zwei weitere Leitzinserhöhungen erwartet, allerdings dürfte das nicht zu einem nachhaltigen Abbremsen der volkswirtschaftlichen Entwicklung führen. In vielen Industrienationen stehen zudem fiskalische Impulse durch staatlich finanzierte Ausgabenprogramme auf der Agenda. Insbesondere in den USA wurden höhere Staatsausgaben für Infrastrukturinvestitionen und gleichzeitig niedrigere Einkommen- und Unternehmenssteuern angekündigt. Beide Effekte fördern Investitionen, Beschäftigung und damit auch den Konsum. Da der US-Arbeitsmarkt allerdings schon heute nahezu ein Vollbeschäftigungsniveau erreicht hat, dürften auch die Löhne steigen. Die ohnehin aufgrund des steigenden Ölpreises anziehende Inflation bekommt dadurch weiteren Anschub, weshalb die Zinsen steigen. Davon wiederum profitieren insbesondere US-Banken. Die Maßnahmen könnten somit zu einem sich selbst tragenden Aufschwung der amerikanischen Volkswirtschaft führen und damit auch die globale Dynamik stützen.

Die zukünftige politische Ausrichtung der US-Regierung wird für die Kapitalmärkte generell eine entscheidende Rolle spielen. Durch veränderte geopolitische Konstellationen, wie z.B. eine Annäherung der USA an Russland oder eine Konfrontation zwischen den USA und China könnten sich völlig neue Chancen aber auch Risiken für die globalen Börsen ergeben. Immerhin gibt es auch noch einige politische Unwägbarkeiten, die im Wahlkampf angekündigt wurden: den Bau einer Mauer an der Grenze zu Mexiko, die Ausweisung von Millionen illegaler Einwanderer, die Neuverhandlung bestehender Freihandelsabkommen usw. Alle Aktionen würden sich mehr oder weniger negativ auf die US-Ökonomie und weitere besonders exportorientierte Volkswirtschaften auswirken, u.a. durch einen nachlassenden Freihandel. Zudem besteht die Gefahr, dass die Inflation deutlicher als gewünscht anzieht und die US-Notenbank sich zu klaren Leitzinsanhebungen veranlasst sieht. Nicht zuletzt führen Ausgabenerhöhungen in Kombination mit Steuersenkungen unweigerlich zu steigenden Schulden des ohnehin mit knapp 20 Billionen US-Dollar oder über 100 Prozent des BIP bereits hoch verschuldeten Staates, wodurch Zinsen weiter steigen könnten.

Doch es bestehen noch weitere Risiken, insbesondere durch die politische Situation in Europa. Einerseits könnten die Verhandlungen zur Art und Weise des Austritts Großbritanniens aus der Europäischen Union für Turbulenzen sorgen. Vor allem aber stehen mit den Parlamentswahlen in den Niederlanden, den Präsidentschaftswahlen in Frankreich und den Bundestagswahlen in Deutschland drei für die politische Ausrichtung und den Zusammenhalt Europas richtungsweisende Entscheide auf der Agenda. Möglicherweise wird noch eine vorgezogene Neuwahl in Italien hinzukommen. In allen Staaten finden eurokritische Parteien zunehmend Gehör. Somit könnte jede einzelne Wahl zu einem Belastungstest für die nach wie vor angeschlagene Eurozone werden.

weiter auf Seite 2